Tim Wiese gegen Werder Bremen: Ex-Profi und Verein streiten vor Gericht
Bremen - Wer sagt die Wahrheit? Der frühere Fußball-Nationaltorhüter Tim Wiese (41) hat vor Gericht bestritten, sich im Weserstadion rassistisch geäußert zu haben.
"Diese Vorwürfe sind ungeheuerlich", sagte sein Verteidiger am Montag vor dem Landgericht Bremen. Werder Bremen hatte gegen seinen ehemaligen Torwart ein Stadionverbot bis zum Ende des Jahres verhängt. Das will Wiese vor Gericht abwenden - am ersten Verhandlungstag allerdings ohne Erfolg.
Zum Verhängnis wurde Tim Wiese ein Stadionbesuch beim Heimspiel gegen Bayer Leverkusen Mitte März. Eine Servicekraft schilderte vor Gericht, wie sie an dem Tag mit einem Tablett in der Hand an Tim Wiese und einem anderen Mann vorbeigegangen sei. "Ich habe ihn gleich erkannt, weil ich auch ein Fan von ihm bin", sagte die 20-Jährige.
Dabei habe sie gehört, dass Wiese sie wegen ihrer Hautfarbe beleidigt habe. "Das hat mich tatsächlich sehr getroffen." Sie habe nach Schichtende ihrem Vorgesetzten davon berichtet und sich erst im Gespräch mit ihrer Mutter wieder beruhigen können.
An demselben Tag berichtete eine andere Servicekraft von rassistischen Witzen in der Loge, in der sich auch der ehemalige Torwart aufgehalten habe. "Ich war außer mir und war völlig geschockt", sagte die Schülerin vor Gericht. Ob Tim Wiese selbst sich rassistisch geäußert habe, könne sie allerdings nicht mehr mit Sicherheit sagen.
Tim Wiese bestreitet rassistische Äußerungen im Weserstadion
Werder reagierte mit einem Stadionverbot gegen den ehemaligen Torhüter, der für Bremen zwischen 2005 und 2012 insgesamt 266 Pflichtspiele absolvierte. "Der Verein konnte gar nichts anderes tun", argumentierte ein Anwalt von Werder Bremen. Schon in der Vergangenheit hatte sich der Verein von Wiese distanziert, weil er Kontakt zur rechten Szene gehabt haben soll.
Wiese wehrt sich gegen die Vorwürfe - insbesondere gegen die mutmaßliche Beleidigung der Schwarzen. "Er hat sofort gesagt: Das war ich nicht, das habe ich nicht getan", betonte sein Verteidiger. Das Stadionverbot gegen seinen Mandanten sei willkürlich. Auch rassistische Witze in der Loge habe er nicht gehört und "auch sicher nicht gesagt", betonte Wiese selbst vor Gericht.
Seine 17-jährige Tochter, der Mieter der Loge und ein Freund bekräftigen die Aussage - sie hätten während des gemeinsamen Stadionbesuchs keine rassistischen Äußerungen mitbekommen. "Ich weiß auch nicht, warum Werder versucht, Tim Wiese in die rechte Ecke zu drängen", sagte einer der Zeugen.
Am 13. Dezember will das Gericht mitteilen, wie es in dem Prozess weitergehen soll. Weitere Zeugen könnten erst Anfang kommenden Jahres gehört werden. Dann wäre das Stadionverbot gegen Tim Wiese ohnehin ausgelaufen - und es ginge nur um das Prinzip und die Kosten des Verfahrens.
Erstmeldung, 20. November, 14.18 Uhr; Update, 20. November, 16.06 Uhr.
Titelfoto: Sina Schuldt/dpa