Biathlon-Weltmeisterin erwog drastischen Schritt: "Niemand verstand meinen Schmerz"
Nové Město (Tschechien) - Die Biathlon-Weltmeisterschaft im tschechischen Nové Město stand nicht nur im Zeichen des französischen Teams, es war auch die WM von Lisa Vittozzi (29). Mit Gold im Einzel und drei Silbermedaillen in der Verfolgung, der Mixed-Staffel und im Massenstart untermauerte sie ihren Status als italienische Nummer eins. Dabei hing ihre Karriere bereits am seidenen Faden.
Das verriet die 29-Jährige nach ihrem großartigen Triumph im Interview mit der Gazetta dello Sport.
Noch bis vor wenigen Jahren hätten die ausgebildete Polizistin massive Selbstzweifel geplagt und beinahe zu einem drastischen Schritt verleitet: "Niemand verstand meinen Schmerz, ich dachte darüber nach, in den Ruhestand zu gehen", erklärte die zweifache Einzelweltcup-Siegerin.
Erst mithilfe einer Mentaltrainerin habe Vittozzi im Kampf gegen ihre Dämonen nach und nach die Oberhand gewonnen: "Es war eine lange Reise, auf der ich viel in mich hineinschaute und dann begann, Sport anders zu erleben."
"Früher habe ich mich mit den Ergebnissen identifiziert, jetzt nicht mehr: Ob ich gewinne oder verliere, ich bleibe dieselbe. Als Weltmeisterin fühle ich mich nicht verändert", erklärte die Italienerin.
In der Loipe trug die neue Herangehensweise inzwischen Früchte. Bereits im vergangenen Jahr sackte das Biathlon-Ass in Oberhof WM-Gold mit der Frauenstaffel ein.
Lisa Vittozzi blickt schon auf die Olympischen Winterspiele in Italien
Mit den grandiosen Auftritten in Tschechien konnte sie sich nach einer längeren Schwächeperiode jetzt auch endgültig in der Weltspitze festsetzen.
Die Last wird dadurch allerdings nicht geringer. Vor allem, weil Landsfrau und Wintersport-Superstar Dorothea Wierer (33) am Samstag ihr vorzeitiges Saisonende verkündete und die italienischen Hoffnungen nun gänzlich auf den Schultern von Vittozzi liegen.
Allerdings verspüre die aus dem Friaul im Norden des Landes stammende Biathletin weiterhin "großen Hunger". Im Moment belegt sie im Gesamt-Weltcup den dritten Platz hinter der Norwegerin Ingrid Landmark Tandrevold (27) und Justine Braisaz-Bouchet (27) aus Frankreich.
"Noch ist alles offen. Um es zu gewinnen, braucht man viele Podestplätze. Ich war oft unter den ersten Sechs", so die Polizistin.
Daneben habe sie aber auch bereits die Olympischen Winterspiele 2026 im Blick. Die werden in Mailand und Cortina d’Ampezzo - also ihrer Heimat - stattfinden. "Die Olympischen Spiele zu gewinnen ist das größte Gefühl, ich möchte dort fit sein", sagte Vittozzi.
Titelfoto: MICHAL CIZEK / AFP