Toni Leistner will Karriere bei Hertha beenden: "Dynamo ist mein Heimatverein"
Walchsee/Berlin - Cristian Fiél (44) ließ die Kapitänsfrage lange offen, hat kurz vor Saisonstart aber die Entscheidung getroffen: Toni Leistner (33) trägt auch in der kommenden Saison die Binde. Im zweiten Teil des TAG24-Interviews spricht der Abwehrboss über seinen letzten Stadionbesuch, die unberechenbare 2. Liga, ein ungewohntes Gefühl in der Rückrunde und sein Karriereende.
TAG24: Habt ihr als Mannschaft schon das Saisonziel besprochen?
Leistner: Solche Informationen bleiben intern. Die würden wir auch nicht sofort preisgeben. Wir brauchen uns als Verein aber nicht kleiner reden, als andere. Wenn man sich die einzelnen Kader anschaut, dann sind wir auf Augenhöhe mit Köln, Hamburg oder Düsseldorf. Es werden noch weitere Teams hinzukommen. Und sicherlich auch eines, mit dem vorher keiner gerechnet hat.
Es wird wieder fünf, sechs Teams geben, die oben mitspielen werden und aufsteigen wollen. Dann kommen noch drei, vier Überraschungen dazu. Deswegen ist die 2. Liga so unberechenbar.
TAG24: Köln, Hertha, Schalke, HSV, Nürnberg, Kaiserslautern - ist das jetzt wirklich die stärkste Liga aller Zeiten?
Leistner: Es gibt auf jeden Fall ein paar Partien, die durchaus spannender sind als einzelne Spiele in der Bundesliga. Vor allem wenn man die Tradition vieler Vereine sieht, wie voll die Stadien sind und wie viele Fans die großen Vereine auswärts mitbringen. Was Tradition und Fantum angeht, gibt es in der 2. Liga einige Klubs, die eigentlich in die erste Liga gehören. Das macht die Liga auch so spannend und wahrscheinlich auch so stark.
In der Rückrunde verlor Leistner seinen Stammplatz: "Aufgeben ist keine Option"
TAG24: Du hast in der Hinrunde viel gespielt, hast viele Situationen gerade so noch löschen können. In der Rückrunde warst du plötzlich öfter draußen. Eine ungewohnte Situation. Wie bist du damit umgegangen?
Leistner: Das hatte ich bis dahin auch noch nicht so oft in meiner Karriere. Manchmal ist es aber so im Fußball. Da gibt es auch mal Entscheidungen, die man vielleicht nicht versteht. Nichtsdestotrotz hat man sie zu akzeptieren. Ich habe trotzdem immer weiter Vollgas gegeben und das Team weiter unterstützt. Man muss so etwas runterschlucken und weitermachen. Aufgeben ist keine Option.
TAG24: Das wird sich jetzt wieder ändern.
Leistner: Das wird man sehen. Ich habe wie die anderen auch in der Vorbereitung meine Minuten gesammelt. Jeder hat es auf seiner bevorzugten Position gut gemacht. Wir machen es dem Trainer so schwer wie möglich.
Und so eine Saison ist extrem lang. Wir brauchen jeden Spieler. Egal ob man am 1. Spieltag von Anfang an spielt oder nicht. Es ist immer gut auf seinem höchsten Level zu sein. Man darf, wenn man mal nicht spielt, auch im Training nicht nachlassen oder den Kopf hängen lassen. Wenn man gebraucht wird, ist man dann zu 100 Prozent da.
Toni Leistner: Auch bei Union Berlin war es nicht immer ruhig
TAG24: Der Empfang war wenig schön, nach einem Jahr kann man nun aber schon sagen, dass Leistner zu den beliebtesten Hertha-Stars gehört - und das trotz der Union-Vergangenheit: Wie hast du es geschafft, die Leute auf deine Seite zu ziehen?
Leistner: Wahrscheinlich muss man sich erstmal die Nase brechen lassen und dann weiterspielen (lacht). Nein, ich weiß es nicht. Vor allem in der Anfangszeit habe ich alles reingehauen. Vielleicht hat das die letzten Jahre gefehlt. Wir haben als Mannschaft immer unser Herz auf dem Platz gelassen – unabhängig vom Ausgang des Spiels. Das galt auch für mich persönlich und ich hatte das Gefühl, das wurde extrem honoriert. Ich bin auch froh, dass sich das Blatt so schnell gewendet hat.
TAG24: Sind die Vereine tatsächlich so unterschiedlich wie sie gemacht werden? Hier der Chaos-Klub im Westen, da der eher familiäre Klub.
Leistner: Es ist schon lange her, dass ich bei Union gespielt habe - damals auch noch in der 2. Liga. Ich kann sagen, dass es in dieser Zeit auch nicht immer ruhig war. Es gibt nur wenige Vereine, in denen es wirklich ruhig läuft. Unruhe gibt es sicherlich mal in jedem Klub. Meistens auch auf anderen Ebenen, nicht immer nur im Sportlichen.
TAG24: Vor deinem Wechsel warst du Union noch sehr verbunden, hast auch Spiele besucht. Das ist jetzt ist nicht mehr der Fall. In einem Interview hast du aber mal erzählt, dass du noch gerne bei Dynamo vorbeischaust, wenn die Zeit es zulässt. Wann war denn dein letzter Stadionbesuch?
Leistner: Das war in der Relegation gegen Kaiserslautern. Das müsste vor zwei Jahren gewesen sein. Sonst hat die Zeit es nicht zugelassen. Wenn ich auf Heimatbesuch bei meiner Familie bin und es passt, dann gehe ich gerne mal ins Stadion. Wenn man in der Stadt aufgewachsen ist, dann gibt es eigentlich nur Dynamo Dresden, auch wenn ich in der Jugend bei einem anderen Verein gespielt habe. Dynamo ist mein Heimatverein. Da schaue ich auch gerne mal zu, ohne besondere Emotionen hineinzulegen. Ich mag das Stadionerlebnis generell. Ich gehe auch gerne in andere Stadien, wenn ich Zeit finde.
Leistner will seine Karriere bei Hertha BSC beenden
TAG24: In der Innenverteidigung herrscht großer Konkurrenzkampf und - Agu Rogel mit eingerechnet - ein Überangebot. Von einem wird man sich wohl noch trennen. Toni Leistner ist aber nicht dabei, oder?
Leistner: Ich habe keine Pläne jetzt den Verein zu verlassen. Wie es bei den anderen aussieht, kann ich nicht beurteilen.
TAG24: Nächstes Jahr läuft dein Vertrag aus, dann bist du 34. Es gibt noch die Option auf ein weiteres Jahr. Schon ans Karriereende gedacht?
Leistner: Noch gar nicht. Ich würde gerne im Fußball bleiben, aber alles andere wird man dann sehen. Ich konzentriere mich erstmal auf die kommende Saison. Da habe ich große Ziele. Über alles, was danach passiert, habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.
TAG24: Also wirst du bei Hertha die Karriere beenden?
Leistner: Als aktiver Fußballer wird nach Hertha BSC vermutlich nicht mehr viel kommen. Das weiß ich einfach. Auf 3. Liga oder in der 4. Liga habe ich beispielsweise nicht wirklich Lust.
TAG24: Du hast schon 178 Spiele im Unterhaus aufm Buckel und insgesamt fünf Tore erzielt, ein Treffer für Hertha fehlt aber noch. Wann fällt denn das Premierentor?
Leistner: Ich hoffe zeitnah. Es wird mal wieder Zeit, dass ich ein Tor mache. Im Training hat es zuletzt ganz gut geklappt. Ich hoffe, dass ich das auch mal im Spiel so umsetzen kann. Hoffen wir, dass die Bälle gut kommen und ich dann auch richtig stehe (lacht).
Titelfoto: Andreas Gora/dpa