"Enttäuschung": Rad-Star gibt auf und bekommt verbale Prügel
Annemasse (Frankreich) - Caleb Ewan (29) hatte die letzten zwei Wochen keinen Spaß. Sobald mal etwas härter bei der Tour de France gefahren wurde, flog der Australier hinten raus. Gestern stieg er genervt vom Rad - und muss nun verbale Prügel einstecken.
Caleb Ewan ist ein Sprinter. Ein Top-Sprinter, der schon fünfmal eine Etappe bei der Tour de France gewinnen konnte.
Aber er ist kein Sprinter, der sich noch irgendwie über die Berge "ekeln" kann, so wie es einst Peter Sagan (33) schaffte oder zurzeit ein Wout van Aert (28).
Bei der diesjährigen Tour de France, die am Samstag in die 14. Etappe ging, war es besonders hart.
Von Tag eins an standen Berge auf dem Programm und kaum wurde es etwas steiler, fuhr der Australier dem Feld hinterher.
Die ersten Tage bekam der arme Kerl von seinem Team Lotto-Dstny Helfer gestellt, die ihren Sprinter in der erlaubten Karenzzeit ins Ziel brachten.
Caleb Ewan kommt nicht über die Berge
Bei den wenigen Flachetappen konnte Ewan dann aber nicht gewinnen, weil der Belgier Jasper Philipsen (25) dieses Jahr offenbar unschlagbar ist.
Ewan belegte aber immerhin Platz drei und zwei auf der dritten und vierten Etappe.
Auf der dreizehnten Etappe am Freitag ging das Elend aber weiter.
Der finale Schlussanstieg war noch in weiter Ferne, da fiel der Radprofi schon bei einer Sprintwertung ab, die bergauf ging.
Fairerweise muss man sagen: Es ging für eine Sprintwertung vergleichsweise lang und steil bergauf. Aber eigentlich sollte ein Radprofi da nicht aus dem Feld fallen!
Dieses Mal stellte das Team keine Helfer zur Verfügung. Caleb musste dann alleine gut 40 Kilometer zum Schlussanstieg treten und dann noch den 1501 Meter hohen Grand Colombier erklimmen.
Aber der Kopf wollte nicht mehr. Der Sprint-Star stieg entnervt vom Rad und gab die Tour auf. Sein Team-Chef Stéphane Heulot (52) war entsetzt und fand deutliche Worte!
Stéphane Heulot über Caleb Ewan: "Es ist eine Enttäuschung"
"Es ist eine Enttäuschung", sagte der 52-Jährige zu den Leistungen Ewans. "Ein Fahrer hat auch Pflichten und nicht nur Rechte. Wir haben das Recht, mehr Hingabe von ihm zu fordern."
Das ist eine deutliche Ansage. Immerhin wird der Radstar für das Radfahren und Kämpfen bezahlt und nicht für das Aufgeben.
Ewans Manager, Jason Bakker (55), ließ das aber nicht auf sich sitzen! Der Australier kritisierte gegenüber Cycling Weekly vor allem, dass der Teamchef das öffentlich sagte. Das sei eine Demütigung.
Es "ist einfach ekelhaft, um offen zu sein", unterstrich Bakker.
Der Vertrag von Ewan bei Lotto-Dstny läuft dieses Jahr aus. Da aller Voraussicht nach viele Sprinter ihre Teams wechseln werden, ist ein auch Absprung von Ewan mehr als im Bereich des Möglichen.
Titelfoto: Marco BERTORELLO / AFP