Brisante ARD-Enthüllungen: Riesiger Skandal um Manipulation und Korruption im Fechten aufgedeckt?
Paris - Als die Wettkämpfe bei den Olympischen Sommerspielen in Paris am Sonntagabend vorbei waren, wartete die ARD Sportschau in ihrem Programm mit brisanten Enthüllungen auf. Das Team um Hajo Seppelt (61) ist womöglich einem großen Skandal auf der Spur, nämlich der Manipulation im Säbelfechten.
Zwei ehemalige deutsche Schiedsrichter und Trainer packen in der Dokumentation aus.
"Das ganze System ist darauf ausgerichtet, bei Olympia zu betrügen, weil Olympia die einzige Veranstaltung im Fechten ist, die irgendwie weltweit Aufmerksamkeit erregt. Und darauf läuft alles hinzu, deswegen wird schon am Unterbau alles so manipuliert, dass so wenig wie möglich dem Zufall überlassen wird", sagt Marcus Schulz (44), bis vor einem Jahr noch selbst als Schiedsrichter aktiv.
Vor rund einer Woche gingen Bilder um die Welt, die zeigten, wie der georgische Säbelfechter Sandro Bazadze (31) nach seinem verlorenen Gefecht auf eine Kampfrichterin bei den Olympischen Spielen in Paris losging.
Die Szenen sorgten weltweit für Entsetzen, doch steckt dahinter eine Manipulation im großen Stil, weshalb der Georgier die Nerven verlor? Er hatte den vermeintlichen Siegtreffer gesetzt, doch plötzlich erklärte das Kampfgericht den Ägypter Mohamed Amer (26) zum Sieger. Laut der Recherchen der ARD steckt dahinter ein System des Betrugs.
Schiedsrichter werden bewusst bestochen, selbst wenn sie kein Geld bekämen, stünde vorher fest, wer einen Kampf zu gewinnen habe.
Ex-Schiedsrichter Marcus Schulz berichtet von einem Bestechungsversuch durch einen Trainer
Joachim Wargalla (65), einst selbst Trainer und Kampfrichter, erklärt, wie das geht. "Das größte Problem ist, dass das Regelwerk so kompliziert geworden ist, dass es extrem interpretierbar ist und eben damit auch manipulierbar für den Kampfrichter. Ich kann heute in etwa 50 Prozent der Fälle, in denen beide Fechter aufeinander zustürzen und treffen, nicht entscheiden, weiß nicht, warum der Treffer so fällt."
Schulz, der schon bei einem US-Portal über die Machenschaften auspackte, berichtet selbst von einem Manipulationsversuch an seiner Person. Vor rund einem Jahr sei ein "gut vernetzter Trainer" zu ihm gekommen und habe ihm 5000 Euro geboten, wenn er "den oder den Fechter" gewinnen ließe.
"Ich habe natürlich gesagt: auf gar keinen Fall! Er meinte dann zu mir: Sei nicht naiv, versuchst Du jetzt ein guter Junge zu sein oder was, so wirst Du es nie nach oben schaffen, Du wirst nie ein Top-Kampfrichter werden. Entweder sprichst Du mit uns oder Du bist gegen uns."
Laut Wargalla sei nicht einmal Geld nötig, es werde mit Druck und Angst gearbeitet. "Der und der muss gewinnen und wenn er das nicht macht, verliert er möglicherweise seinen Job oder wird nicht mehr eingesetzt", seien Drohungen.
Joachim Wargalla fordert das Aus des Säbelfechtens bei Olympischen Sommerspielen
Der Fechtverband der USA warnte in einem brisanten Schreiben ebenfalls schon vor einem Jahr seine eigenen Athleten vor Korruption, drohte mit Sperren.
Joachim Wargalla fordert sogar das Aus des Säbelfechtens bei Olympia. "So lange das Säbelfechten in der Form manipulierbar ist, sollte es nicht im olympischen Programm weitergeführt werden", sagt er in der ARD.
Die Dokumentation deckt auch noch auf, dass der ehemalige Weltverbandsboss Alisher Usmanov (70), ein Usbeke mit russischem Pass, über Jahre geschätzte 80 Millionen US-Dollar (rund 73 Millionen Euro) weltweit in nationale Fechtverbände gepumpt, Funktionäre gefördert haben soll und somit ein Netz von weltweiten Abhängigkeiten in Verbänden schuf, auch mit großem Einfluss auf das Schiedsrichterwesen.
Zu Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine Anfang 2022 suspendierte er sich selbst als Weltverbandschef, soll im Hintergrund aber immer noch die Fäden ziehen.
Wargalla und Schulz hoffen, dass sich durch ihre Aussagen und die Dokumentation endlich etwas ändert, wenngleich sie laut Seppelt wüssten, dass nach dem Bericht "ein heißer Herbst auf sie zukommt".
Titelfoto: Bildmontage: IMAGO / Agencia-MexSport, IMAGO / Hoffmann