Hat Trainer-Legende Lucien Favre den Aufstieg von Hertha BSC gestoppt?

Berlin - Kann man wirklich so viel Pech haben? Hertha BSC hat in einer Saison die Verpflichtung von gleich drei (!) zukünftigen Weltstars abgelehnt und ausgerechnet Trainer-Legende Lucien Favre (66) soll Mitschuld an dem sportlichen Desaster haben.

Lucien Favre (66) soll sich als Trainer von Hertha BSC gegen den Kauf von drei zukünftigen Weltstars entschieden haben.
Lucien Favre (66) soll sich als Trainer von Hertha BSC gegen den Kauf von drei zukünftigen Weltstars entschieden haben.  © Martin Meissner/AP POOL/dpa

Die Alte Dame hat unter dem Schweizer Coach eine der erfolgreichsten Spielzeiten der vergangenen 20 Jahre hingelegt, qualifizierte sich in der Saison 2008/09 sogar für die Europa League.

Allerdings ging es in der darauf folgenden Spielzeit unter der ungewohnten Dreifachbelastung rapide bergab, sodass am Ende der Abstieg erfolgte. Dennoch sind Favre viele Hertha-Fans bis heute dankbar für diese erfolgreiche Zeit.

Doch hätte der Hauptstadtklub unter dem 66-Jährigen womöglich einen noch viel größeren und nachhaltigeren Schritt nach vorn machen können, denn er soll in einer Saison den Kauf von drei späteren Top-Stars abgelehnt haben - eine fatale Fehleinschätzung?

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Im Sommer 2009 standen die Blau-Weißen kurz vor einer Verpflichtung von Marco Reus (35). Zudem spielten ein gewisser Ivan Perišić (35) und Andre Ayew (34) bei der Hertha vor - und wurden wieder weggeschickt.

"Ich hätte ihn damals sehr gerne genommen, doch unser Trainer hatte bei ihm körperliche Bedenken, er war ihm zu schmächtig", erinnerte sich Ex-Hertha-Manager Michael Preetz (56) jüngst in einem "Bild"-Interview an Favres Eindruck zu dem damals 20-jährigen Perišić.

Ex-Hertha-Manager Michael Preetz (56) hat in einem Interview die Vorwürfe gegen Lucien Favre erneuert.
Ex-Hertha-Manager Michael Preetz (56) hat in einem Interview die Vorwürfe gegen Lucien Favre erneuert.  © Soeren Stache/dpa

Hertha BSC hätte mit Marco Reus, Ivan Perišić und Andre Ayew stürmen können

Marco Reus (35) hat am Ende der vergangenen Saison Abschied von Borussia Dortmund genommen. Seine außergewöhnliche Bundesliga-Karriere hätte beinahe bei Hertha BSC ihren Anfang genommen.
Marco Reus (35) hat am Ende der vergangenen Saison Abschied von Borussia Dortmund genommen. Seine außergewöhnliche Bundesliga-Karriere hätte beinahe bei Hertha BSC ihren Anfang genommen.  © Bernd Thissen/dpa

Das war aber noch nicht alles, denn "an diesem Tag schickte er auch den zweiten Probespieler mit Andre Ayew weg", bemängelte der 56-Jährige. Und auch bei Reus, der laut Preetz "schon zur Unterschrift in der Geschäftsstelle saß", soll Favre sein Veto eingelegt und ihn "in letzter Sekunde weggeschickt haben".

Marco unterschrieb kurz darauf bei Borussia Mönchengladbach und startete seine Weltkarriere, die ihn dann im nächsten Schritt zu seinem Jugendverein Borussia Dortmund und in die Nationalmannschaft führte.

Perišić heuerte nach dem Abgang aus Berlin beim FC Brügge an und wurde in Belgien auf Anhieb Torschützenkönig. Auch sein Weg sollte dann zum BVB führen, wo er mit Marco Reus zusammenspielte - man stelle sich dieses Duo in Blau-Weiß anstatt Schwarz-Gelb vor.

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Zu seinen weiteren Stationen zählen Inter Mailand, Bayern München, Tottenham Hotspur und der VfL Wolfsburg. Ivan Perišić ist nach wie vor kroatischer Nationalspieler und nimmt an der Europameisterschaft in Deutschland teil.

Auch Andre Ayew hat nach dem Vorspielen bei den Spree-Athenern eine beachtliche Karriere hingelegt. Der Sohn von Abedi Pele (59) war lange Zeit in Frankreich tätig, bevor er nach England wechselte, wo er seine erfolgreichste Zeit erlebte. Ayew ist 114-facher Nationalspieler Ghanas.

Ivan Perišić (35) wurde nach einem Probetraining bei Hertha BSC von Lucien Favre nach Hause geschickt. Jetzt könnte der Kroate bei der Europameisterschaft gegen Spanien im Berliner Olympiastadion auflaufen.
Ivan Perišić (35) wurde nach einem Probetraining bei Hertha BSC von Lucien Favre nach Hause geschickt. Jetzt könnte der Kroate bei der Europameisterschaft gegen Spanien im Berliner Olympiastadion auflaufen.  © Darko Bandic/AP/dpa

Lucien Favre wehrt sich gegen Vorwürfe

Andre Ayew (34) brachte es nach seiner Ausbootung bei Hertha BSC auf 114 Einsätze für Ghana und führte die Nationalmannschaft bei der WM in Katar als Kapitän aufs Feld.
Andre Ayew (34) brachte es nach seiner Ausbootung bei Hertha BSC auf 114 Einsätze für Ghana und führte die Nationalmannschaft bei der WM in Katar als Kapitän aufs Feld.  © Tom Weller/dpa

Aber war das wirklich alles Favres Schuld? Schon in einem Tagesspiegel-Interview vom November 2011 wehrte sich der Schweizer gegen die Vorwürfe, die Preetz jetzt erneuert hat.

Gerade die Angelegenheit rund um Reus sei "sehr viel komplexer gewesen", erklärte der heute 66-Jährige. Auch damals musste der Hauptstadtklub sparen. Zudem sei Hertha nicht der einzige Verein gewesen, der an Reus interessiert war.

"Der hat nicht darauf gewartet, ob Hertha BSC ihn wollte oder nicht", betonte der Fußballlehrer. "Natürlich hätten wir ihn gern genommen, aber wir waren nicht in der Lage, eine seriöse Entscheidung zu treffen." Die habe Marco dann schließlich für sich getroffen.

Auch zu Ayew und Perišić äußerte sich Favre. Der Ghanaer war damals gerade erst 18 Jahre alt und es sei nicht absehbar gewesen, ob er sich in der Bundesliga durchgesetzt hätte. Für das Nachwuchsteam wäre er demnach als Afrikaner nicht spielberechtigt gewesen.

Bezüglich des Kroaten zeigte Lucien aber weiterhin keine Einsicht. Der erzielte dereinst beim 23:0-Sieg gegen den Sechsligisten 1. FC Lübars zwar zwei Tore, dennoch war seine Leistung nach Ansicht des Trainers "katastrophal". Diese Fehleinschätzung verfolgt Favre wohl bis heute.

Der wichtigste Grund sich letztendlich gegen das Offensiv-Trio zu entscheiden, habe aber in der Kaderplanung gelegen. Man habe das wenige Geld nach den Abgängen von Josip Simunic (46) und Andrij Woronin (44) in einen Innenverteidiger und einen Mittelstürmer investieren müssen. "Dabei hätten uns weder Andre Ayew noch Ivan Perišić geholfen. Und Marco Reus wohl auch nicht", verteidigte sich Lucien Favre.

Titelfoto: Martin Meissner/AP POOL/dpa

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