Obwohl er seine Freundin erschoss: Oscar Pistorius kommt vorzeitig aus dem Knast
Pretoria (Südafrika) - Obwohl er seine Freundin erschossen hat, kommt Paralympics-Sieger Oscar Pistorius (37) vorzeitig auf freien Fuß. Wie die südafrikanische Gefängnisbehörde am Freitag mitteilte, ist der ehemalige Sprint-Star ab dem 5. Januar kommenden Jahres ein freier Mann.
Es ist bereits das zweite Mal, dass der Südafrikaner die vorzeitige Entlassung aus der Haft beantragt hatte.
Pistorius ist wegen Totschlags an seiner Freundin Reeva Steenkamp (†29) seit November 2017 zu 13 Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt.
Am Valentinstag 2013 hatte er seine damalige Lebensgefährtin erschossen. Er soll mehrfach durch die Toilettentür in seinem Haus gefeuert haben.
Pistorius gab damals an, er habe einen Einbrecher vermutet und deshalb durch die Tür so viele Schüsse abgegeben.
Die Beweise sprachen aber gegen den Sprinter, der kurz zuvor bei den Olympischen Sommerspielen der Parasportler 2012 in London auf dem Höhepunkt seiner Karriere angekommen war.
Er siegte damals mit neu geschaffenen Karbon-Prothesen gleich sechsmal.
Reeva Steenkamp und Oscar Pistorius waren nicht einmal sechs Monate zusammen, als er sie erschoss
Was zu dem Totschlag an seiner Freundin führte, ist bis heute nicht geklärt.
Der Prozess hatte sich über mehrere Jahre hingezogen und war durch verschiedenen Instanzen gegangen. Als letzte entschied der Oberste Gerichtshof Südafrika im November 2017 auf die endgültige Strafe.
Davon hatte Pistorius in U-Haft dann aber schon einige Zeit verbüßt. Im Januar 2024 hat er die Hälfte seiner Haftstrafe abgesessen, weshalb er nach südafrikanischen Recht die Chance auf Bewährung hat.
Pistorius wurde am Freitag bei einer Anhörung des Bewährungsausschusses als "Ersttäter mit einem positiven Unterstützungssystem" eingestuft.
Oscar Pistorius: Mutter des Opfers wendet sich mit emotionalen Worten an den Bewährungsausschuss
Bereits im März hatte der ehemalige Sprinter einen Antrag gestellt, der wurde aber abgelehnt, da die Behörde der Auffassung war, dass die Hälfte seiner Haftstrafe noch nicht vorbei sei.
Zuletzt wurden Gerüchte laut, die Mutter des Opfers, June Steenkamp (77), habe den Weg für die Bewährung von Pistorius freigemacht, doch dem ist nicht so. Besonders tragisch: Ihr Mann Barry (†80) verstarb im September im Schlaf.
Mit bewegenden Worten wandte sie sich in einer Erklärung an den Bewährungsausschuss: "Rehabilitierung setzt voraus, dass sich jemand ehrlich mit der vollen Wahrheit seines Verbrechens und dessen Folgen auseinandersetzt. Niemand kann behaupten, Reue zu empfinden, wenn er nicht in der Lage ist, sich mit der Wahrheit auseinanderzusetzen."
Somit sei der Freund ihrer toten Tochter nicht rehabilitiert. Sie und ihre Familie müssen es jetzt emotional verkraften, dass der Mörder ihrer geliebten Reeva ab Januar ein freier Mann ist.
Originalfassung vom 24. November, 12.52 Uhr, aktualisiert um 13.12 Uhr.
Titelfoto: Siphiwe Sibeko/Pool Reuters/AP/dpa