Verstolpert Hertha noch den Klassenerhalt? Irre Szene kostet Alte Dame den Sieg
Berlin - Dieser Abstiegskampf ist nichts für schwache Nerven! Hertha BSC hatte beim 1:1 bei Arminia Bielefeld den Klassenerhalt praktisch schon vor Augen, doch dann zeigte sich einmal mehr, wie schnell es im Fußball gehen kann. Innerhalb von 180 Sekunden änderte sich plötzlich alles.
Es lief bereits die 88. Minute, als die Berliner plötzlich die Riesen-Gelegenheit hatten, den Sack endgültig zuzumachen. Der eingewechselte Luca Wollschläger (19) lief allein auf DSC-Keeper Stefan Ortega (29) zu, legte noch einmal quer zum mitgelaufenen Maximilian Mittelstädt (25), doch statt den Abschluss zu suchen, spielte Mittelstädt ebenfalls noch mal zurück.
Die Idee hatte offenbar aber nur das Eigengewächs im Kopf. Wollschläger hatte schon abgeschaltet und so endete die Hundertprozentige mit einem Fehlpass.
Zu diesem Zeitpunkt sahen die Berliner nicht nur lange wie der Sieger aus, sondern hatten den Klassenerhalt auch schon sicher. Etwa 60 Sekunden später traf jedoch der VfB Stuttgart zum späten 1:1, wiederum keine Minute nach dem Ausgleich in Stuttgart schlug auch Bielefeld zurück.
In der Nachspielzeit stellte Joakim Nilsson (28/90.+1) die Alm mit seinem Kopfballtor auf den Kopf. Statt auf 2:0 zu stellen, musste die Elf von Felix Magath (68) einen späten Nackenschlag verkraften. Sie haben nicht nur einen Sieg, sondern die fast schon sichere Rettung aus der Hand gegeben bzw. verstolpert.
Kevin-Prince Boateng blickt nach vorn: "Es hat sich nix verändert"
Bei einem zweiten Treffer wären die Ostwestfalen vermutlich nicht mehr zurückgekommen. "Was soll man dazu sagen?!", fragte Magath, der den Fehler nicht beim Youngster, sondern beim sechs Jahre älteren Mittelstädt sah: "Ich war überrascht, dass man in so einer Situation auf die Idee kommt, den Ball nochmal querzupassen."
Eine Szene, die es in den Jahresrückblick schaffen könnte. "Ich dachte, dass Maxi ihn dann versenkt", so Magath. Aus der Ruhe bringt der späte Nackenschlag den erfahrenen Bundesliga-Trainer aber nicht. "Damit müssen wir nun alle leben."
Auch sein Leader Kevin-Prince Boateng (35) wollte sich am Sky-Mikrofon nicht allzulange mit der kuriosen Szene aufhalten. "Die Jungs machen sich auch so schon einen Kopf darüber. Da waren wir ein bisschen zu verspielt", richtete auch der Hertha-Rückkehrer den Blick nach vorne.
"Es hat sich nix verändert. Wir müssen das Positive mitnehmen, haben gefightet, waren da", so der Routinier. "Wir haben jetzt ein Heimspiel, in dem wir den Sack zumachen können."
Hertha BSC weiter in der Pole-Position
In der Tat hat sich durch das Remis der Stuttgarter an der Ausgangslage nichts verändert. Hertha ist weiter in der Pole-Position. Sie haben alles weiterhin in der eigenen Hand. Punktet der VfB beim FC Bayern München nicht und patzt auch Bielefeld am Freitag in Bochum, können sich die Berliner theoretisch am Samstag gegen den 1. FSV Mainz 05 (15.30 Uhr/Sky) eine Niederlage erlauben. Am einfachsten wären aber drei Punkte!
Dass sich für den Hauptstadtklub einen Spieltag vor Saisonende überhaupt erneut die nächste Gelegenheit bietet, die Klasse vorzeitig zu sichern, liegt vor allem an Felix Magath. Mit dem Feuerwehrmann steht endlich wieder eine echte Einheit auf dem Platz.
Auch in Bielefeld beackerte Hertha 90 Minuten den lang den Gegner, ließ fast nichts zu und ging nicht unverdient durch Lucas Tousart (25/55.) in Führung. Vorausgegangen war einmal mehr ein Standard von Marvin Plattenhardt (30).
Darauf angesprochen, was der 68-Jährige mit der Mannschaft gemacht habe, fiel Boateng nur ein Wort ein: "Maschinen!"
Der erfahrene Bundesliga-Coach nimmt den späten Nackenschlag gelassen. "Jetzt geht's halt nochmal zwei Spiele weiter", sagte Magath, der sich trotz vier Punkten Vorsprung auf Platz 16 noch lange nicht gerettet sieht: "Als ich diesen Job übernommen habe, war ich sicher, dass wir in der Relegation gegen den HSV spielen. Darauf arbeite ich nicht hin. Aber es würde mich auch nicht überraschen, wenn es zu dieser Konstellation käme."
Titelfoto: Friso Gentsch/dpa