Dynamo wird vom Gejagten zum Jäger: "Dann reden wir es uns auch wieder schön!"
Dresden - Erstmals seit dem 3. Spieltag nicht mehr auf einem direkten Aufstiegsplatz, innerhalb von acht Spielen elf Punkte auf Ulm eingebüßt und nur noch vier Vorsprung auf den Viertplatzierten Münster. Die Zeiten bei Dynamo Dresden waren schon einmal goldiger. Das stellte auch Paul Will (25) nach dem 0:1 in Halle fest.
"Ich kann die Scheiße nicht mehr hören. Das kotzt mich an", sagte er nach der Partie in der Mixed-Zone, drehte sich zur Seite und zeigte auf die HFC-Kabine aus der laute Musik dröhnte.
Immer öfters den Gegner feiern sehen, nervt den 25-Jährigen gewaltig. "Wir schaffen es nicht wirklich, das Selbstvertrauen an den Tag zu legen, das wir in der Hinrunde hatten. Wir schaffen es nicht, die Trainingsleistungen umzusetzen", schüttelte er ratlos den Kopf.
Der Ärger ist groß. "Der ist bei allen groß, völlig zurecht. Es bringt nichts mehr, uns jede Woche hinzustellen und zu sagen: Wir können ja eigentlich. Scheinbar sind wir aktuell nicht in der Lage, dass auf den Platz bringen, was wir in der Hinrunde gezeigt haben."
Die Situation ist seit Samstagnachmittag eine andere geworden. Dresden wird nicht mehr gejagt, sondern ist jetzt Jäger von Regensburg - das derzeit genauso schlecht performt - und Ulm.
"Die beiden sind dann wohl jetzt die Top-Favoriten auf den Aufstieg", sagte Trainer Markus Anfang (49) bissig und mit einem Hauch von Ironie.
Paul Will warnt Mitspieler: "Jeder sollte sich persönlich hinterfragen"
Dazu war Will nicht in der Lage: "Der Trainer hat gerade gesagt, vielleicht tut es uns ganz gut, wenn wir mal eine andere Rolle kriegen und nicht die Gejagten sind, sondern die Jäger. Aber dann reden wir es uns auch wieder schön. Es ist nach so einem Spiel schwer, sich etwas Positives herauszuziehen."
Gleichzeitig schickte er eine Warnung an seine Mitspieler. "Jeder sollte sich persönlich hinterfragen, sollte gucken, ob die aktuelle Herangehensweise an die ganzen Spiele, ob das das Richtige ist. So wird es nicht reichen, so ehrlich müssen wir sein. Wir brauchen eine Leistungssteigerung."
Seinen Humor hat "Paule" trotzdem noch nicht verloren. Am Ende seiner Ausführungen gratulierte ihm ein Medien-Kollege noch nachträglich zum Geburtstag. Sein Kommentar: "Das passt gerade richtig gut. Danke."
Glückwünsche zum Sieg am Freitag gegen 1860 wären ihm lieber. "Da können wir Wiedergutmachung leisten, ein gutes Spiel mit einem guten Ergebnis abrunden. Das hatten wir lange nicht mehr."
Und dann kommt die laute Musik aus der Dynamo-Kabine.
Titelfoto: picture point/Sven Sonntag