Boom bei Solaranlagen: Das Mini-Kraftwerk für den Balkon
Leipzig - Die Nachfrage nach kleinen Solar-Kraftwerken für den Balkon steigt auch in Sachsen. Zugleich herrscht noch immer viel Unsicherheit und Skepsis. Lohnt sich die Anschaffung?
Das Mini-Kraftwerk kam per Post. Nach dem Auspacken der Pakete brauchte Hans-Peter Knötig ein bis zwei Stunden für den Aufbau. Das Solarmodul, etwa so groß wie ein Küchentisch, brachte er am Geländer seines Balkons in Leipzig an. Seitdem produziert die Anlage grünen Strom - für Knötigs Geschirrspüler, seine Waschmaschine oder für die Batterie seines Elektrorollers. "Ich finde das sehr schön", sagt er.
Mit seinem kleinen Balkon-Kraftwerk ist Knötig heute noch eine Ausnahme. Aber Fachleute berichten, dass die Nachfrage zuletzt deutlich gestiegen ist.
Vor dem Hintergrund erhöhter Strompreise beobachtet etwa der Stromnetzbetreiber Mitnetz einen Boom solcher Mini-Solaranlagen. Im Betreibergebiet, das Teile Sachsens, Sachsen-Anhalts und den Süden Brandenburgs umfasst, seien im vergangenen Jahr über 2000 solcher Anlagen angemeldet worden, sagt Geschäftsführerin Christine Janssen. "Die beiden Jahre zuvor waren es wenige Hundert."
Janssen verweist zudem auf Schätzungen, wonach nur etwa 10 Prozent dieser Balkonanlagen tatsächlich angemeldet werden. "Wir vermuten eine hohe Dunkelziffer."
Sogar Discounter bieten inzwischen Solaranlagen an
Ebenso rechnet die Sächsische Energieagentur damit, dass die Zahl der Balkone mit Mini-Solaranlagen zunehmen wird.
Die Leipziger Stadträte sollen in diesem Jahr über ein Förderprogramm für die Anlagen abstimmen, pro Privathaushalt wäre dann ein Zuschuss von bis zu 400 Euro möglich. Auch im sächsischen Umweltministerium wird derzeit ein Förderprogramm erarbeitet, das unter Umständen in diesem Jahr starten könnte.
Trotz allem herrscht noch immer viel Unsicherheit und Skepsis, wenn es um die Balkon-Kraftwerke geht. Wie funktioniert die Technik? Welche rechtlichen Hürden gibt es? Zahlt sich die Anschaffung auch finanziell aus?
Hans-Peter Knötig hat sein Mini-Kraftwerk bei Priwatt bestellt. Die Leipziger Firma bezieht die in China produzierten Geräte von einem Großhändler in Europa und verkauft sie als Komplett-Sets an Kunden in ganz Deutschland weiter.
Für die Installation sei kein Elektriker nötig, sagt Geschäftsführer Kay Theuer. Die Verbraucherzentrale Sachsen bestätigt, dass Mieter moderne Modelle problemlos und sicher in Eigenregie anschließen können. Bis vor kurzem seien die Geräte vor allem von spezialisierten Fachhändlern angeboten worden.
Inzwischen verkauften aber auch Discounter oder Baumärkte Balkonkraftwerke. Sets mit zwei Solarmodulen sind demnach ab 400 Euro erhältlich.
Und so funktionieren die Balkonkraftwerke
Priwatt zufolge ist das technische Prinzip simpel: Das Solarmodul auf dem Balkon wird mit einem Wechselrichter verbunden. Dieser wandelt den Gleichstrom aus den Modulen in den haushaltsüblichen Wechselstrom um. Der Wechselstrom gelangt über einen Stecker und eine normale Steckdose ins Hausstromnetz.
Scheint ausreichend Sonne, werden Geräte in der Wohnung mit Strom aus den Modulen versorgt. Reicht die Menge nicht aus, kommt Strom vom Netzbetreiber hinzu.
Um das Sonnenlicht auf seinem Balkon optimal zu nutzen, hat sich Hans-Peter Knötig eine Steckdose mit Stromzähler besorgt. Die Daten kann er online einsehen, über eine App auf seinem Handy. Über das Smartphone kann er auch das Ladegerät seines Elektrorollers einschalten.
"Das heißt, wenn die Sonne scheint, und ich sehe, dass meine Solaranlage viel Strom produziert, dann schalte ich das Ladegerät ein – und lade dann die Batterie mit Solarstrom auf."
Außerdem, sagt Knötig, könne er seine Waschmaschine und seinen Geschirrspüler so programmieren, dass sie zu den Zeiten mit der meisten Sonnenstrahlung laufen.
Gehören Solaranlagen bald "wie Toaster" zum Haushalt?
Priwatt-Geschäftsführer Theuer betont, dass Mieter die Erlaubnis ihres Vermieters brauchen, wenn sie ein Solarmodul am Balkongeländer installieren wollen. Zudem müssten die Anlagen beim Netzbetreiber und beim Marktstammdaten-Register angemeldet werden.
Ginge es nach Geschäftsmann Theuer, sollten die Mini-Solaranlagen bald "wie Toaster" zu jedem Haushalt gehören.
Bei der Verbraucherzentrale ist man etwas vorsichtiger. Zwar seien die Balkon-Kraftwerke eine "sinnvolle Möglichkeit", um "in erneuerbare Energien zu investieren und mit geringem Aufwand eigenen Strom zu produzieren". Mieter müssten sich aber auf zum Teil "unnötige Hürden" bei der Anmeldung und "verwirrende Formulare" einiger Netzbetreiber einstellen.
Die Verbraucherzentrale rät, die Solarmodule sicher und sturmfest zu installieren. Mögliche Schäden und deren Übernahme sollten mit der Versicherung vorab geklärt werden. Eine wichtige Rolle spielt laut Verbraucherzentrale auch die Position des Balkons. Ideal ist demnach ein "unverschatteter Südbalkon" mit vergleichsweise vielen Sonnenstunden.
Hans-Peter Knötig hat das Glück, dass sein Balkon nach Süden zeigt. Etwa 60 bis 80 Euro könne er dank seines Mini-Kraftwerks jährlich sparen. "Ich bin mir aber auch der Grenzen bewusst", sagt er. Der Bedarf eines ganzen Haushalts lasse sich damit bei weitem nicht abdecken. Bislang hat Knöting ein Solarmodul am Balkon. "Ich plane aber, ein zweites zu kaufen."
Titelfoto: Sebastian Willnow/dpa