Wasserwerfer, Dynamo-Stadion als Festung: So viel Polizei habe ich noch nie gesehen

Dresden - Der 16. Mai 2021, es ist 12.36 Uhr, als ich aus Richtung Bahnhof kommend in die Lennéstraße fahre. P1 wurde den Medien zugewiesen, der Parkplatz am Arnholdbad. Der ist am anderen Ende des Stadion. Ich zücke meinen Presseausweis, der erste Polizist lässt mich durch, der zweite nicht mehr.

Thomas Nahrendorf - hier noch vor Corona im Einsatz - berichtet für die Morgenpost und TAG24 von und über Dynamo.
Thomas Nahrendorf - hier noch vor Corona im Einsatz - berichtet für die Morgenpost und TAG24 von und über Dynamo.  © Montage: privat, PR

"Ich möchte gern zum P1, unserem Parkplatz", sage ich. "Geht nicht", wird mir gesagt und mein Ausweis mitgenommen. Ich zeige die Mail des Vereins, diesmal nicht P2, sondern P1 nehmen. P2 ist voll, da sehe ich einen Wasserwerfer.

"Ob du hier durchkommst, entscheidet nicht der Verein, sondern wir", bekomme ich zur Antwort. Auf meine Bitte, mich nicht zu duzen, bekomme ich mal kurzerhand einen dummen, giftigen Spruch vor den Latz geknallt.

Auf mein "Wie bitte?, kommt ein "Nichts". Ich darf weiterfahren, muss einem Beamten aber im Schritttempo hinterher. Er begleitet mich gehend zum P1, dort gibt's den Ausweis zurück.

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Als ich durchs Spalier fahre, denke ich: Derart viel Polizei habe ich noch nie gesehen, das Stadion ist komplett abgeriegelt.

Ich erinnere mich an den 13. März. Da spielte Dynamo Dresden gegen Saarbrücken, zur gleichen Zeit fanden Jagdszenen auf der Wiese hinter unserer Redaktion statt.

Die an dem Tag verbotene Querdenker-Demo scherte sich nicht ums Verbot, quer Denkende jagten Polizisten. Da hätte ich mir so viele Beamte gewünscht.

Schiri Thorben Siewers fassungslos

Bei den Ausschreitungen am Harbig-Stadion setzte die Polizei auch Wasserwerfer ein.
Bei den Ausschreitungen am Harbig-Stadion setzte die Polizei auch Wasserwerfer ein.  © Picture Point / Gabor Krieg

Während der 90 Minuten bekommen wir alle nicht so viel davon mit, was draußen passiert. Man hört es krachen und zischen, die ersten Fotos laufen ein.

Dynamo gewinnt 4:0, der Aufstieg ist perfekt. Bierduschen, eine Pizza-Orgie auf dem Rasen, Pressekonferenz, ab in die Redaktion - denkste.

Es ist kurz vor 17 Uhr: P1 ist abgeriegelt. "Wir haben die Durchsage, Sie können erst 18 Uhr herum weg", so die Security auf dem Parkplatz. Der ist voller wartender Medienvertreter und VIPs, das Schiedsrichtergespann ist da.

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"Ich habe schon viele Spiele gepfiffen, aber das habe ich noch nicht erlebt", höre ich Schiri Thorben Siewers sagen.

Er steht fassungslos da. Ich mit ihm. Neben, vor und hinter uns werden immer wieder Verletzte vorbeigetragen. Manche mit glühend roten Augen, andere auch einfach nur völlig betrunken.

An den Polizeibussen werden Menschen festgehalten oder sitzen auf dem Boden. Nur wenige Meter von uns tobt der Mob, es wird gebrüllt, es ist laut, es scheppert. Silvester-Raketen sind zu hören, ebenso Ansagen der Polizei. Ich gehe wieder ins Stadion, das ist mir zu gefährlich, was hier einige veranstalten. Das ist pervers - und da wird hoffentlich nicht nur geredet im Nachgang, sondern gnadenlos gehandelt!

18.09 Uhr verlasse ich P1, fahre los. Immer noch säumen Anhänger den Straßenrand, einer torkelt an einer Kreuzung vor mein Auto, stützt sich an der Motorhaube ab. Es ist das blanke Unwohlsein. Ein trauriger Aufstieg.

Titelfoto: Picture Point / Gabor Krieg

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