"Fühle mich schuldig": Jan Ullrich gesteht erstmals öffentlich gedopt zu haben!
München - Jetzt ist es raus. Jan Ullrich (49) hat in seiner erfolgreichen Radsport-Karriere zu Dopingmitteln gegriffen. Das räumte der Tour-de-France-Champion von 1997 nach jahrelangem Schweigen am Mittwoch bei der Vorstellung der Amazon-Dokumentation "Jan Ullrich - Der Gejagte" in München explizit ein.
"Ich habe gedopt, das ist in der Doku schon klar geworden", sagte der 49-Jährige und ergänzte: "Ich habe mich schuldig gemacht, ich fühle mich auch schuldig."
Ullrich hatte in der Vergangenheit ein Doping-Geständnis immer abgelehnt. "Ich habe niemanden betrogen", lautete stets sein Standardsatz auf Fragen zu seiner Vergangenheit.
Nun will der tief gefallene Ex-Radprofi, der auch privat einige Turbulenzen erlebt hat, in der Dokumentation mit seiner Vergangenheit aufräumen.
"Ich kann dazu sagen, aus reinem Herzen, ich wollte wirklich niemanden betrügen. Ich wollte mir keinen Vorsprung verschaffen. Das war damals eine andere Zeit.
Damals hat der Radsport schon ein System gehabt, wo ich auch reingekommen bin. Für mich war das damals eine Art Chancengleichheit", erläuterte Ullrich auf der Podiumsdiskussion.
Jan Ullrich gestand vor vielen Begleitern seiner Karriere
Viele Weggefährten waren am Mittwoch nach München zur Vorstellung gekommen, darunter auch Ex-Teamchef Olaf Ludwig, sein Sportlicher Leiter Rudy Pevenage (69), Ex-Kollegen wie Ivan Basso (45), Jens Heppner (58) oder Danilo Hondo (49), sein Jugendtrainer Peter Sager und sogar die Mutter des gestorbenen Rivalen Marco Pantani (†34).
Ullrich hatte 1997 als bislang einziger Deutscher die Frankreich-Rundfahrt gewonnen und einen beispiellosen Radsport-Boom ausgelöst. Als "Boris Becker (56) des Radsports" wurde er gefeiert, Sponsoren und Veranstalter standen bei ihm Schlange. Neben seinem Gesamtsieg 1997 fuhr Ullrich fünfmal bei der Tour auf den zweiten Platz. Er wurde Weltmeister und Olympiasieger.
Schon in den vergangenen Tagen hatte Ullrich in Interviews über jahrelanges Doping in seinem Team Telekom gesprochen. "Ohne nachzuhelfen, so war damals die weitverbreitete Wahrnehmung, wäre das so, als würdest du nur mit einem Messer bewaffnet zu einer Schießerei gehen", sagte Ullrich dem Magazin "Stern".
Im Telekom-Team habe er "ziemlich schnell gelernt, dass Doping weitverbreitet war".
Viele andere gestanden Doping schon früher
Ullrich musste 2006 unfreiwillig seine Karriere beenden, nachdem er in der großangelegten "Operacion Puerto" als Kunde des Doping-Arztes Eufemiano Fuentes (68) enttarnt worden war. 2012 wurde Ullrich vom Internationalen Sportgerichtshof Cas für zwei Jahre gesperrt, diverse Erfolge zwischen 2005 und 2006 wurden ihm aberkannt.
Später räumte Ullrich Behandlungen bei Fuentes ein, zu einem Doping-Geständnis wie bei seinen Ex-Kollegen Erik Zabel (53) oder Rolf Aldag (55) konnte er sich aber nicht durchringen - auch auf Rat der Anwälte.
Ob die neuen Aussagen Folgen haben für Ullrichs frühere Siege - allen voran bei der Tour 1997 - ist unklar. Ullrichs einstigem Rivalen Lance Armstrong (52) wurden beispielsweise nach seiner lebenslangen Sperre im Jahr 2013 alle sieben Tour-Siege von 1999 bis 2005 aberkannt.
Bjarne Riis (59), der bereits 2007 Doping gestand, wird dagegen immer noch als Gesamtsieger 1996 geführt. Ullrichs Olympia-Gold 2000 dürfte wegen der zehnjährigen IOC-Verjährungsfrist für Doping-Vergehen nicht in Gefahr sein.
Jan Ullrich schaffte es nach dem totalen Absturz wieder nach oben
Nach seinem abrupten Karriereende sorgte Ullrich auch außerhalb des Sports für Negativ-Schlagzeilen. Nachdem seine Ehe mit Frau Sara zerbrochen war, kam es auf Mallorca zum "Totalabsturz", wie er jüngst dem "Stern" erzählte. Ullrich trank "Whiskey wie Wasser" und kokste, sagte er in der Amazon-Doku, wie im Trailer zu sehen ist.
Nach einem Streit mit Nachbar und TV-Star Til Schweiger (59) landete Ullrich für eine Nacht im Gefängnis und wenig später in der Privatklinik für Suchterkrankungen.
Einer der ersten Besucher war Armstrong, der seinem alten Rivalen half. Der Amerikaner überredete Ullrich, einen Entzug zu machen, damit es ihm nicht ergehe wie dem 2004 an einer Überdosis gestorbenen Italiener Pantani.
"Ich hätte es nicht ertragen können, noch einen von uns zu verlieren", sagte Armstrong im Interview der "Zeit".
Titelfoto: Christian Kolbert/Kolbert-Press/dpa