VfB-Zukunftspapier von Steiger provoziert Missmut der Vereinsmitglieder
Stuttgart - Pierre-Enric Steiger (49), der bei der Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart am 18. Juli neben Amtsinhaber Claus Vogt (51) zum Vereinspräsidenten gewählt werden will, hat am Freitag sein bereits angekündigtes Zukunftspapier veröffentlicht. Das kam allerdings nicht besonders gut an.
In dem Dokument, das auf der von Steiger eingerichteten Seite wir-fuer-den-vfb.de abrufbar ist, präsentiert der 49-Jährige unter anderem seine Gedanken dazu, wie die Mitglieder des VfB Stuttgart 1893 e. V. in Zukunft mehr Mitspracherecht bei der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft haben könnten.
Steiger möchte mittels einer Satzungsänderung eine sogenannte Vertreterversammlung einrichten. Dieses Gremium soll aus Vereinsmitgliedern (eines pro 1.000 Mitgliedern), die durch die Mitgliederversammlung gewählt werden, sowie dem Vereinspräsidium bestehen.
Bei der aktuellen Mitgliederzahl des VfB Stuttgart würden dieser Vertreterversammlung 72 Menschen angehören, die über jeden in der Hauptversammlung der AG abzustimmenden Punkt im Vorfeld bereits ein Votum abgeben.
Dieses Votum soll für die Präsidiumsmitglieder des Vereins bindend sein, wenn sie in der Hauptversammlung - in der unter anderem Budgets bestimmt und Strategien festgelegt werden - von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen.
Außerdem bringt Pierre-Enric Steiger einen Vorschlag ein, wie die Sitzverteilung der Mitglieder im Aufsichtsrat der AG künftig aussehen könnte. "Der Verein wird nach meinen Vorstellungen mit seinen Mitgliedern, Mitarbeitern der AG und dem Fan-Ausschuss immer die Sitzmehrheit im Aufsichtsrat besetzen können", heißt es.
VfB-Fans und Mitglieder wittern Gefahr: Verliert der der Verein die Kontrolle über die AG?
Doch wie unter anderem der VfB-Fan Bertram Ö. (@martin_scarf) auf Twitter in einem Thread aufzeigt, offenbart Steigers Vorschlag Schwächen.
Das erste Problem: Sollten neben Hauptsponsor Daimler (hält aktuell 11,75 Prozent der AG) noch weitere Anteile verkauft werden (insgesamt maximal 24,9 Prozent), würden diese Investoren vier der auf zwölf aufgestockte Sitze des Aufsichtsrats besetzen. Das würde einer Beteiligung von 33 Prozent entsprechen, also mehr, als sie eigentlich Anteile halten.
Außerdem bekommt Daimler als Hauptsponsor einen Extra-Sitz, womit insgesamt starke 41,6 Prozent der Sitze an die Geldgeber entfallen würden.
Da zwei weitere Sitze durch einen AG-Mitarbeiter und durch einen Vertreter des Fanausschusses besetzt werden sollen, würden für den e. V. - der derzeit 88,25 (!) Prozent an der AG hält - nur fünf Sitze übrig bleiben.
Eine Vielzahl von VfB-Fans und -mitgliedern wittert im Netz deshalb die Gefahr, dass der eingetragene Verein nach Steigers Vorstellungen die Kontrolle über die AG verlieren könnte. Außerdem würde die Vertreterversammlung das direkt gewählte Vereinspräsidium entwerten, so einige Meinungen.
"Steiger verkörpert mit seinem Konzept genau den Präsidenten, den sich der Ankerinvestor nur wünschen kann. Von Mitgliederrechten sprechen, diese aber kurzerhand komplett abschaffen", twitterte beispielsweise der Fan "DannyDan1893".
Aus vielen weiteren Reaktionen geht hervor, dass die Mitglieder in dem 49-jährigen Präsidentschaftskandidaten eine Marionette des in Vereinskreisen weitestgehend unbeliebten Daimler-Personalvorstands Wilfried Porth (62) sehen, der selbst im Aufsichtsrat der VfB AG sitzt und offenkundig ein Gegner des Vereinspräsidenten Claus Vogt ist.
Titelfoto: Hans-Martin Fischer