Alle lachen über das Jahrhundert-Eigentor: Aber hätte es zählen dürfen?

Hamburg - Die ganze Fußballwelt lacht, aber möglicherweise zu Unrecht? Denn das jetzt schon legendäre Eigentor vom HSV-Keeper Daniel Heuer Fernandes (31) beim Derby gegen St. Pauli am Freitagabend hätte nach strenger Regelauslegung wahrscheinlich nicht zählen dürfen.

Der Moment, den Daniel Heuer Fernandes (31, r.) am liebsten schnell vergessen möchte: Er ballerte den Ball unhaltbar ins eigene Tor.
Der Moment, den Daniel Heuer Fernandes (31, r.) am liebsten schnell vergessen möchte: Er ballerte den Ball unhaltbar ins eigene Tor.  © IMAGO / Nordphoto

Es war die 27. Spielminute. St. Pauli führte am Millerntor bereits mit 1:0, Keeper Fernandes führte einen Abstoß aus und spielte den im Strafraum stehenden Guilherme Ramos (26) an.

Der Portugiese passte, bedrängt von Pauli-Stürmern, auf seinen Keeper zurück. Das Zuspiel kam aber ungenau und ohne Rücksicht darauf, dass sich der 31-Jährige vom eigenen Tor weg in Richtung Eckfahne wegbewegte, um das Spiel zu verlagern.

Der Torhüter musste schlussendlich den Ball kurz vor der Linie klären, was aber schiefging. Er donnerte den Ball "sehenswert" unter die Latte. 2:0 für Pauli! Ohne seinen Klärungsversuch wäre der Ball ins Aus gerollt.

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Auf X (ehemals Twitter) ging dieser Treffer für die Geschichtsbücher freilich weltweit viral.

Neue Abstoßregeln seit 2019/20

St. Pauli feiert sich, ohne wirklich etwas zum Tor beigetragen zu haben.
St. Pauli feiert sich, ohne wirklich etwas zum Tor beigetragen zu haben.  © Marcus Brandt/dpa

Was jedoch sagen die Fußballregeln zu der Szene?

Ältere Regeln besagen, dass der Ball erst im Spiel ist, wenn dieser den Strafraum verlassen hat. Das ist seit der Saison 2019/20 nicht mehr aktuell.

Deshalb ist es regelkonform, dass sich Ramos im Strafraum vom HSV-Keeper anspielen lässt.

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Das IFAB (International Football Association Board), welches die international gültigen Fußballregeln bestimmt, hat genau definiert, wann der Ball im Spiel ist: "Der Ball ist im Spiel, wenn er mit dem Fuß gespielt wurde und sich eindeutig bewegt."

Das heißt, der Ball muss nicht einmal von einem eigenen Mitspieler berührt werden, geschweige denn den Strafraum verlassen. Er darf nur nicht ins eigene Tor rollen, dann erhält das gegnerische Team einen Eckball.

Der DFB hat die Abstoßregeln des IFAB übrigens eins zu eins übernommen. So gesehen ist das Tor absolut regelkonform. Jetzt kommt das berühmte "Aber".

Eigentor des Jahres: Felix Zwayer hätte den Treffer wohl nicht geben dürfen

Gegenspieler dürfen sich natürlich nicht im Strafraum befinden, bevor der Ball im Spiel ist. Auch da ist das IFAB eindeutig.

Bewegen sich die Spieler während des Abstoßes aus dem Strafraum heraus, darf der Schiedsrichter das Spiel weiterlaufen lassen. Wenn aber "ein Gegner, der sich bei der Ausführung eines Abstoßes im Strafraum befindet oder den Strafraum betritt, bevor der Ball im Spiel ist (...) wird der Abstoß wiederholt."

Wenn man sich die Bilder des Eigentors genau anschaut, berührte ein St. Pauli-Angreifer ganz klar die Linie des Sechzehners als der Ball noch liegt und damit noch nicht im Spiel ist. Die Linie gehört der Definition nach zum Strafraum, womit dieser vor dem Abstoß vom Gegner betreten wurde.

Ein Screenshot, der auf X (ehemals Twitter) die Runde macht, belegt dies.

Schiedsrichter Felix Zwayer (42) hätte den Treffer eigentlich nicht geben dürfen.

Die Frage ist natürlich, warum der VAR nicht einschritt. Das ist hier eine Zentimeter-, vielleicht sogar Millimeter-Entscheidung, die pingelig sein mag, aber genau deshalb wurde die VAR-Technologie eingeführt, damit Regelhütern solche Kleinigkeiten nicht durch die Lappen gehen.

Am Ende gelang es dem HSV noch, das Spiel zum 2:2 auszugleichen. Die Rotenhosen sorgten im Aufstiegskampf der 2. Bundesliga für Schadensbegrenzung und Spannung, da die Kiezkicker nicht davonziehen.

Titelfoto: IMAGO / Nordphoto

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