Meine Meinung: Hey, RB Leipzig! Red Bull im Pokal ist uncool, aber Ihr werdet trotzdem (zu Recht) gefeiert
Leipzig - Für RB Leipzigs ersten Titel hat sich niemand interessiert? Stimmt nicht! Die Stimmung bei der Siegesfeier war dürftig? Keinesfalls! Andere Vereine haben die Sachsen nicht beglückwünscht? Na und!
Meine Meinung zum DFB-Pokalfinale, der Party nach der Rückkehr, was sonst noch so durchs World Wide Web geisterte und eine Reaktion auf den Kommentar meines Kollegen Angelo Cali.
Fangen wir von vorn an. Dietrich Mateschitz (78) war nicht "gelangweilt", als er sich 2009 das Startrecht des SSV Markranstädt vor den Toren Leipzigs sicherte, um aus dem Oberligisten einen konkurrenzfähigen Fußball-Bundesligisten zu formen.
Natürlich hat der Milliardär mehr auf der hohen Kante als der Otto Normalverbraucher. Aber wieso Geld verschimmeln lassen, wenn man es auch (sinnvoll und auf langfristigen Erfolg auslegend) weiterhin in den von ihm schon jahrelang unterstützten Sport stecken kann? Ohne ihn gäbe es einige Randsportarten vielleicht gar nicht (mehr).
Mateschitz zwingt wahrscheinlich keine Athleten, waghalsige Sprünge von Klippen ins Meer zu machen, wilde Mountainbike-Rennen zu fahren oder mit einem Fallschirm aus 40 Kilometern Höhe zu springen.
Sie sind ihm möglicherweise eher dankbar, dass sie ihre Berufung - auch mit seiner Hilfe - ausüben können. Und ob auf ihrem Helm, der Badehose oder dem Formel-1-Boliden Coca-Cola, Schwipp Schwapp oder Red Bull steht, dürfte ihnen am Allerwertesten vorbeigehen.
Zurück zu RasenBallsport Leipzig - der Name wurde von den höchsten DFB-Gremien übrigens abgesegnet. Ja, das ist kein normales Sponsoring, wie wir es in Deutschland kennen. Und ja, die Roten Bullen, die Anfang August in ihre siebte Bundesliga-Saison in Folge gehen, würde es ohne die Bezuschussung aus dem österreichischen Fuschl am See nicht geben.
Es sind freilich unterschiedliche Paar Schuhe. Doch der FC Bayern München wäre ohne Telekom und Allianz auch nicht der, der er ist. Borussia Dortmund ohne Evonik und Signal Iduna ebenso. Und ohne Ingrid, die Indeed erklärt, hätte es für Eintracht Frankfurt möglicherweise nicht zum Europa-League-Sieg gereicht.
Red Bull ist weit davon entfernt, aus RB Leipzig ein Paris Saint-Germain oder ein Manchester City zu machen
Die Bundesliga kann übrigens froh sein, dass hier noch keine Zustände herrschen wie in Spanien, Frankreich und vor allem England.
Da verschulden sich Mega-Klubs wie Real Madrid oder der FC Barcelona bis zum Gehtnichtmehr und holen fragwürdig irgendwoher trotzdem Dutzende Millionen, um Spieler zu verpflichten.
Da sind Transfers vom Kaliber Neymar (30), Kylian Mbappé (23), Lionel Messi (34, alle FC Paris Saint-Germain) oder jüngst Erling Haaland (21, Manchester City) gang und gäbe.
Und da interessiert es die Fans (mittlerweile) auch nicht mehr, welcher Scheich, welcher Oligarch oder welches Konsortium das Portemonnaie öffnet. Hauptsache Erfolg - um jeden Preis.
Leipzigs Strategie ist da eine andere. Ja, es werden auch viele Millionen hineingepumpt (die mittlerweile auch durch andere starke Partner fließen). Aber mit Bedacht. Mit Weitsicht. Mit weniger bekannten Talenten, die sich die Konkurrenz auch leisten könnte. Und das hat bisher auch ganz gut funktioniert.
Freilich, den Fall PSG oder ManCity wünschen sich wohl die wenigsten in Deutschland. Ob man gänzlich drumherum kommt, wenn man international ein Wörtchen mitreden will, sei mal dahingestellt.
RB Leipzig: Red Bull in den DFB-Pokal zu kippen, muss wirklich nicht sein
Konkurrenzfähig war RB Leipzig in den vergangenen Bundesliga-Jahren durchaus. Sich in sechs Saisons fünfmal für die Champions League und einmal für die Europa League zu qualifizieren sowie im Pokalfinale eine Stunde in Unterzahl spielend auszugleichen und zu gewinnen, ist eine herausragende sportliche Leistung.
Und die MUSS unabhängig des sich immer in derselben Leier wiederholenden Bashings Anerkennung finden.
Dass die Fanbase aber (noch?) nicht vergleichbar ist mit der der Eintracht, die das Camp Nou flutete und mit Zehntausenden weiteren Anhängern durch Barcelona zog: logisch. Wie auch? Vergleiche ziehen lohnt sich nicht. Äpfel und Birnen und so.
Den RB-Hatern muss ich jetzt leider noch eine Illusion nehmen. Die Bullen erkaufen sich keine Fans. Die Zuschauer kommen - ob Ihr's glaubt oder nicht - freiwillig. Die nehmen die teils haltlosen Vorurteile selbst in Fangesängen mit auf ("Wir zahlen keinen Eintritt und trinken Champagner statt Bier").
In der Red Bull Arena sieht man viele junge Familien, junge Männer mit ihren PartnerInnen oder auch Paare um die 50, die einfach guten Fußball sehen wollen. Punkt.
Das alles in einer sportbegeisterten Stadt, die durch Emporkömmling RB an Strahlkraft dazu gewonnen hat, der es dadurch auch wirtschaftlich besser geht und die Jobs dazu gewonnen hat. Wo ein Stadion nach einem großen internationalen Turnier sinnvoll genutzt wird und nicht vergammelt.
Trotzdem sage ich auch ganz klar: Ein Kevin Kampl (31), der einen Energydrink in den DFB-Pokal schüttet, muss halt auch nicht sein. Und es braucht auch keinen Dani Olmo (24), der mit dem Pokal und einer XXL-Dose aus dem Hotel marschiert. Ihr seid Pokalsieger, belasst es einfach dabei. Auch so weiß jeder, dass vor allem Didis Firma für die vielen Zahlen auf Eurem Kontoauszug sorgt.
Guck an, waren doch ein paar Leute unterwegs
Keine Stimmung auf der Festwiese? Auf welcher Veranstaltung wart Ihr denn?
Den Vorwurf meines Kollegen, auf der Festwiese habe nach dem Korso vom Markt durch die Stadt keine Stimmung geherrscht, muss entgegengetreten werden.
Was zunächst auf dem Marktplatz los war, dürfte sogar die Aufstiegsparty 2016 getoppt haben. Schätzungen gehen von bis zu 50.000 Menschen aus, die da waren, um die Stars auf dem Balkon zu sehen. Ein Großteil von ihnen zog danach (friedlich!) feiernd durch die City und versammelte sich auf der Festwiese vor dem Stadion wieder, um die Kicker nochmals zu bejubeln.
Feuerwerk, Konfetti-Regen und RB-Songs inklusive. Dass sich dann aber ein 11Freunde-Magazin (bekanntlich IMMER gegen RB) auf ein höchst offensichtlich bearbeitetes Video stützt, bei dem man sich "auf die Zunge beißt" und das "betroffen macht". Peinlich und unnötig.
Es gab viele Tausend Menschen, denen diese Anfeindungen zu Recht egal sind. Die nach dem Pokaltriumph einen tollen Sonntag mit ihren Helden bei bestem Wetter verbrachten. Und für die stehen die Jungs auf dem Rasen. Mit Didis Vorschussfinanzierung, ohne die es nicht möglich gewesen wäre.
Titelfoto: Bildmontage: Robert Michael/dpa, Twitter/RB Leipzig