Toni Leistner im Interview: Ist Hertha BSC reif für die Bundesliga?

Walchsee/Berlin - Toni Leistner (33) ist nicht zum ersten Mal hier in Walchsee. Das Hotel kennt der 33-jährige Hertha-Kapitän bereits. Damals absolvierte Leistner sein erstes Trainingslager als Profi - mit einem gewissen Cristian Fiél (44), inzwischen Cheftrainer bei Hertha BSC. TAG24 hat den Innenverteidiger am Rande des Trainingslager zum Interview getroffen.

Auf der Terasse stand Toni Leistner (33) Rede und Antwort.
Auf der Terasse stand Toni Leistner (33) Rede und Antwort.  © TAG24

TAG24: Du bist jetzt schon seit über 15 Jahren Profi, kannst du noch mitzählen wie oft du in Österreich im Trainingslager warst?

Leistner: Ich war bestimmt schon 10 oder 12 Mal in Österreich. Es gab, glaube ich, wenige Sommer-Trainingslager, die nicht hier stattgefunden haben. Es ist aber immer wieder schön. Meistens war man auch in unterschiedlichen Hotels untergebracht. Deswegen ist es doch auch immer wieder sehr abwechslungsreich.

TAG24: Die Trainingseinheiten sind meist ziemlich lang. Luca Schuler hat uns im Trainingslager schon erzählt, es sei härter als in Magdeburg. Wie hart ist die Vorbereitung unter Fiel wirklich?

Brooks-Diagnose da: Jetzt hat Hertha ein Problem!
Hertha BSC Brooks-Diagnose da: Jetzt hat Hertha ein Problem!

Leistner: Es ist auf jeden Fall viel intensiver als vergangenes Jahr - nicht nur physisch, sondern auch für den Kopf. Man muss immer mitdenken. Ich glaube, das tut der Mannschaft aber extrem gut und wird uns auch im Laufe der Saison helfen. Ich hatte schon einmal Bernd Hollerbach in Belgien als Trainer. Ich kenne mich mit harten Trainingslagern also aus (lacht).

TAG24: Ihr habt jetzt die ersten Testspiele schon hinter euch, seid noch ungeschlagen. Wie weit ist Hertha denn jetzt schon deiner Meinung nach?

Leistner: Man sieht von Testspiel zu Testspiel, dass es immer besser wird. Die Abläufe kommen nach und nach in die Köpfe. Wir wissen, dass noch nicht alles perfekt läuft. Ein paar Tage sind es noch, aber wir sind auf einem guten Level.

Hertha BSC und Kapitän Leistner wollen diesmal Fehlstart vermeiden

Der Kapitän und Christan Fiel (44, r.) kennen sich schon länger.
Der Kapitän und Christan Fiel (44, r.) kennen sich schon länger.  © Soeren Stache/dpa

TAG24: Die EM ist gefühlt gerade erst vorbei, jetzt geht schon die 2. Liga wieder los - gegen Paderborn. Letzte Saison gab es drei Pleiten zum Start. Wie wichtig ist ein guter Saisonstart und was stimmt dich zuversichtlich, dass es diesmal kein Fehlstart wird?

Leistner: Das letzte Jahr muss man ein bisschen differenzierter betrachten. Bis zum 31. August ist man jeden Tag in die Kabine gekommen und wusste nicht, wer noch da ist oder wer noch kommt. Am Anfang war es ein bisschen schwierig sich zu finden. Uns war klar, dass es Zeit braucht.

Nichtsdestotrotz waren direkt zu Beginn zwei unglückliche Niederlagen dabei. In Düsseldorf hätten wir einen Punkt holen müssen und anschließend zuhause gegen Wiesbaden nicht so verlieren dürfen. Aber das ist Vergangenheit, wir können es nicht mehr beeinflussen. Was wir beeinflussen können, ist einen besseren Saisonstart hinzulegen, als letztes Jahr. Dafür sind wir gut vorbereitet.

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Hertha BSC Düstere Prognose: So lange wird Reese Hertha noch fehlen

TAG24: Vor 12 Jahren spielte Hertha schon einmal zum Auftakt zu Hause gegen Paderborn. Damals hast du noch bei Dynamo gespielt - mit einem gewissen Cristian Fiél. Welche Erinnerung hast du noch an ihn als Mitspieler?

Leistner: Fiélo war einer der Spieler, die mich immer extrem gepusht haben. In Dresden war es damals so, dass die Eigengewächse nicht immer sofort spielen durften. Er hat mich aber immer unterstützt und gesagt: Bleib dran, Junge. Du wirst deinen Weg schon gehen. Deswegen war ich öfter mit ihm im Kraftraum, habe dann Extra-Schichten eingelegt. Ich habe seine Worte immer angenommen. Das hat auch geholfen.

Toni Leistner: "In der 2. Liga gibt es keine einfachen Gegner"

Leistner wurde bei Hertha in seiner Premierensaison gleich zum Kapitän.
Leistner wurde bei Hertha in seiner Premierensaison gleich zum Kapitän.  © Soeren Stache/dpa

TAG24 Was zeichnet Fiél jetzt als Trainer aus?

Leistner: Seine Kommunikation und dass er eine klare Idee vom Fußball hat. Als Trainer ist es immer wichtig, seine eigene Idee zu haben und diese dem Team dann auch zu übermitteln. Am Ende liegt es natürlich an der Mannschaft, die Idee gemeinsam mit dem Trainer so gut wie möglich umzusetzen und in Richtung Perfektion zu bringen. Dass nicht immer alles auf Anhieb klappt, ist klar.

TAG24: Nach sechs Jahren hat Hertha wieder ein Heimspiel, die Erwartungshaltung ist entsprechend riesig, Das war sie auch 2012. Das Spiel gegen Paderborn endete damals 2:2. Am Ende stieg Hertha auf. Ein gutes Omen oder soll es doch lieber ein Dreier werden?

Leistner: Wenn man am Ende der Saison aufsteigt, ist es egal, wie der erste 1. Spieltag ausgeht. Wir haben uns vorgenommen sehr gut in die Saison zu starten. Gegen Paderborn wollen wir die drei Punkte holen. Die Spiele danach werden auch nicht einfacher. In der 2. Liga gibt es keine einfachen Gegner. Selbst die Aufsteiger sind in ihrem eigenen Stadion schwer zu bespielen. Sie haben ein eingespieltes Team. Ein guter Start ist daher extrem wichtig.

TAG24: Mit Fabian Reese und Kevin Sessa fallen zwei wichtige Spieler aus. Gerade Reese ist eigentlich unersetzbar. Wie sehr schmerzt sein Fehlen?

Leistner: Wenn der beste Scorer des Teams fehlt, dann schmerzt das natürlich sehr. Wir haben aber die Qualität in der Mannschaft, um das zu ersetzen. Es ist zwar schwer, ihn eins zu eins zu ersetzen, aber wir können das als Team auffangen. Nichtsdestotrotz hoffen wir, dass er so schnell wie möglich wieder mit uns auf dem Platz stehen kann.

Toni Leistner sieht Hertha BSC auf dem richtigen Weg

Leistner fordert noch mehr Konstanz.
Leistner fordert noch mehr Konstanz.  © Axel Heimken/dpa

TAG24: Du hast nach dem 2:2 gegen Hannover ehrliche Worte gefunden, sprachst unter anderem von einer "gefühlt verschenkten Saison" und das gerade für die Defensive viele Hausaufgaben zu erledigen seien. Siehst du Hertha auf dem richtigen Weg?

Leistner: Auf jeden Fall! Wir haben uns auf Positionen, die sehr wichtig sind, sehr gut verstärkt. Letztes Jahr fehlte uns oft die Ballsicherheit, die wir gebraucht hätten. Im Mittelfeld wurde jetzt nachgerüstet. Bisher haben wir aber nur Testspiele absolviert. Es liegt dann an uns, im Ligabetrieb zu zeigen, dass wir als Mannschaft mit dem unbedingten Willen das Tor verteidigen wollen. Wenn wir im Training die Box verteidigen, dann wirft sich jeder rein. Wir wollen uns als Team immer verbessern und das klappt aus meiner Sicht schon ganz gut.

TAG24: Vor der Saison hätten viele nach den ganzen Chaos-Jahren Platz neun unterschrieben, nach der Saison hatte man irgendwie das Gefühl, dass mehr drin gewesen wäre, auch wenn Hertha nie ganz oben mitspielen konnte. Woran lag es?

Leistner: Wir waren nie weit entfernt von den oberen Plätzen. Immer wenn wir oben hätten angreifen können, haben wir wieder den Anschluss verpasst. Dann ist es uns meistens nicht gelungen, unser Potential konsequent auf den Platz zu bringen. Unsere Leistungsschwankungen waren im Gesamtverlauf der Saison einfach zu hoch. Daran haben wir gearbeitet und daran müssen wir immer wieder arbeiten.

TAG24: Ist die Mannschaft reifer geworden? Was muss passieren, damit ihr um den Aufstieg mitspielt?

Leistner: Wir müssen in den entscheidenden Spielen zu 100 Prozent da sein. Es reicht nicht, nur jedes zweite Spiel top zu performen. Mit so einem Punkteschnitt steigt man nicht auf. Wir müssen konstanter werden.

Im zweiten Teil des Interviews (erscheint am Freitag) spricht der Abwehrboss unter anderem über seine Zukunft, die Kapitänsfrage und unter anderem seinem letzten Stadionbesuch.

Titelfoto: TAG24

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