Ziel, ohne Gehstock zu laufen: Bob-Anschieber kämpft mit Folgen von Altenberg-Sturz
Altenberg/Aargau - Weit über ein halbes Jahr ist der schwere Sturz des Bobs des Schweizer Piloten Michael Vogt (26) in Altenberg bereits her, doch sein Anschieber Sandro Michel (28) kämpft noch jeden Tag mit den Folgen. Darüber sprach er jetzt in einem ausführlichen Statement - und wiederholt seine scharfe Kritik an der Bahn.
"Für viele von euch ist es vermutlich nicht mehr allzu präsent, aber für mich ist es immer noch allgegenwärtig", schrieb Michel auf Instagram - die Rede ist natürlich vom Unfall im Altenberger Eiskanal, der ihn beinahe das Leben kostete.
Weil der 28-Jährige aus dem Schlitten fiel und bewusstlos in der Bahn liegen blieb, überrollte ihn der zurückrutschende Bob und verursachte schwerste Verletzungen im Brustbereich wie etwa eine mit Blut gefüllte Lunge, doch am schlimmsten erwischte es ihn im Hüftbereich.
"Im Bericht steht, dass die Wunde 35 cm x 50 cm groß war. Der Hüftknochen war ausgekugelt und sichtbar. Mein Bein hing lediglich noch an etwas Haut und einigen Muskelsträngen", schilderte Michel seine Blessuren so deutlich wie nie. Nur der Arbeit der Rettungskräfte vor Ort und der Ärzte in Dresden verdanke er, dass er noch lebe und beide Beine habe.
Deshalb arbeitet er aktuell nicht auf das Ziel Olympia 2026 hin, sondern darauf, erstmals ohne Gehstock laufen zu können - und gibt dafür erneut der Bobbahn in Altenberg die Schuld.
Sandro Michel befürchtet, dass die Gesundheit der Athleten der Bobbahn Altenberg egal ist
Am selben Tag stürzte nämlich bereits der deutsche Pilot Johannes Lochner (33) an derselben Stelle - auch hier fiel ein Anschieber aus dem Schlitten, blieb bewusstlos liegen.
"Nur mit viel Glück konnten die Teamkollegen, die noch im Schlitten waren, das Zurückrutschen verhindern und so ihren Kollegen vor dem Überfahren retten", erzählte Michel nun. Team Lochner habe daraufhin bei der Bahn interveniert und verlangt, dass genug Leute am Ort des Sturzes stehen, um zu helfen.
"Allerspätestens zu diesem Zeitpunkt hätte man doch sehen müssen, was passieren kann", stellte der Schweizer fest. Doch erst nach seinem eigenen Unfall sei die viel zu schnelle Bahn so präpariert worden, dass die Schlitten langsamer fahren.
"War den Betreibern eine schnelle Zeit etwa wichtiger als das Wohlergehen der Athleten?", fragte Michel. Auch die spätere Reaktion der Bahn, von der sich bis heute niemand bei ihm gemeldet hätte, sei aus seiner Sicht ein Indiz dafür. "Bei diesem Umgang entsteht der Eindruck - auch wenn es vielleicht nicht so ist -, dass es ihnen absolut gleichgültig ist!"
Er werde den Wettbewerb im Dezember verfolgen, kündigte der Schweizer an, und hoffe, dass er nicht sehen müsse, wie ein Schlitten im Sturzfall zurückrutsche.
"Falls die Sicherheit aber nicht verbessert wird und man so weitermachen will wie bis anhin, würde ich mich schon fragen, welchen Stellenwert die Gesundheit für Athleten/Athletinnen für die Verantwortlichen hat und ob ich unter diesen Umständen wirklich wieder Bobfahren möchte", schloss Michel.
Titelfoto: Bildmontage: Robert Michael/dpa, Screenshot/Instagram/s_a_n_d_r_o_