Vorfälle rund um Dynamo-Aufstieg: Hooligan-Tourismus mitten in Dresden?
Dresden - Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein! Fliegt keiner? Richtig! Jeder, der am Sonntag beim Aufstieg von Dynamo Dresden und den hässlichen, ja menschenverachtenden Ausschreitungen in Verantwortung stand, hat nicht zu 100 Prozent richtig gehandelt.
Sonst wären es nicht dazu gekommen. Mit dem Finger auf den jeweils anderen zu zeigen, ist verkehrt. Alle müssen an einen Tisch und das Desaster auswerten. TAG24 versucht Fragen zu beantworten.
Dynamo hielt sich bis Montagabend bedeckt. Gegen 22 Uhr kam die Stellungnahme. Was steht drin?
Der Verein reagierte wie alle entsetzt, entschuldigte sich bei den Verletzten, will die Aufarbeitung fortsetzen: "Dabei geht es auch um die Kommunikation sowie Verhältnismäßigkeit der Gefahrenabwehr vor und während des Spieltags, um zu verstehen, wie aus der zunächst friedlichen Ansammlung von Dynamo-Fans erst eine kollektive Enthemmung und im weiteren Verlauf extreme Eskalation entstehen konnte", so die Geschäftsführer Ralf Becker (50) und Jürgen Wehlend (55).
Welche Ideen hatte Dynamo im Vorfeld?
Der Verein wollte, das alles so läuft wie im Vorjahr nach dem Abstieg. Dass die Fans nach Spielende ans Stadion kommen, die Mannschaft sich kurz zeigt und wieder geht. Das hätte, so der Verein, schon viel Druck aus dem Ganzen genommen. Das lehnten Stadt und Gesundheitsamt mit Blick auf die Corona-Schutz-Verordnung ab. Es habe auch die Gefahr bestanden, das Stadion durch das Mundloch zu stürmen. Die zweite Idee war, die Mannschaft auf zwei Doppelstockbusse aufzuteilen, einmal die Lennéstraße hoch und runter zu fahren. Die Busse standen schon da, ohne die Ausschreitungen wäre es auch so gelaufen. 20 Minuten vor Spielschluss cancelte die Polizei die Aktion. Verständlich.
Hooligans aus dem ganzen Osten und auch aus dem Ruhrgebiet waren unter den Randalierern
Waren bei den 500 gewaltbereiten "Fans" nur Dresdner dabei?
Nein! Nach TAG24-Infos waren Hooligans aus dem ganzen Osten und mindestens auch aus dem Ruhrgebiet nach Dresden gekommen, um die durchaus als organisiert zu bezeichnenden Randale anzuzetteln. Szenekundige Beamte sprachen von "Hooligan-Tourismus".
Warum durften die Fans nicht ins Stadion?
Hermann Winkler (58), Präsident des NOFV, erklärte am Abend der Ausschreitungen, man wäre den Fans im Stadion besser Herr geworden. Dort hätte man sie leiten und ordnen können. Dynamo hat ein perfektes Hygienesystem, das gegen den HSV und Magdeburg im Spätsommer funktionierte. Die Idee gab es im Vorfeld tatsächlich. Aber die zu diesem Zeitpunkt noch gültige bundesweite Corona-Schutz-Verordnung verhinderte dies. Außerdem: Für Samstag verboten Stadt und Polizei die Querdenkerdemos, da wäre ein volles Stadion einen Tag später Wasser auf die Mühlen aller Querdenker gewesen.
Muss Dynamo den Polizeieinsatz zahlen und ist Strafe durch den DFB zu erwarten?
Zweimal ein klares Nein. Die Ausschreitungen passierten im öffentlichen Raum und nicht im Stadion. Dynamo hat außerhalb des Stadions keine Handhabe und steht nicht in Verantwortung - wenn überhaupt, dann moralisch.
Titelfoto: dpa/Sebastian Kahnert