Mutter des Opfers macht den Weg frei: Kommt Oscar Pistorius jetzt aus dem Gefängnis?
Johannesburg (Südafrika) - Knapp eine Dekade ist es her, als der Prozess um Oscar Pistorius (37) nicht nur die Sport-Welt in Atem hielt. Am Ende wurde der damalige Sprint-Superstar des Mordes an seiner Freundin Reeva Steenkamp (†29) schuldig gesprochen und in letzter Instanz zu 13 Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt. Seine Zeit im Gefängnis könnte aber bald vorzeitig zur Neige gehen.
Am kommenden Freitag wird der einstige Paralympics-Athlet im Zuge einer Anhörung vor dem zuständigen Bewährungsausschuss die Chance erhalten, seine Freilassung zu argumentieren, wie die südafrikanische Strafvollzugsbehörde der Associated Press mitteilte.
Bereits im März hatte Pistorius einen entsprechenden Antrag gestellt, der allerdings aufgrund eines Formfehlers abgelehnt wurde.
Schwere Straftäter müssen in Südafrika mindestens die Hälfte ihrer Haftzeit absitzen, bevor sie für eine Entlassung auf Bewährung in Frage kommen. Beim ersten Gesuch des ehemaligen Sportlers hatte das Gericht jedoch die verbüßte Periode während des Berufungsverfahrens gegen seine Verurteilung nicht mitgezählt.
Seine Anwälte zogen daher vors oberste Verfassungsgericht - und das mit Erfolg. Eine Garantie auf vorzeitige Freilassung bei der errungenen Anhörungen gibt es aber nicht.
Allerdings haben sich seine Chancen noch aus einem anderen Grund verbessert. Laut einem Bericht der britischen Daily Mail wird June Steenkamp (77), die Mutter des Opfers, nämlich keine Einsprüche gegen ein mögliches Entlassungsurteil des Ausschusses erheben.
June Steenkamp will die Entscheidung des Berufungsausschusses respektieren
Die 77-Jährige hat in der Vergangenheit keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegen den Mörder ihrer Tochter gemacht und gemeinsam mit ihrem mittlerweile verstorbenen Ehemann stets darauf bestanden, dass Pistorius seine gesamte Strafe absitzt.
Sollte der Bewährungsausschuss entscheiden, dass der Ex-Sprinter bereit für seine Freilassung ist, möchte sie demnach nun aber trotzdem nicht dagegen vorgehen.
Am Valentinstag 2013 hatte der Athlet seine damalige Lebensgefährtin Reeva durch die Badezimmertür seines Hauses in Pretoria erschossen. Pistorius beteuerte in der Folge, dass er das südafrikanische Model für einen Einbrecher gehalten habe.
Dennoch wurde er im Oktober 2014 zunächst wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Später widerrief ein Berufungsgericht die Entscheidung und sprach ihn wegen Mordes schuldig.
Zum Zeitpunkt der Tat gehörte Pistorius zu den berühmtesten Sportlern der Welt und wurde in seiner Heimat als Nationalheld gefeiert. Aufgrund einer Fehlbildung mussten ihm wenige Monate nach der Geburt beide Beine unterhalb der Knie amputiert werden.
Mit speziell angefertigten Prothesen aus Karbon erlief der "Blade Runner" im Laufe seiner Karriere dennoch zahlreiche Goldmedaillen bei den Paralympischen Spielen und mehrere Weltrekorde.
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