"Überdimensioniert und seelenlos": Felix Neureuther rechnet mit Olympia ab
Garmisch-Partenkirchen - Als aktiver Sportler war Felix Neureuther (39) bei drei Olympischen Spielen dabei, zum ersten Mal 2006 in Turin. 2026 kehrt Olympia nach Italien zurück, Neureuther hat darüber eine Dokumentation gedreht - und ist schockiert davon, was er zu Gesicht bekommen hat.
2006 fanden die Olympischen Winterspiele im italienischen Turin statt, Neureuther ging als 21-Jähriger erstmals an den Start - und hatte nur den Sport im Kopf, wie er in der ARD-Doku "Felix Neureuther - Spiel mit den Alpen" erzählt.
18 Jahre später kehrte er mit Blick auf die 2026 anstehenden Winterspiele in Mailand und Cortina d'Ampezzo an die Turiner Wettkampforte zurück, die inzwischen teils völlig verlassen mitten in den Alpen liegen.
"Geblieben sind Retortenstädte. Überdimensioniert und seelenlos", stellte der Ex-Skirennfahrer entsetzt fest.
Zu sehen, was mit Sestriere, dem Austragungsort der Alpinen Skiwettkämpfe, geschehen sei, sei "das Schockierendste" an seiner Reise gewesen, erzählte der 39-Jährige im zugehörigen BR-Interview.
Darin bezog er auch die in der Nähe neu gebauten Skisprungschanzen und die Bobbahn ein, die inzwischen vor sich hin verrotten. Bei seinem Besuch an den Skisprungschanzen zeigte Neureuther, wie im Auslauf bereits Bäume wachsen und die Natur die Schauplätze zurückerobert - nach nicht einmal 20 Jahren.
"Orte, wo Helden geboren wurden, liegen jetzt auf der Müllhalde der Sportgeschichte", lautet sein hartes Urteil.
Felix Neureuther über Olympia 2026: "Die Versprechen sind nicht eingehalten worden"
"Du siehst halt diese Ruinen und du kannst es dir nicht vorstellen. Es sieht live noch viel krasser aus als im Film", betonte der fünffache WM-Medaillengewinner.
Olympia 2026 sollte eigentlich anders verlaufen - in der Bewerbung von Mailand und Cortina d'Ampezzo waren nachhaltige Spiele versprochen worden, die auf bereits existierende Sportstätten setzen.
Doch Neureuthers Doku zeigt - aus diesem Versprechen wird nichts.
Stattdessen wird etwa das Biathlon-Stadion in Antholz, in dem 2020 noch Weltmeisterschaften stattfanden, für Unsummen umgebaut, Cortina baut eine neue Bob-Bahn, anstatt die bestehende zu restaurieren, was selbst das IOC missbilligt. Nachhaltigkeit? Fehlanzeige.
Er habe mit seinem Film etwas Positives darstellen wollen, erzählte Neureuther - nach den Besuchen vor Ort und den Gesprächen mit Einheimischen sah das anders aus.
"Die Versprechen sind nicht eingehalten worden", betonte der dreifache Vater. Er erwarte "Spiele der weiten Wege", die Wettkampforte liegen teils über 400 Kilometer auseinander.
Prinzipiell freue er sich trotzdem auf Olympia, sagte Neureuther. Der Sport im Allgemeinen und Olympia im Speziellen hätten die Möglichkeit, Menschen Hoffnung zu geben, Emotionen zu wecken und Werte zu vermitteln. Dafür brauche es aber Veränderung.
Titelfoto: Michael Kappeler/dpa