Gute Seele Grahé ist mehr als "nur" Dynamo Dresdens Athletik-Coach

Dresden - Hauptberuflich Athletiktrainer, letztlich aber so viel mehr. Matthias Grahé (54) geht bei Dynamo Dresden in sein fünftes Jahr. Spieler und Fans schätzen den gebürtigen Bad Muskauer auch für seine Leidenschaft und seine Menschlichkeit. TAG24 hat mit ihm gesprochen.

Matthias Grahé (54) erwischt man eigentlich fast immer gut gelaunt.
Matthias Grahé (54) erwischt man eigentlich fast immer gut gelaunt.  © Max Patzig

TAG24: Herr Grahé, zuletzt gab es wenig freie Tage. Was machen Sie, wenn Sie mal frei haben?

Matthias Grahé: "Ich bin gerne in Bad Muskau bei meinen Eltern, wo noch immer mein Lebensmittelpunkt ist. Dort bin ich geboren, dort habe ich habe die Schule besucht und meine Ausbildung gemacht. Das ist Heimat für mich."

TAG24: Sie gehen in Ihr fünftes Jahr bei der SGD. Sind Sie überrascht, dass es "erst" vier Jahre sind?

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Grahé: "Fußball ist nie berechenbar, du kannst deine Arbeit so gut wie möglich machen, über die Verweildauer in einem Verein entscheiden meist andere. Ich bin stolz, dass ich hier bei Dynamo, inzwischen ins fünfte Jahr gehen darf. Das liegt sicherlich nicht an meinem Namen oder meinen grauen Haaren. Ich denke ich mache einen ganz guten Job und zwischen den Jungs und mir herrscht eine gute Chemie. Die Mischung macht es wohl. In den vier Jahren ging es hoch und runter, man hat vieles mitgemacht, mir kommt es tatsächlich auch schon länger vor."

TAG24: Waren sie jemals bei einem Klub länger?

Grahé: "Wenn die Serie zu Ende ist, war ich nie länger bei einem Verein. Die Arbeit im Trainerteam macht einfach großen Spaß und wir begegnen uns auf Augenhöhe, auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind. Es geht immer nur darum, die Spieler an ihr maximales Leistungspotenzial zu bringen."

TAG24: Über Sie hört man nur lobende Worte, Sie haben auch immer ein Lachen im Gesicht. Sind Sie stets gut gelaunt?

Grahé: "Ja, bin ich. Ich habe auch mal schlechte Tage und Sorgen, wie jeder andere auch. Aber wenn ich die Akademie betrete, dann will ich für Dynamo das Bestmögliche rausholen. Dafür braucht es Professionalität, ohne aufgesetzt zu sein."

Der Athletik-Coach überzeugt bei Dynamo Dresden auch mit Menschlichkeit

Im Spiel schießt der Athletik-Coach (h.) auch mal über das Ziel hinaus und kassiert dafür eine Verwarnung.
Im Spiel schießt der Athletik-Coach (h.) auch mal über das Ziel hinaus und kassiert dafür eine Verwarnung.  © imago/Steffen Kuttner

TAG24: An der Außenlinie fiebern Sie intensiv mit, motivieren und provozieren auch mal...

Grahé: "Da habe ich einfach auch die rosarote Brille auf und ich will, dass die Spieler ihr Maximum geben. Ich bin so, ich bin emotional, manchmal vielleicht auch ein bisschen drüber und nicht immer das Vorbild an Disziplin, wenn ich an der Außenlinie stehe. Da geht mir einfach das Herz auf und dann will ich auch nicht, dass die Jungs umgehauen werden."

TAG24: Was verhagelt Ihnen die Laune?

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Grahé: "Ich kann wirklich schlecht verlieren. Das ist eine negative Grundeigenschaft von mir. Meppen hat mich vier Tage lang beschäftigt. Man musste ja auch noch mal funktionieren, aber wenn es das letzte Spiel gewesen wäre, hätte ich meiner Frau wohl den Urlaub versaut. Ich versuche auf Arbeit immer 110 Prozent zu geben, da fällt es mir schwer, mich mit vermeidbaren Niederlagen abzufinden. Ich kritisiere mich da aber eher selbst. Da fragt man sich schon, ob man die ganze Woche alles richtig gemacht hat. Es steht mir nicht zu, das Fußballerische zu bewerten, die Spiele sind aber für mich der Höhepunkt der Woche."

TAG24: Mann nennt Sie gern mal Vaterfigur, Vorbild, Motivationscoach. Sie sollen ein guter Zuhörer und Psychologe sein. Passt das?

Grahé: "Damit kann ich mich gut identifizieren. Wir haben viele Spieler, die ungefähr das Alter meines Sohnes haben. Für die und alle anderen versuche ich schon ein guter Zuhörer zu sein. Das kann ein Vater aber auch ein guter Freund sein, ich habe in meinen 55 Jahren auch so einiges erlebt. Das war nicht immer alles gut, der ein oder andere Mist war auch noch dabei. Ich glaube schon, dass ich daher ein guter Ratgeber bin und auch mal eine psychologische Stütze sein kann."

Gesundheit als wichtigstes Gut: Im Trainingslager arbeitete Matthias Grahé (54, r.) intensiv mit Kyrylo Melichenko (24, l.).
Gesundheit als wichtigstes Gut: Im Trainingslager arbeitete Matthias Grahé (54, r.) intensiv mit Kyrylo Melichenko (24, l.).  © Max Patzig

Dynamo Dresdens Spieler trainieren bereits fleißig im Urlaub

Auch beim Dauerlauf verliert Matthias Grahé (54, l.v.) sein Lachen nicht.
Auch beim Dauerlauf verliert Matthias Grahé (54, l.v.) sein Lachen nicht.  © Lutz Hentschel

TAG24: Was im Leben hat Sie am meisten geprägt?

Grahé: "Eigentlich fast alles im Leben. Cottbus hat mich geprägt, weil es meine erste Station war. Da habe ich die Spieler von Eduard Geyer quasi wieder aufgepäppelt. Das war schon eine besondere Zeit, am Ende war aber nicht alles gut und ich hatte für einen Trainer danach wohl zu viel Nähe zu den Spielern und wurde von heute auf morgen vom Hof gejagt. Das hat mich schwer getroffen. Dagegen wurde ich in Rumänien komplett geerdet."

TAG24: Wie das?

Grahé: "Dort habe ich Menschen kennengelernt, die 350 bis 500 Euro brutto im Monat verdient haben und trotzdem noch das wenige, was sie hatten, geteilt haben. Die waren so stolz, dass wir da sind. Die Bescheidenheit und die Demut der Leute habe ich nie wieder erlebt. Wir sind im Fußball schon sehr privilegiert und dieser Abschnitt hat mich wieder klarer sehen lassen."

TAG24: Ihr Job ist die Athletik. Wie zufrieden sind Sie vor dem Start mit der Fitness der Spieler?

Grahé: "Wann ist ein Spieler fit? Er ist es, wenn er gesund ist. Bestes Beispiel Jakob Lemmer: Jetzt gerade versuche ich ihn gesund zu bekommen. Die Spielfitness kann er aber nur erreichen, wenn er schnellstmöglich wieder im Mannschaftsverbund trainiert. Der Grundbaustein ist immer die Gesundheit der Spieler. Deswegen legen wir unser Augenmerk auf Verletzungsprophylaxe und die Verringerung ihrer körperlichen Defizite. Spieler und eine Mannschaft fit zu machen, ist ein Prozess, der im Laufe der Runde nie abgeschlossen ist."

Matthias Grahé macht die Dynamos seit mehr als vier Jahren fit

Athletik-Coach mit Leib und Seele: Matthias Grahé (54, r.) macht die Dynamos seit über vier Jahren fit.
Athletik-Coach mit Leib und Seele: Matthias Grahé (54, r.) macht die Dynamos seit über vier Jahren fit.  © Lutz Hentschel

TAG24: Die klassische Vorbereitung von früher mit Läufen sieht man gar nicht mehr...

Grahé: "Früher sind wir noch eine Woche nach Altenberg ins Lauftrainingslager. Eine Woche stupides Laufen, da brauchen Körper und Kopf schon viel Kraft und Durchhaltevermögen. Tatsächlich ist das mehr in den Urlaub gerückt. Wir versuchen das entsprechend zu begründen."

TAG24: Verstehen das die Spieler?

Grahé: "Wenn du drei Wochen am Ballermann ohne Arbeit verbringst, wirst du nicht mehr mithalten können. Wir haben den Jungs daher mindestens zwölf Läufe in die freien Tage mitgegeben, die längsten waren 45 Minuten in ihren individuellen Pulsfrequenzen. Dann wurden aus den Grundlagen-Ausdauerläufen Intervallläufe. 50 Kilometer sind sie in ihrem Urlaub mit Sicherheit gelaufen."

TAG24: Und das reicht als Grundlage für die gesamte Saison?

Grahé: "Wenn das Training dann wieder startet, wollen wir viel im fußballerischen Bereich arbeiten. Die konditionellen Grundlagen bekommst du auch dann hin, wenn du in größeren Räumen trainieren lässt. Je kleiner die Spielfelder werden, umso mehr stehen Handlungsfähigkeit und Richtungswechsel im Vordergrund."

Titelfoto: Max Patzig

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