Erst Rauch-Protest, dann spätes Spektakel: Stuttgart gibt Zwei-Tore-Führung aus der Hand!
Stuttgart - Von wegen Friede, Freude, Eierkuchen! Die Stimmung bei den Fans des VfB Stuttgart ist auf dem Siedepunkt und dürfte am Sonntag kaum besser geworden sein. Im Schwaben-Derby gegen den 1. FC Heidenheim protestierten sie mit dicken Rauchschwaden, ehe ihre Mannschaft eine Zwei-Tore-Führung aus der Hand gab und gerade so noch einen Punkt rettete.
Innerhalb von nicht einmal 120 Sekunden riss Tim Kleindienst den Hausherren in der MHP-Arena den bereits sicher geglaubten Sieg aus der Hand.
Zunächst half Stuttgarts Keeper Alex Nübel beim Stand von 2:0 für den VfB mit einem dicken Bock sowie Eigentor mit, als er einen Kopfball des FCH-Stürmers schon gefangen hatte, dann aber über die Linie kullern ließ (62).
Eigentlich war der VfB da trotzdem noch in der Spur, doch kurz vor dem Ende kam es knüppeldick. In der 84. Minute drückte Kleindienst nach Beste-Flanke nämlich den Ausgleich ein und nur Momente später köpfte er den Aufsteiger auch noch in Front (85.).
Als alles schon auf einen Heidenheimer Sieg hindeute, holte sich Nikola Dovedan einen fragwürdigen Platzverweis ab (90.+6), was von Neu-Nationalspieler Deniz Undav in der letzten Aktion des Duells mit dem dramatischen Treffer zum 3:3-Endstand bestraft wurde.
Das hitzige Ende des Derbys wurde dabei bereits von einem feurigen Beginn eingeläutet. Zehn Minuten herrschte in der eigentlich so stimmungsvollen Cannstatter Kurve bedächtiges Schweigen, dann drückten die Ultras ihren Unmut mit dunkel qualmender Pyrotechnik aus.
Fans des VfB Stuttgart protestieren gegen Investoren
Mit dem Geschehen auf dem Rasen hatte das allerdings nur wenig zu tun. Bereits im Vorfeld der Bundesligapartie riefen die VfB-Ultras in Flyern zu der Aktion auf, verteilten diese laut den Stuttgarter Nachrichten auch direkt vor dem Stadion und baten um das Erscheinen in schwarzer Kleidung.
Es gehe um "gebrochene Versprechen", die bei der Ausgliederung 2017 gegeben worden seien. "Für uns ist klar, dass wir uns nicht ohne Widerstände verkaufen und verraten lassen", hieß es demnach in dem Info-Blatt. Gefordert werde nicht weniger als der Rücktritt des gesamten Präsidiums.
Konkret geht es um einen Machtkampf zwischen dem Stammverein um Präsident Claus Vogt und der AG um Investor Porsche. Jüngst wurde der 54-jährige Unternehmer als Vorstandsvorsitzender der ausgegliederten AG abgewählt, die Tanja Gönner an seiner Stelle einsetzte.
Die AG-Mehrheit will diese Entscheidung nun aber nicht von einer Mitgliederversammlung absegnen lassen. Das sei 2017 zwar versprochen, aber nicht in der Satzung verankert worden. Die aktive Fan-Szene steht daher hinter Vogt und befürchtet eine Untergrabung der 50+1-Regel.
Fußballerisch ging es aus Stuttgarter Sicht zunächst versöhnlicher zu. Top-Torjäger Serhou Guirassy netzte kurz vor der Halbzeit nach Querpass von Angelo Stiller locker zum 1:0-Pausenstand ein (41.) und unmittelbar nach dem Seitenwechsel stellte der gerade noch assistierende Mittelfeldmann zudem auf 2:0 (53.).
Anschließend nahm das späte Spektakel seinen Lauf.
Erstmeldung von 18.16 Uhr, zuletzt aktualisiert 19.39 Uhr.
Statistik zum Bundesliga-Spiel zwischen dem VfB Stuttgart und dem FC Heidenheim
Bundesliga, 27. Spieltag
VfB Stuttgart - 1. FC Heidenheim 3:3 (1:0)
VfB Stuttgart: A. Nübel - Vagnoman (88. Jeong), Anton, H. Ito (88. Stenzel), M. Mittelstädt - Dahoud (68. Karazor), Stiller - Millot (67. Leweling), Führich (72. Katompa Mvumpa) - Undav, Guirassy
1. FC Heidenheim: K. Müller - Traoré (84. Busch), Mainka, Gimber, Föhrenbach - Theuerkauf (70. K. Sessa), Schöppner - Dinkci, Pieringer (70. Dovedan), Beste (90. Maloney) - Kleindienst
Schiedsrichter: Felix Zwayer (Berlin)
Zuschauer: 60.000 (ausverkauft)
Tore: 1:0 Guirassy (41.), 2:0 Stiller (53.), 2:1 A. Nübel (62./Eigentor), 2:2 Kleindienst (84.), 2:3 Kleindienst (85.), 3:3 Undav (90.+8)
Gelbe Karten: Anton (5) / -Rote Karten: - / Dovedan (90.+6/grobes Foulspiel)
Titelfoto: Tom Weller/dpa, IMAGO / eu-images