Spagat zwischen Trauer und Fußball: "Das ist unfassbar surreal!"
Dresden - Die Sonne scheint, der Himmel ist blau. Es ist ein herrlicher Wintertag, Dynamo Dresden trainiert. Eigentlich ist dabei Stimmengewirr angesagt, Kommandos werden gegeben, Wortfetzen fliegen durch die Luft. Aber es ist still. Nur Markus Anfang (49) ist zwischendurch laut zu hören. Alle sind konzentriert, aber leise. Der frühe wie plötzliche Tod von Agyemang Diawusie (†25) schockt Dresden.
Die 3. Liga wird vor den Spielen am Wochenende eine Schweigeminute abhalten, Dynamo wird zusätzlich von sich aus in Verl mit Trauerflor auflaufen.
"Agy" war zwei Jahre lang einer von ihnen, absolvierte 44 Partien. Sieben Spieler sind noch da, die mit ihm im Kader standen.
Luca Herrmann (24) ist einer von ihnen, er steht wie erstarrt. Er hat sich bereit erklärt, ein paar Worte zu Diawusie zu sagen, hat einige Spiele mit ihm bestritten. Logisch, leicht fällt es ihm nicht. Er hält seine Hände fest, schaut zur Seite, die Augen werden glasig.
Die Welt steht ein bisschen still seit Dienstag. "Wir waren alle sehr schockiert. Das ist unfassbar surreal. Der Junge war 25, viele haben mit ihm noch zusammen gekickt. Es gab keinen, der sich nicht super mit ihm verstanden hat von Tag eins an. Wir sind alle geschockt und können es nicht fassen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen", spricht Herrmann mit zittriger Stimme.
Und trotzdem müssen er und seine Mannen am Sonntag wieder Fußball spielen. Nicht einfach nach solch einer traurigen Nachricht.
Auf Dynamo Dresden wartet gegen Verl auch menschlich eine schwere Aufgabe
"Es gibt manchmal Dinge, die wichtiger sind", sagt der 24-Jährige: "Für uns ist es trotzdem wichtig, die wenigen Themen, die am Wochenende nicht so gut gelaufen sind, aufzuarbeiten."
Regensburg und auch Saarbrücken (je 0:1) waren Teams, die sehr stabil standen. Mit Verl kommt ein Gegner, der voll auf die Offensive setzt. Der SC hat zehn Tore mehr geschossen als Dresden, aber auch 13 (!) mehr bekommen.
"Es sind zwei Mannschaften, die spielen wollen. Vielleicht kommt uns das entgegen, wir werden uns gut darauf vorbereiten", so Herrmann. Dresden steht vor einem Spagat zwischen Trauer und sportlichem Erfolg.
Ob er gelingt? Aus rein menschlicher Sicht eigentlich ziemlich egal.
Titelfoto: Lutz Hentschel