Leipzig - Nach einem Monat und über 100 Stunden Spielzeit kann ich mit Sicherheit sagen: "Kingdom Come: Deliverance 2" ist eines der ambitioniertesten und realistischsten Videospiele, in die ich je eingetaucht bin. Jeden Tag freue ich mich darauf, Schwert, Schild und Rüstung anzulegen, um in der lebendigen Welt ein Abenteuer nach dem anderen zu erleben.
Wer in den vergangenen Wochen in Sachen Gaming hinter dem Mond gelebt hat: "Kingdom Come: Deliverance 2" erschien am 4. Februar dieses Jahres für PC und die aktuelle Konsolengeneration.
Direkt an den äußerst erfolgreichen ersten Teil anknüpfend, schlüpfen wir erneut in die Rolle des Protagonisten Heinrich, der sich zu Beginn des 15. Jahrhunderts in Böhmen inmitten einer königlichen Auseinandersetzung wiederfindet.
Nach dem Ende des Vorgängers wird Heinrich früh im Spiel mit einem Unglück konfrontiert, das zu einer vollständigen Amnesie seiner Fähigkeiten führt. Also leider wie so oft: Alles auf Anfang. Diese Herangehensweise mag zwar nicht neu sein, doch die Entwickler nutzen sie geschickt, um durch Rückblenden auch die Spieler zu integrieren, die den ersten Teil nicht oder nur unvollständig gespielt haben.
Die Spielreihe zeichnet sich besonders durch ihre detailgetreue Simulation des mittelalterlichen Böhmens und des dortigen Lebens aus. Hier geht es nicht darum, Gegner mit magischen Zaubern aus dem Weg zu räumen, sondern vielmehr darum, selbst anzupacken und sich die Hände schmutzig zu machen.
"Kingdom Come: Deliverance 2" verzichtet dabei völlig auf Fantasy-Elemente und konzentriert sich darauf, ein möglichst authentisches Bild der damaligen Welt und der damit verbundenen Herausforderungen zu vermitteln. Das zeigt sich zum Beispiel bei der Schmiedekunst: Anstatt die üblichen, schnellen Menüaktionen zu nutzen, um ein Schwert zu fertigen, müssen wir tatsächlich selbst Hand anlegen. Wir halten das Schmiedefeuer am Leben, bewegen das Eisen in der Glut und schlagen es dann mit dem Hammer auf den Amboss, um es zu formen.
Je mehr wir uns einer Tätigkeit widmen, desto besser werden wir darin. Unsere Schmiedekünste verbessern sich, die hergestellten Gegenstände werden hochwertiger und der Nutzen der eigenen Arbeit immer größer - ganz wie im echten Leben.
"Kingdom Come: Deliverance 2" bietet enorme spielerische Freiheiten
Doch diese realistische Herangehensweise spiegelt sich auch im Schwierigkeitsgrad wider, besonders zu Beginn des Spiels. Nicht nur eine Handvoll Wölfe kann Euch recht schnell den Garaus machen, sondern auch ein einzelner gut bewaffneter Bandit oder eine Lebensmittelvergiftung, weil Ihr verdorbenes Essen zu Euch genommen habt.
Erst wenn wir im Kämpfen, Verteidigen, Reiten oder Stehlen besser werden, fühlt sich das Spiel leichter an und eröffnet uns neue, alternative Herangehensweisen.
Denn "Kingdom Come" lässt dem Spieler eine enorme Freiheit bei der Lösung von Herausforderungen. Wie wir die Aufgabe des Schmieds angehen, um ein seltenes Metall für ein Schwert zu beschaffen, bleibt ganz uns überlassen.
Wir können es dem Besitzer heimlich stehlen, ihm dafür eine Zahlung anbieten oder Aufgaben für ihn erledigen, bis er es uns aus reinster Nächstenliebe überlässt. Alternativ können wir ihn auch auf offener Straße ermorden und das Metall an uns nehmen.
Doch hier kommt der große Haken: In einer mittelalterlichen Welt müssen wir immer die Konsequenzen für unser Handeln tragen. Ein Diebstahl oder Mord zieht die Aufmerksamkeit der Wachen auf sich, die uns mit Gefängnis oder sogar Hinrichtung bestrafen wollen - vorausgesetzt, wir lassen Zeugen zurück oder werden erwischt.
Fazit zu "Kingdom Come: Deliverance 2"
Zusammenfassend kann ich nur von meinen eigenen Erlebnissen berichten, und ich habe kaum ein Spiel erlebt, das meinen Erkundungstrieb so sehr anregt wie "Kingdom Come: Deliverance 2". Die Welt und die NPCs auf den beiden riesigen Karten sind so spannend und immersiv gestaltet, dass ich, obwohl ich ein Pferd habe, oft stundenlang zu Fuß unterwegs bin, um jedes noch so abgelegene Detail zu entdecken.
Abgesehen von gelegentlichen Flüchen über besonders starke Gegner oder seltenen Grafikfehlern hatte ich durchgehend großen Spaß mit diesem Spiel. Daher kann ich es jedem, der mit den Begriffen "Open World" und "Rollenspiel" nicht von Angstschweiß oder Übelkeit geplagt wird, wärmstens als Pflichtkauf empfehlen. Audentes fortuna iuvat!