Schachmatt: Eine Familie reist für ihren Denksport durch die ganze Welt!
Dippoldiswalde-Paulsdorf - Aufgepasst, bei dieser Familie dreht sich alles um zwei Frauen, vier Tiere, vier Gebäude und 22 Männer. Es geht um Figuren, ein Spiel, aber immerhin um das Königsspiel - Schach!
Die sieben Kinder der Familie Peglau sind mehrfach ausgezeichnete Schachspieler. Die neunköpfige Familie stellt sogar einen eigenen Schachverein und ist mit ihrem "Schachzentrum Seeblick Dippoldiswalde" gerade in die 1. Bundesliga der Frauen aufgestiegen.
Wir haben das Zentrum des Denksports an der Malter besucht.
Schachmatt: Ein Leben für den Denksport!
Während Ihr gerade diesen Text lest, schwitzt die 15-jährige Charis Peglau im indischen Gandhinagar fokussiert über einer Partie Schach. Nach 14 Stunden im Flugzeug landete sie am Samstag zusammen mit ihrem Trainer - ein Großmeister im Schach - für die Schach-WM U20 in der Hauptstadt des indischen Bundesstaates Gujarat.
Dort kämpft Charis jetzt insgesamt zwölf Tage am Brett. Bei elf Spielen muss sie gleichaltrige Gegnerinnen in Schach halten - vielleicht mit einer Italienischen Eröffnung, cleveren Rochaden und Zug um Zug bis zum Schachmatt. "Manche Turnierpartie dauert bis zu sechs Stunden", weiß sie.
Ihre Zwillingsschwester Dora blieb zu Hause in Dippoldiswalde-Paulsdorf, wo Familie Peglau im ehemaligen Hotel "Seeblick" direkt an der Talsperre Malter lebt.
"Charis spielt einen Tick besser als ich, doch bei leichten Gegnern kommt sie manchmal ins Schlingern", sagt Dora über ihre Schwester.
Ganze Familie im Spielfieber
Die beiden spielen fast gleich stark, sodass Partien meist unentschieden ausgehen, wenn sie gegeneinander spielen. "Oft sind dann nur noch zwei Türme und die Könige im Spiel, bis wir uns nach 20 Zügen ein Salonremis eingestehen", erklärt Charis.
Bei den Schachspielen der Peglaus sind gleich sechs Damen im Spiel. Neben den Zwillingen spielen auch ihre Schwestern Lorena (12), Mirjam (19) und Sarah (20) Schachturniere. Jetzt ist auch die Jüngste im Familienbunde am Zug - Klein-Louise (8). Bruder Paul David (10) spielt schon Leistungsschach, fing bereits mit drei Jahren an.
"Außerdem geht er noch zum Fußball", ergänzt Mutti Adelheid (53). "Fußball ist bei uns der größte Konkurrent für junge Schachspieler." Auch Dora ist begeisterte Fußballspielerin.
Vater Markus (61) hat die gesamte Familie mit dem Schachvirus infiziert. "Auch ich habe als Siebenjähriger Schach von meinem Vater gelernt, später einen Volkshochschulkurs besucht und vier Jahre in einem Verein gespielt."
Erfolgreicher Verein in Dippoldiswalde-Paulsdorf
2017 gründete er seinen eigenen Verein in Paulsdorf. Vereinshaus ist das Wohnhaus der Familie. Hier üben die sechs Mädchen und ihr Bruder täglich bis zu zwei Stunden in einem eigenen Schachkabinett. Trainiert wird mit Taktikaufgaben, Analysen vergangener Spiele, bei Partien untereinander oder manchmal gegen einen Schachcomputer.
Übung machte Meister: Im Frühjahr wurden die Mädchen des Familienvereins Meisterinnen der 2. Bundesliga Ost und stiegen in die 1. Bundesliga der Frauen auf. So wird der blaue Familientransporter bald wieder zu Teambus und Urlaubskutsche zugleich.
"Denn manchmal verbinden wir die Wettkämpfe mit einem Familienurlaub, denn die Turniere finden immer an schönen Orten statt", sagt Markus. Ein cleverer Schachzug.
Turniere auf dem ganzen Globus
So ging es schon in die Schweiz, nach Prag, mit dem Flieger nach Rhodos, Estland, Lettland, Spanien, Italien, Griechenland, Georgien, Malta und im Bulli bald regelmäßig zu Spielen nach Hamburg, Schwäbisch Hall oder Baden-Baden.
"Dadurch versäumen die Mädchen aber auch jedes Jahr etwa 20 Prozent Unterricht", sagt ihr Vater. Doch im Glückauf-Sportgymnasium in Altenberg sind Schulbefreiungen für Turniere Usus.
Bezahlt wird bislang alles aus eigener Tasche, denn die Peglaus suchen noch Sponsoren für ihren Verein.
Nicht nur Schach ist Schule fürs Leben
Nicht immer dreht sich bei der Schachfamilie alles um Schach. Dora lernt Klavier, Charis spielt wie Paul David und Mutti Geige. Manchmal erklingt Hausmusik bei den Peglaus. Sarah studiert - eigentlich logisch - natürlich Mathematik in Dresden, Mirjam Forstwissenschaft in Tharandt. Zudem ist die halbe Familie Mitglied der Wasserwacht an der Talsperre Malter.
Logisches Denken, vorausschauend Züge planen, den Gegner immer im Fokus behalten - die typischen Herausforderungen des Denksports hat die ganze Familie verinnerlicht. "Unsere Kinder sind reaktionsschnell, konzentriert und bedenken die Konsequenzen ihres Handels", hat Vater Markus bemerkt.
Ist die Familienplanung mit sieben Kindern eigentlich schon abgeschlossen? "Ich will nichts ausschließen", schmunzelt Papa Markus. Wer weiß, vielleicht wird aus den pokalreichen Schach-Champions noch eine ausgewachsene Fußballmannschaft?!
Schach-Tipps für Anfänger
Vier Schach-Regeln brachte Markus Peglau (61) seinen Kindern bei.
- Die erste: mit Bauern das Zentrum des Spiels besetzen. Bei der Italienischen Eröffnung wird zum Beispiel von einem Bauern und einem Springer schnell das Zentrum kontrolliert.
- "Springer am Rand bringt Kummer und Schand'", lautet ein weiterer Schachspruch. Denn am Brettrand sind die Sprungfähigkeiten des Pferdes eingeschränkt.
- Eselsbrücke Nummer drei - schlägt die Dame auf B 2, ist es bald mit ihr vorbei - warnt vor dem Verlust der stärksten Figur im Schach. Mit ihrer Gangart kombiniert die Dame schließlich Turm und Läufer.
- Und was ist die beste Taktik? "Der Doppelangriff ist die häufigste Taktik im Schach", sagt Markus. "Ein Doppelangriff stellt mit einem Zug zwei Bedrohungen auf." Weil der Gegner aber nur einen Angriff abwehren kann, führt das zu "Materialgewinn".
- Und damit erfüllt sich Regel Nummer vier: Wer mehr Figuren geschlagen hat, gewinnt eine Partie zumeist.
Titelfoto: Steffen Füssel