Kommentar: Dardai-Aus Chance und Risiko, aber wer soll Hertha jetzt noch retten?
Berlin - Die Bosse hielten sich auch nach Schlusspfiff bedeckt. Allen anderen der 67.000 Zuschauern im Olympiastadion war jedoch klar: Das war Pal Dardais (48) letztes Heimspiel.
Dreimal hat er Hertha BSC bereits übernommen. 2015, 2021 und zum Ende der vergangenen Saison. Zweimal klappte es mit dem Klassenerhalt, nur beim dritten Mal nicht. Auch nicht mit dem Wiederaufstieg.
Zur Wahrheit gehört: Hertha hatte in dieser Saison nicht einmal etwas mit dem Aufstieg zu tun. Ein gefundenes Fressen für die Kritiker. Sie trauen ihm eine spielerische Entwicklung nicht zu. Wieder einmal!
Dabei hat der Ungar den Klub unter schwierigsten Voraussetzungen übernommen. Erst im letzten Moment bekamen die Berliner überhaupt die Lizenz. Hinzu kam ein völlig unfertiger Kader zum Saisonstart inklusive drei Niederlagen ohne Tor.
Waren die Hoffnungen auf den Wiederaufstieg schon vor der Saison gering, sind sie gerade zu Beginn der Hinrunde noch weniger geworden. Den derzeitigen achten Platz hätten wohl nicht wenige unterschrieben. Im Fußball aber vergisst man schnell. Was war, zählt nicht mehr.
Ein Platz im gesicherten Mittelfeld liefert heute mit Unterschiedsspielern wie Fabian Reese (26) und Haris Tabakovic (29) im Kader keine Argumente für Dardai. So bleibt nur das Gefühl: Da war mehr drin! Viel mehr!
Pal Dardai steht wie kaum ein Zweiter für den Berliner Weg
Die Alte Dame aber schaffte es zu keinem Zeitpunkt ins Aufstiegsrennen einzugreifen. Immer wenn sie die Möglichkeit hatten oben anzuknöpfen, setzte es Niederlage um Niederlage. Teilweise wurden sie an die Wand gespielt.
Dardai hat es zwar geschafft die Mannschaft zu stabilisieren, kamen sie aber nicht in ihr gefürchtetes Umschaltspiel, war die Partie im Grunde gelaufen. Nur Reese hat Hertha nicht nur einmal gerettet. Eine wirkliche Weiterentwicklung war trotz des häufigen Spektakel-Fußballs für viele nicht zu sehen. Offenbar auch nicht für die Bosse.
So gibt es durchaus verständliche Gründe für das Aus. Dass ausgerechnet ein als Defensiv-Trainer verschriebener Coach die Flut an Gegentoren nicht stoppen konnte, ist fast schon ironisch. Doch egal, wer kommt: Er tritt in große Fußstapfen.
Pal Dardai steht wie kaum ein Zweiter für den Berliner Weg, setzt nicht nur wegen des Sparzwangs bedingungslos auf die Jugend. Daran muss sich auch sein Nachfolger messen lassen.
Ein neuer Trainer bringt zwar womöglich den erhofften frischen Wind, ist aber auch ein großes Risiko. Die derzeit gehandelten Namen sorgen in der Hauptstadt nicht gerade für Euphorie, zumal Hertha eigentlich wieder Konstanz auf der Trainerposition reinbringen wollte.
Nach Dardai wurde es bei Hertha BSC noch schlechter
Und wer ist dafür besser geeignet als Pal Dardai? Der letzte Trainer vor Pal Dardai, der überhaupt eine komplette Saison überstehen konnte, ist - genau, richtig - Pal Dardai!
Konstant war jedoch in den letzten Jahren eigentlich nur, dass es nach Dardai nur noch schlechter wurde. Und sollte es nach seinem "gefühlt 120. Abschied" wieder so kommen, ist allerdings die Frage: Wer soll die Alte Dame dann noch retten? Alle guten Dinge sind dann hoffentlich vier!
Titelfoto: Andreas Gora/dpa