Deutsches Biathlon-Talent von hohen Erwartungen genervt: "Boah, warum läuft die so langsam?"
Garmisch-Partenkirchen - Die deutsche Biathlon-Hoffnung Selina Grotian (20) musste in ihrer ersten vollen Weltcup-Saison einen bitteren Rückschlag verkraften, als sie zwischenzeitlich vom DSV aussortiert wurde. Welpenschutz erfuhr sie offenbar nicht, stattdessen verspürte sie gleich großen Druck.
"Es hat mich ab und zu schon genervt, dass ich als fester Bestandteil der Mannschaft galt und es schon gewisse Erwartungen gab wie bei den Älteren", erklärte das Talent jüngst im "Ski Happens"-Podcast.
Die mehrfache Junioren-Weltmeisterin feierte im März 2023 ihr Weltcup-Debüt und sollte in der gerade abgelaufenen Saison eigentlich weitere Erfahrung sammeln.
Nach durchwachsenen Leistungen in Hochfilzen und Lenzerheide sowie einer schlechten Verfolgung in Oberhof wurde sie jedoch kurzerhand wieder aus dem deutschen Team geworfen und in den IBU-Cup zurückversetzt.
"Ich habe dann schon sehr mit mir gehadert und die Entscheidung auch nicht verstanden. Klar, es war eine schlechte Verfolgung, aber auch die Argumente von den Trainern habe ich nicht wirklich verstanden, warum man es gleich so löst und mir nicht doch noch einen Weltcup Zeit gibt", erklärte Grotian.
Auch ein paar Tränen seien daraufhin geflossen, allerdings habe sie versucht, das "Beste aus der Situation zu machen".
Selina Grotian startete in den letzten Weltcup-Rennen durch
Trotzdem seien die kritischen Stimmen "ungewohnt" gewesen. "Wenn man hört: 'Boah, warum läuft die so langsam?', und man sich selber denkt, ich bin eigentlich erst 19 Jahre alt und gerade reingekommen", führte die DSV-Hoffnung ihre Gefühlslage weiter aus.
Die Antwort gab Grotian auf der Loipe, denn sie kehrte zu den Biathlon-Weltmeisterschaften in Nové Město zurück, rutschte in die Staffel und gewann an der Seite von Janina Hettich-Walz (27), Vanessa Voigt (26) und Sophia Schneider (26) die Bronzemedaille.
Anschließend platzte auch im Weltcup der Knoten, wo sie sich ebenfalls zum festen Bestandteil der Staffel mausern konnte, in Oslo mit Justin Strelow (27) in der Single-Mixed auf den sechsten Platz fuhr und auch in den USA und Kanada ablieferte.
"Ich habe mir keine großen Hoffnungen ausgemalt, denn man weiß ja nicht, wie man startet und wie fit man am Ende wirklich ist", verriet die Oberbayerin. "Mit den Top 30 - also Platz 29 im Gesamtweltcup - habe ich mein Ziel voll und ganz erreicht", lautet ihr Saison-Fazit.
Künftig möchte sie den Druck nicht mehr so nah an sich ranlassen: "Natürlich hat man immer die Angst, mit schlechten Ergebnissen wieder rauszufliegen. Man hat schon gemerkt, dass es gewisse Erwartungen gibt, die man natürlich erfüllen möchte. Zum Ende der Saison hatte ich dann einen Lauf und habe nicht mehr so viel nachgedacht"", erläuterte Grotian.
Ihre deutliche Kampfansage: "Jetzt bin ich endlich so ein bisschen angekommen im Weltcup. Das war das Lern-Jahr und nächste Saison kann es so richtig losgehen."
Titelfoto: Hendrik Schmidt/dpa, JOE KLAMAR / AFP