Lauter Westautos auf DDR-Straßen: So brachte "Genex" den Handel ins Rollen!
Wilkau-Haßlau - Im letzten Jahrzehnt der niedergehenden DDR, die in diesen Tagen ihren 75. Geburtstag begehen würde, sah man auf den Straßen zwischen all den Trabis, Wartburgs und Škodas auch einige schicke Westautos von VW, Mazda oder Volvo. Gelenkt wurden sie von braven Staatsbürgern. Das Zauberwort hieß "Genex". Eine liebevoll gestaltete Sonderausstellung in Wilkau-Haßlau klärt über dieses Phänomen auf.
Ende der 1980er-Jahre betrug die Wartezeit für einen Trabant mehr als zwölf Jahre, für einen Shiguli gar 18. Es gab aber eine Abkürzung, weil die Staatsführung immer auf Devisen angewiesen war: Wer als DDR-Bürger spendable Westverwandtschaft oder ein Konto mit Westgeld geerbt hatte, erhielt sein Ostauto binnen weniger Wochen.
Der D-Mark-Preis war Pi mal Daumen die Hälfte dessen, was man mit Aluchips gezahlt hätte.
Doch warum einen Wartburg oder Saporoshez für Westgeld kaufen, wenn man der Ostverwandtschaft auch einen VW, Fiat oder Mercedes schenken kann?
Die vom obersten Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski kontrollierte Geschenkdienst- und Kleinexporte GmbH (Genex) verteilte im westlichen Ausland Versandkataloge mit dem markanten Titel "Geschenke in die DDR".
Darin war die gesamte schöne bunte Warenwelt des Ostens aufgeführt, von der Rasierklinge über die Schrankwand bis zum Fertighaus.
Auch viele Produkte, nach denen man in Geschäften meist vergebens Ausschau hielt oder für die man in einem Glücksmoment Schlange stehen durfte. Einige ausgewählte Westprodukte standen ebenfalls im Genex-Katalog.
Mehr als 13.000 VW Golf kamen auf Oststraßen
Eben auch Westautos. Denn Ende der 1970er war der Parteiführung aufgefallen, dass es den Straßen der Hauptstadt an internationalem Flair mangelt.
Also bestellte man im Gegenzug für aus der DDR importierte Waren (Maschinen, Textilien, Chemie) Kontingente an Fahrzeugen, darunter Volkswagen, Ford, Mercedes, Volvo oder Citroën.
Allein über 13.000 VW Golf kamen so auf die holprigen Oststraßen.
Ebenfalls 11.000 Mazda 323 rollten in die DDR. Und weil davon nur wenige über Genex verkauft wurden, hatte man als "besonders verdienter" DDR-Bürger die Chance, den Japaner für 24.600 Ostmark zu erwerben.
Oft war die Bedingung, dass man auf der Warteliste für einen Viertakter (Lada, Škoda) vorne stand.
Katarina Witt bezahlte erstes Auto in Ostmark
Auch Olympiasiegerin Katarina Witt (58) bezahlte ihr erstes Auto, einen knallroten Golf, in Ostmark. Es befindet sich jetzt im Besitz des Autosammlers Gerrit Crummenerl aus Brandis bei Leipzig, der den Großteil der Exponate für die Sonderausstellung "Unerreichbar nah - Westimporte & Genex" im Oldtimer-Museum Culitzsch in Wilkau-Haßlau zur Verfügung gestellt hat.
Diese hat bis 3. November geöffnet und lohnt sich nicht nur für Auto-Freaks.
Titelfoto: Bildmontage: Uwe Meinhold (3), Uwe Meinhold/Wikipedia