"Das ist einfach unfair": Biathleten fürchten sich vor Wettbewerbsverzerrung!
Sjusjøen (Norwegen) - In rund zwei Wochen startet der Biathlon-Weltcup startet am 25. November im schwedischen Östersund. Einen ersten Vorgeschmack gab es bei den Testrennen in Sjusjøen, die die Norweger komplett beherrschten - auch dank einer neuen Regel. Und so sind die Sorgen vor einer unfairen Saison groß.
Schon in der vergangenen Saison dominierten insbesondere die norwegischen Männer um Johannes Thingnes Bø (30) den Weltcup, doch bei den Testrennen in der Heimat offenbarten sich eklatante Lücken besonders in den Laufzeiten - im Massenstart fand sich der erste Nicht-Norweger erst auf Rang 13.
Und auch bei den Frauen zogen die Skandinavierinnen gleich reihenweise an ihren Konkurrentinnen aus Deutschland, Italien oder Tschechien vorbei.
Die Begründung dafür? Eine neue Regel im Skisport, die die Nutzung von Fluor-Wachsen zugunsten der Umwelt und der Gesundheit der Skitechniker verbietet.
Das Fluor auf den Skiern hatte diese besser auf dem Schnee gleiten lassen, ohne den Zusatz kommt es mehr auf die Bretter selbst an. Diese sind bei den Norwegern oft einfach besser als bei den anderen Teams - die Furcht vor einer noch stärker wachsenden Kluft zwischen den Nationen ist groß.
Das Fluorwachs-Verbot im Biathlon verstärkt die Unterschiede zwischen den Nationen
"Es ist nicht unbedingt so, dass wir Norweger besser sind als andere, aber die Skier selbst haben viel zu sagen, und es gibt eine Warteschlange, um die besten Skier zu bekommen", erklärte Ingrid Landmark Tandrevold (27), die Nummer eins im norwegischen Frauen-Team, beim norwegischen NRK.
"Und es sind oft die Besten, die die besten bekommen. Es ist also unglaublich schwierig, ein fluorfreies Gleitmittel zu tragen und mit denjenigen mitzuhalten, die bereits bessere Skier haben als man selbst."
Dann gab sie zu: "Das ist schlicht und einfach unfair. Für mich ist es in gewisser Weise ein Vorteil, und ich gebe zu, dass ich heute darüber nachgedacht habe. Denn das Fluor gleicht die Unterschiede zwischen den Skiern aus - in vielen Bereichen."
Ihr Teamkollege Johannes Dale-Skjevdal (26) schlug in die gleiche Kerbe: "Es ist fast schon peinlich da draußen. Es ist fast schon peinlich, wenn man an einem Ausländer nach dem anderen vorbeigleitet. Da möchte man sich fast entschuldigen."
Roman Rees fürchtet Langeweile in der Saison
Ohne das Hilfsmittel sieht es düster für die anderen Nationen aus, wie auch der deutsche Biathlet Roman Rees (30) nach dem chancenlosen Rennen seines Teams feststellte.
"Das macht es ein bisschen langweilig und deprimierend", erklärte der Gesamtweltcup-Neunte der vergangenen Saison.
Seine Hoffnung: Dass es an anderen Rennorten bessere, schnellere Bedingungen als in Sjusjøen gibt und die Lücke so ein wenig geschlossen werden kann.
Sonst droht dem Biathlon wohl pure Langeweile - gerade bei den Männern, bei denen ohnehin bereits fünf der besten sieben Biathleten des letzten Jahres Norweger waren.
Das sieht auch der ehemalige norwegische Biathlet und heutige TV-Experte Ola Lunde (65) so: "Was ich sehe, macht mir Angst. Wenn das den ganzen Winter über so sein wird, haben Ausländer keine Chance, auf der Piste mitzuhalten. Das ist nicht gut für den Sport."
Titelfoto: Bildmontage: Petr David Josek/AP/dpa, Anders Wiklund/TT News Agency/AP/dpa