Kritik oder Rückenwind? Fabian Hürzeler mit eigener Kolumne zur Europameisterschaft
Hamburg - Er löste in den vergangenen Wochen viel medialen Trubel aus: Fabian Hürzeler (31) - (noch) Cheftrainer des FC St. Pauli. Anlässlich der Heim-EM mischt er redaktionell jetzt selbst mit. In seiner Kolumne "Hürzelers EM-Blick" teilt der zukünftige Premier-League-Coach mit Blick auf die deutsche National-Elf Gedanken und Expertenwissen.
"Die jungen Zocker brauchen Spaß am Spiel" lautet der Titel der Fußball-Kolumne in der FAZ, die aus der Feder des 31-Jährigen stammt.
Überraschend, aber trotzdem nicht ungewöhnlich, dass sich Hürzeler abseits seines Vereinstrainer-Daseins und während der Sommerpause nun auch redaktionell mit seinem Lieblingsthema beschäftigt.
Wie der gebürtige Texaner bereits des Öfteren zugab, spielt Fußball in seinem Leben quasi Tag und Nacht eine Rolle.
Bevor es ihn für seine neue Aufgabe als Cheftrainer bei dem Premier-League-Club Brighton & Hove Albion auf die Insel zieht, analysiert Hürzeler offenbar zunächst die Spiele der deutschen Nationalmannschaft. Je nach Abschneiden der Elf von Julian Nagelsmann (36) könnte man also noch knapp einen Monat lang Texte gefüllt mit Expertenwissen des jungen Aufstiegstrainers zu lesen bekommen.
In seinem ersten Beitrag geht es vor allem um die Unterschiede zwischen einem National- und Vereinstrainer und worauf es insbesondere bei der Europameisterschaft im eigenen Land ankommt.
Wie viel Druck hält ein Nationaltrainer stand?
In seiner jungen Trainerkarriere hat der 31-Jährige als Co auch Halt bei der U20-Nationalmannschaft gemacht, was ihm eine Analyse auf "die besten Spieler Deutschlands" aus interner Sicht erlaubt.
"Der Unterschied zur täglichen Arbeit des Vereinstrainers ist groß. Als Vereinstrainer kennst du die Gefühlslage deiner Spieler, ihre privaten Bedürfnisse. Du hast täglich einen engen Kontakt über die ganze Saison hinweg. Den kannst du als Nationaltrainer nur über das Telefon oder Kurznachrichten aufbauen", schreibt der ehemalige Hamburger.
Deshalb und weil man seine Spieler nur selten, aber dafür intensiv sehe, müsse man eine gute Balance zwischen fußballerischem Input, emotionaler Bindung und möglichen Freiräumen finden - denn genau das sei für das Trainertalent der Schlüssel zum Erfolg.
Eine Heim-EM wie in diesem Jahr ist etwas Besonderes: Mit dem wochenlangen Interesse an der deutschen Elf rückt auch der Nationalcoach stark in den Fokus, erntet bei schlechteren Spielen dann Kritik. "Ungerecht", findet Hürzeler aus Sicht als Vereinstrainer. "Der Bundestrainer hat nur sehr wenig Trainingszeit mit seinen Spielern. In dieser kurzen Phase musst du die richtigen Inhalte wählen und niemanden überfrachten."
Die hohe Aufmerksamkeit dann nur als Druck anzusehen - für Hürzeler der falsche Weg. "Es ist die Mischung aus Anspannung und Lockerheit, die es ausmacht", denn gerade die vielen jungen Spieler des Teams bräuchten in seinen Augen vor allem "Spaß am Spiel", dann entstehe fast automatisch auch wieder Spaß an der gesamten Mannschaft.
Und ohnehin brauche es in einem Turnier wie der Europameisterschaft wenig, um kritische Blicke beiseitezulegen und neue Euphorie zu entfachen. Durch den 5:1-Sieg gegen Schottland ist der Aufruhr nach dem 0:0 gegen die Ukraine in der Vorbereitung fast vergessen.
Ab wann verstummt Kritik?
Fabian Hürzeler hat den FC St. Pauli als Cheftrainer nach 13 Jahren in die Bundesliga geführt und die Zweitligameisterschaft geholt, findet seine neue Heimat ab kommender Saison aber in der Premier League. Mit seinen 31 Jahren wird er damit der jüngste Cheftrainer der besten englischen Liga.
Auch er wurde in den vergangenen Wochen mit enormer öffentlicher Kritik aufgrund seiner Entscheidung konfrontiert. Für ihn erfüllt sich nach eigenen Worten mit dem Wechsel aber ein Traum.
Sollte Hürzeler die Karriereleiter weiterhin so schnell erklimmen wie bisher und sich von Erfolg zu Erfolg hangeln, ist er vielleicht nicht mehr nur Premier-League-Coach und Kolumnist, sondern steht zukünftig selbst für den DFB bei Länderspielen in der Coaching-Zone.
Bis dahin ist es noch ein weiter Weg und dennoch: Sollte Erwähntes eintreffen, wird sicherlich auch jegliche Kritik an ihm verstummen.
Titelfoto: Alice Nägle/TAG24