Ex-Dynamo Andersen: Erstliga-Zeit mit Dresden und Nationalcoach in Nordkorea

Von Jürgen Schwarz

Dresden/Regensburg - Was macht eigentlich Jörn Andersen, der erste ausländische Bundesliga-Torschützenkönig? Der 57 Jahre alte Norweger wartet zu Hause in Regensburg auf das Ende der Corona-Krise und ein neues Angebot als Trainer. 

So stellt man sich Norwegen vor: Jörn Andersen (r.) beim Heimaturlaub mit seinen Kumpels.
So stellt man sich Norwegen vor: Jörn Andersen (r.) beim Heimaturlaub mit seinen Kumpels.  © privat

Bis April 2019 coachte er den südkoreanischen Erstligisten Incheon United FC.

Als Spieler bestritt Andersen 243 Bundesligapartien und erzielte 68 Tore. Seine letzten sieben Erstligaspiele absolvierte er 1995 für Dynamo Dresden

Horst Hrubesch hatte Andersen vor 25 Jahren vom Hamburger SV geholt, doch der Goalgetter konnte die Erwartungen nicht erfüllen. 

Einsatzzeiten schon jetzt verdoppelt: Unter Stamm boomt der Dynamo-Nachwuchs!
Dynamo Dresden Einsatzzeiten schon jetzt verdoppelt: Unter Stamm boomt der Dynamo-Nachwuchs!

Nach dem Abstieg wechselte Andersen zum FC Zürich. "Ich denke aber, ich wäre in Dresden geblieben, hätten wir die Lizenz für die zweite Liga bekommen. So aber war mein Vertrag ungültig." 

Die Stadt hat Andersen bisher nicht wieder besucht, "ich war meistens viel zu weit weg". Aber Andersen hat die historischen Bauten an der Elbe immer noch in Erinnerung. 

"Eine Stadt mit viel Kultur, großer Geschichte und netten Menschen. Das habe ich in dem halben Jahr gespürt." Für Norwegen bestritt er 27 Länderspiele. 

Sein Auswahldebüt gab er in Frankfurt (Oder) in einem Freundschaftsspiel gegen die DDR (0:1).

Fußballfans: Jörn Andersen mit seiner Tochter Lisa.
Fußballfans: Jörn Andersen mit seiner Tochter Lisa.  ©  privat

Jörn Andersen verliebte sich Hals über Kopf in seine heutige Frau Ulla

Jörn Andersen trainierte zuletzt Incheon United FC in Südkorea.
Jörn Andersen trainierte zuletzt Incheon United FC in Südkorea.  © privat

Andersen wuchs in Fredrikstad im äußersten Südosten Norwegens auf. 

Seine Mutter war eine bekannte norwegische Handball-Nationalspielerin, die an drei Weltmeisterschaften teilnahm.

Ab 1985 stürmte Andersen in Deutschland für den 1. FC Nürnberg, lernte in der zweitgrößten Stadt Bayerns seine Frau Ulla kennen.

Rückkauf des Dynamo-Fanshops bahnt sich an: Nächste MV schon im Januar?
Dynamo Dresden Rückkauf des Dynamo-Fanshops bahnt sich an: Nächste MV schon im Januar?

"Sie arbeitete damals bei Mercedes Benz an der Annahme. Als ich mein Auto zum Service vorbeibrachte, war es passiert. 1988 haben wir geheiratet, unsere Kinder Niklas und Lisa sind jetzt 31 beziehungsweise 28."

Andersen wechselte später zu Eintracht Frankfurt, spielte für die Hessen zwei Jahre und wurde 1990 mit 18 Treffern als erster Ausländer Bundesliga-Torschützenkönig.

Anschließend stürmte er für Fortuna Düsseldorf, bevor er im September 1991 nach Frankfurt zurückkehrte. 

"Wir spielten mit der Eintracht bis zum letzten Tag um den Meistertitel mit", erzählt Andersen, der mit neun Toren entscheidenden Anteil am Höhenflug hatte.

Jörn Andersen wurde beim 1. FSV Mainz 05 der Nachfolger von Jürgen Klopp

Daumen hoch: Jörn Andersen (r.) mit seiner deutschen Frau Ulla und einem Freund.
Daumen hoch: Jörn Andersen (r.) mit seiner deutschen Frau Ulla und einem Freund.  © privat

"Doch am letzten Spieltag folgte die riesengroße Ernüchterung. Wir verloren bei Absteiger Hansa Rostock mit 1:2 und verspielten den Titel."

Beim FC Luzern beendete Andersen mit 37 seine Karriere und startete seine Trainer-Laufbahn. Er war Coach von Rot-Weiß Oberhausen, verpasste den Bundesliga-Aufstieg mit seiner Mannschaft um einen Punkt.

Es folgten Stationen in Mönchengladbach und Offenbach, ehe er 2008 Nachfolger von Jürgen Klopp beim 1. FSV Mainz 05 wurde.

"Wir stiegen in die Bundesliga auf und erreichten das Pokalhalbfinale." Es folgten Trainerjahre bei AE Larisa (Griechenland), dem Karlsruher SC und Austria Salzburg.

Im Mai 2016 begann für den Norweger, der seit 1993 im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, ein Abenteuer. 

"Ich übernahm die Nationalmannschaft Nordkoreas. Eine Münchner Agentur hatte den Job vermittelt. Zuvor war ich mehrfach zu Gesprächen in Pjöngjang. Es gab wohl weitere fünf Trainer-Kandidaten."

Jörn Andersen genoss in Nordkorea Privilegien

Opa Jörn mit Enkelin Lykke.
Opa Jörn mit Enkelin Lykke.  © privat

Die Bedenken des Deutsch-Norwegers, in einem Land zu arbeiten, das von Diktator Kim Jong-un und zuvor seinem Vater lange Zeit nahezu abgeschottet wurde, zerstreuten sich schnell.

"Ich fühlte mich dort nicht eingesperrt, das Politische habe ich ausgeblendet." Kommuniziert wurde mit den Spielern auf Englisch und mit Hilfe eines Übersetzers.

Auszustehen hatte Andersen nichts. Mit seiner Frau lebte er im Hotel "Koryo" in Pjöngjang, einer der besten Adressen in der Hauptstadt des kommunistischen Landes.

Es gehörte zum Privileg der Andersens, dass sie im Hotel Internet nutzen und internationale Fernsehsender schauen konnten.

Im Juni 2018 ging es für Ulla und Jörn Andersen dann von Nord- nach Südkorea! Beim Erstligisten Incheon United FC arbeitete der einstige Torjäger bis zum April 2019, wurde beurlaubt.

"Wir fühlten uns dort sehr wohl, es war ein Leben wie in Europa. Wir wären gern länger geblieben." Als Trainer möchte Andersen noch ein paar Jahre im Geschäft bleiben, "und wenn wir alt sind, kehren wir eines Tages vielleicht in mein Heimatland Norwegen zurück".

Steckbrief von Jörn Andersen

Im Oktober 1994 war Ralf Minge bei Dynamo der Trainer von Jörn Andersen.
Im Oktober 1994 war Ralf Minge bei Dynamo der Trainer von Jörn Andersen.  © imago images/Dehli-News
  • Geboren: am 3. Februar 1963 in Fredrikstad.
  • Erster Verein: Ostsiden IL (Norwegen)
  • Spieler bei Dynamo: von 1994 bis 1995 (sieben Bundesligaspiele/kein Tor)
  • Größte Erfolge: Torschützenkönig in Norwegen (1985) und in der Bundesliga 1990 (Eintracht Frankfurt). 
  • 27 Länderspiele für Norwegen. 
  • Pokalsieger 1984 mit Fredrikstad FK (Norwegen). 
  • Bundesliga-Dritter mit Eintracht Frankfurt (1990, 1992). 
  • Als Trainer Bundesliga-Aufstieg mit dem 1. FSV Mainz (2009).

Titelfoto: imago images/Dehli-News

Mehr zum Thema Dynamo Dresden: