Sexy Alte Dame: Warum Hertha wieder Spaß macht

Berlin - Das Fußballjahr 2023 endete zwar mit einer Enttäuschung (nur 0:0 gegen den Tabellenletzten), am Ende fiel das Fazit über die Hinrunde bei Hertha BSC aber eindeutig aus: "Schlecht gestartet, gut aufgehört", fasste es Florian Niederlechner (33) zusammen. Die Berliner sind nach einem extrem schwierigen Transfer-Sommer inzwischen seit neun Spielen ungeschlagen.

Alle wollen zum Pokalhelden, nur einer jubelt kurz für sich: Pascal Klemens (18, r.)
Alle wollen zum Pokalhelden, nur einer jubelt kurz für sich: Pascal Klemens (18, r.)  © Andreas Gora/dpa

Mit 25 Punkten überwintern sie zwar auf Platz sieben, haben aber nur sechs Zähler Rückstand auf den HSV und Relegationsrang drei. Mehr noch: Die Alte Dame ist wieder sexy. Hertha macht wieder richtig Spaß.

Die Lust auf den Chaos-Klub der vergangenen Jahre macht sich auch in Zahlen bemerkbar. Allein gegen das Schlusslicht der Liga Osnabrück strömten über 43.000 Zuschauer ins kalte Olympiastadion. Der Schnitt ist mit 44.555 sogar noch höher. Nur beim HSV und auf Schalke kommen noch mehr.

"Mich macht froh, dass die Menschen kommen und mir erzählen, dass sie wieder gerne ins Stadion kommen und die Mannschaft lieben. Wir haben das gemeinsam gedreht", so Pal Dardai (47) zuletzt in einer Medienrunde.

Aus drei Dardais nur noch einer: Blitz-Abschied von Hertha-Star Palko Dardai?
Hertha BSC Aus drei Dardais nur noch einer: Blitz-Abschied von Hertha-Star Palko Dardai?

Diejenigen, die die Mannschaft Zuhause oder auch in der Fremde unterstützen, bekommen einiges geboten. Die jüngste Nullnummer mal ausgeklammert sind Hertha-Spiele oft Spektakel-Spiele: Während Fürth (5:0) und Elversberg (5:1) unter die Räder kamen, schaffte der Hauptstadt-Klub in Magdeburg (4:6) etwas Historisches. Trotz viermaliger Führung musste man sich geschlagen geben. Das gab es noch nie!

In Kiel (3:2) hätte man wiederum - und das nicht zum ersten Mal - einen 2-Tore-Vorsprung noch verspielt. Das letzte Wort hatte dennoch Hertha - nachdem Haris Tabakovic zunächst einen Elfmeter noch verschossen hatte. Doch wenn die Tormaschine mal ins Stottern gerät, ist eben Fabian Reese (26) zur Stelle.

Tor und Vorlage: Bei seiner Rückkehr an die alte Wirkungsstätte in Kiel zeigte Fabian Reese (26) mal wieder eine starke Leistung.
Tor und Vorlage: Bei seiner Rückkehr an die alte Wirkungsstätte in Kiel zeigte Fabian Reese (26) mal wieder eine starke Leistung.  © Gregor Fischer/dpa

Berliner Weg zahlt sich aus: Hertha BSC wird wieder geliebt

Das Duo Haris Tabakovic (29) und Fabian Reese (26) ist kaum zu stoppen.
Das Duo Haris Tabakovic (29) und Fabian Reese (26) ist kaum zu stoppen.  © Sören Stache/dpa

Apropos Reese und Tabakovic. Mit Fluppe und dem Ex-Kieler hat Hertha das wohl torgefährlichste Offensivduo der 2. Liga. Drei seiner neun Saisontore erzielte Tabakovic, der mindestens immer zweifach trifft, nach Vorlage von Reese. Sie haben sich gesucht und gefunden. Auch Mainz kann ein Lied davon singen.

Mit Pal Dardai (47) hat Hertha ohnehin den richtigen Mann an der Seitenlinie. Es gibt wohl kaum einen Besseren, der den Hertha-Dampfer nach all den Chaos-Jahren wieder in ruhigere Gewässer schippert.

Dardai kennt den Verein wie kaum ein Zweiter, ist schonungslos ehrlich, setzt auf die Jugend und zeigt, dass er viel mehr kann, als nur kompakt zu stehen. Nur Fortuna Düsseldorf (37 Tore) hat noch öfter getroffen als die Berliner (33).

Comeback-Plan: Steht Hertha-Star Reese dann wieder auf dem Rasen?
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Hinzu kommt eine wohl einmalige Kombination: Seine drei Söhne Palko (24), Marton (21) und Bence Dardai (17) spielen alle bei den Profis - mit Papa als Trainer.

Nicht nur sein jüngster Sohn ist ein Paradebeispiel des ausgerufenen Berliner Wegs. Gegen Sandhausen standen in der zweiten Hälfte mit Pascal Klemens (18), Linus Gechter (19), Marton Dardai, Derry Scherhant (20) und Marten Winkler (22) gleich fünf Eigengewächse auf dem Rasen.

Ein Weg, der sich auszahlt. Die Fans identifizieren sich wieder mehr mit der Hertha. Anders ausgedrückt: Sie lieben diese Mannschaft! Ein Team, das nicht aufgibt und zu jeder Zeit in der Lage ist, zu treffen. Nicht nur der HSV hat das zuletzt zu spüren bekommen.

Titelfoto: Andreas Gora/dpa

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