"Pokémon Schwert/Schild Erweiterungspass" im Test: Lohnt sich der Trip auf die Insel?
Japan - Knapp sieben Monate nach dem Release von Pokémon Schwert und Schild für Nintendo Switch veröffentlichen die Japaner mit dem Erweiterungspass und der dementsprechenden Berechtigung, die Rüstungsinsel zu betreten, den ersten von zwei geplanten kostenpflichtigen Download-Inhalten. Damit bricht Nintendo mit der seit Anbeginn verankerten Tradition, eine weitere aufgemotzte Version des gleichen Spiels auf den Markt zu bringen und stattdessen Zusatzinhalte für die Urversion zu veröffentlichen. Ob sich der Kauf des Erweiterungspasses allerdings wirklich lohnt, erfahrt Ihr im Test.
Zugegeben, an Fanservice mangelt es im ersten DLC wahrlich nicht! Kaum betritt man über den Brassbury-Bahnhof die geheimnisvolle Rüstungsinsel, fühlt man sich als Kenner des Hauptspiels sofort zu Hause.
Über Grasebenen bewegen sich Flegmon im Schneckentempo - Tohaido schwimmen rasend auf euch zu, sobald ihr die doch recht überschaubare Wasserfläche betretet.
Auffällig viele Pokémon der ersten Generation tummeln sich auf dem Inselgelände. Egal ob Tauros, Kangama oder Sichlor: Das Wiedersehen mit alten Lieblingen weckt schöne Erinnerungen.
Insgesamt scheinen sich die Entwickler ein paar Sachen aus vergangenen Editionen abgeschaut zu haben.
Wie beispielsweise in der gelben Version läuft euch eines Eurer Pokémon auf der Insel sichtbar hinterher. Mit den Aprikoko findet sich eine Möglichkeit aus der zweiten Generation wieder, neue Bälle zu kreieren.
Wer in der Hauptstory nicht glücklich damit war, dass Glumanda als einziges Starterpokemon der ersten Generation eine Hauptrolle spielte, wird auf der Rüstungsinsel besänftigt: Nach kurzer Spielzeit gesellt sich Bisasam oder Schiggy zu eurem Team dazu. Auch hier flammen als Kenner der Serie natürlich Nostalgiegefühle auf.
Pokémon Schwert/Schild Rüstungsinsel-DLC: Witzige Präsentation, geringer Umfang
Begleitet wird euer Inselabenteuer von einer Storyline rund um ein ansässiges Dojo. Die Präsentation ist gewohnt witzig und die schrulligen Charaktere schaffen es auch, dem Spieler ein leichtes Grinsen aufs Gesicht zu drücken.
Und so entdeckt Ihr schließlich in einem Wald, auf dem Meer und in einem Wüstengebiet neue Teammitglieder, kocht Suppe um eure Dynamax-Entwicklungen voranzutreiben und erweitert per Wattbezahlung verschiedene Nutzungsmöglichkeiten wie Frisör-Besuche im Dojo.
Sollte man nicht gerade an jeder Ecke zweimal stehen geblieben sein und wirklich jedes Pokémon gefangen haben, ist der Inseltrip nach nicht einmal vier Stunden auch schon wieder vorbei. Allerdings hängt das auch etwas davon ab, wie weit ihr im Hauptspiel bereits vorangekommen seid.
Da die Insel bereits nach dem ersten Besuch der Naturzone betreten werden kann, macht es natürlich einen Unterschied, ob Ihr Euer Pokémon-Abenteuer gerade erst gestartet oder den Champ bereits niedergerungen habt.
Für letztere wird der Inselausflug beispielsweise zum absoluten Spaziergang, da nur storybedingte Trainerkämpfe so etwas wie eine Herausforderung darstellen und alle wilden Pokémon im Gras grundsätzlich auf Level 60 erscheinen. Nur beim allerletzten Kampf des DLC kommt etwas Stimmung auf. Sind diese fünf Minuten allerdings auch vorbei, verfliegt das Feuer genau so schnell, wie es gekommen war.
Fazit zum Erweiterungspass von Pokémon: Nur Hardcore-Fans sollten zugreifen
Ganz ehrlich: Nach dem Test hatte ich ein richtig schlechtes Gefühl in der Magengrube. Dass mein "Rüstungs-Pokédex" bereits zur Hälfte gefüllt war als ich die Insel betrat, hätte eine Vorwarnung sein sollen.
Aber dass man tatsächlich nur zwei wirklich neue Pokémon zu Gesicht bekommt und ansonsten lediglich mit, zugegeben, charmanten älteren Pokémongenerationen abgespeist wird, ist doch arg enttäuschend.
Es fühlte sich so an, als habe man nur eine weitere kleine Naturzone ins Spiel integriert. Hat man die jeweiligen Monster dort eingesammelt, bieten die Gebiete keinerlei Mehrwert mehr an.
Die Hauptquests des DLC sind pure Einfallslosigkeit, die das sonst eh schon schmale Abenteuer noch unnötig in die Länge ziehen. Eine Sache war dabei besonders gravierend:
Im Verlauf des Spiels erhaltet ihr ein Pokemon im niedrigen Level. Um in der Story weiterzukommen, müsst ihr dieses nun auf das empfohlene Level 70 bringen, da Ihr in den folgenden Kämpfen nur Euren neuen Mitstreiter einsetzen dürft. Gerade Spieler, die das Hauptspiel bereits absolviert haben, können dabei nur ins Kopfschütteln kommen.
Fazit: Für 30 Euro ist der Erweiterungspass im Store zu haben und beinhaltet den Besuch der Rüstungsinsel sowie eines Schneegebiets, das im Laufe des Jahres noch veröffentlicht wird. Man kann also sagen, dass man 15 Euro pro Erweiterung zahlt. Dafür bietet zumindest der erste Teil des Passes jedoch viel zu wenig.
Zwar freut man sich als Kenner der Serie über altbekannte Pokémon wie Schiggy oder Bisasam - dass in einer "Schwert/Schild"-Erweiterung aber lediglich nur zwei völlig neue Pokémon auftreten, ist bedauernswert. Der schnell abgefrühstückte Storystrang ist kaum der Rede wert, neue Klamotten und die Herstellung von Pokébällen mit Aprikokos sind nur nettes Beiwerk, das grundsätzlich auch im Hauptspiel von Beginn an verfügbar hätte gemacht werden können.
Insgesamt wäre mit etwas Aufwand deutlich mehr drin gewesen, um das kurze Inselabenteuer gewaltig aufzuwerten. Hardcore-Fans der Pokémonspiele greifen aber trotzdem zu, denn das gewohnte "Schnapp sie dir alle"-Fieber zündet natürlich auch auf der Rüstungsinsel.
Bleibt dennoch zu hoffen, dass der Zusatzinhalt "Schneelande der Krone", der voraussichtlich ab Herbst verfügbar sein wird, einen besseren Eindruck macht. Immerhin hatte das Hauptspiel im Vergleich zu "Sonne und Mond" einiges besser gemacht. Es wäre schade, diesen positiven Eindruck durch lieblose Zusatzinhalte zu verschlechtern.
Titelfoto: The Pokemon Company