Hertha BSC bringt Streich zum "Kotzen": "Ich weiß, ich kenne das Gefühl"
Berlin - Christian Streichs (57) Ärger war auch auf der Pressekonferenz noch nicht verflogen. Was dem Freiburger Erfolgscoach wurmte, war jedoch nicht der Fehler des eingewechselten Jonathan Schmid (32), der sich von Matchwinner Jessic Ngankam (22) "abkochen" ließ: "Es ist nicht schlimm. Aber es nervt mich wahnsinnig. Das Ergebnis ist Scheiße."
Aus Hertha-Sicht kann man das sicherlich als Kompliment verstehen, denn auch Streich wurde nach dem 1:1 gegen den Hauptstadtklub nicht müde den abstiegsbedrohten Gegner zu loben. "Das kotzt mich an, aber das war verdient."
Sandro Schwarz (44) konnte darüber nur Schmunzeln: "Ich weiß, ich kenne das Gefühl."
Viel zu häufig bekam Hertha BSC - vor allem in der Hinrunde - lobende Worte, stand aber mit leeren Händen bzw. zu wenigen Punkten da. Schlimmer noch: Nach der XXL-Winterpause kamen auch noch vermehrt Grusel-Auftritte, wie beim so wichtigen Keller-Duell in Sinsheim (1:3) dazu.
Gerade Auswärts ließ die Alte Dame zuletzt vieles vermissen, kassierten acht Niederlagen am Stück. Gegen den Champions-League-Aspiranten aber zeigten die Blau-Weißen das wohl beste Auswärtsspiel der Saison. "Ich werde versprechen, dass die Mannschaft so ein Gesicht zeigt", sagte Startelf-Rückkehrer Kevin-Prince Boateng (36) und kündigte an: "Das ist Hertha BSC jetzt für die letzten acht Spiele."
Die Berliner machten schon in Halbzeit eins vieles richtig, verteidigten diszipliniert, ließen kaum etwas zu und setzten selbst Nadelstiche. Ausgerechnet Boateng verursachte dann aber einen Freistoß in bester Lage. Vincenzo Grifo (29) ließ sich nicht zweimal tippen und jagte den leicht abgefälschten Ball, an vielen Berliner Beine vorbei, flach in die Torwartecke (52. Minute).
Jessic Ngankam belohnt Herthas starken Auftritt
Anders als zuletzt noch gegen Hoffenheim oder in Bochum (1:3) zeigte Hertha die von Schwarz geforderte und viel zitierte "Haltung". Sie machten einfach weiter, bauten weiter Druck auf. Allein der auffällige Dodi Lukebakio (25) hätte mindestens ein Tor machen können bzw. müssen.
Nur vier Minuten nach dem Rückstand hatte der Belgier, aus der eigenen Hälfte kommend, freie Fahrt, scheiterte aber vor Mark Flekken (29) an seiner starken Fußparade. Auch bei seinen beiden Kopfballgelegenheiten blieb der Flügelstürmer nur zweiter Sieger.
Dass Lukebakio am Ende nicht zur tragischen Figur wurde, lag vor allem eingewechselten Jessic Ngankam (22). Von Wilfried Kanga (25) geschickt setzte sich der Joker mit viel Körpereinsatz gegen Schmid und behielt vor Flekken die Nerven. Der verdiente Ausgleich (77.).
"Die Art und Weise, wie wir gerade Auswärts aufgetreten sind - weil es auch völlig zu Recht ein Thema war - stimmt uns sehr zufrieden. Es ist ein guter Schritt. Dennoch wissen wir, dass wir einen langen Atem brauchen, was diesen Abstiegskampf betrifft. Heute haben wir ihn angenommen", so Schwarz.
Titelfoto: Philipp von Ditfurth/dpa