Der Mann mit dem Schnauzer ist tot: "Mach's gut, lieber Gerd Schädlich!"
Chemnitz - "Thomas", sagte Gerd Schädlich im Sommer 1999 zu mir, als er den FC Erzgebirge Aue übernahm. "Wirst du noch irgendwann einmal unter mir Fußball spielen?" Als ich das sehr sicher verneinen konnte, gab er mir die Hand: "Ich bin der Gerd!" So war er: Herzlich, offen, aber auch zurückhaltend, nie die große Bühne suchend. Ein feiner Mensch.
Schädlich ist in der Nacht zum Samstag im Alter von 69 Jahren gestorben. Wir sind beide Vogtländer. Da schaut man hin, was der andere macht, sagte er mir einmal lachend.
Er ist zusammen mit meinem Vater aufgewachsen. Die Verbindung war schon immer da. Daher habe ich stets aufgeschaut zu ihm. So viele Vogtländer gab es nicht, die es überregional geschafft haben.
Andreas Bielau war DDR-Nationalspieler, Joachim Müller eine Nummer beim Chemnitzer FC, Stefan Persigehl spielte für Rostock Bundesliga, jetzt kickt Chris Löwe bei Dynamo Dresden. Aber sonst? Als Trainer? Nur Gerd Schädlich!
Wer den Fußball in Sachsen liebt, der liebte auch ihn, den Mann mit dem Schnauzer. Keiner schaffte es, die drei eher verfeindeten Vereine aus Aue, Zwickau und Chemnitz zu verbinden. Er schon. Er war und ist ein Idol. Wenn sich alle so herzlich über einen äußern, dann bedeutet das etwas.
Kam er von außen betrachtet immer etwas knorrig oder gar ruppig herüber, so war er das als Mensch nicht. Schädlich hatte ein feines Gespür, war mit einem unglaublich trockenen Humor ausgestattet, über den er selbst herzlich lachen konnte.
"Sag mal, hast du Augen im Kopf?"
Ich durfte im September 2013 ein Spiel des CFC in Saarbrücken (1:1) begleiten. Nach der Pressekonferenz setzte er sich an meinen Tisch. "Großer, geh' mit den Jungs nicht zu hart ins Gericht, schreib' keinen Mist", lachte er mich an.
Tags darauf klingelte mein Handy: "Sag mal, hast du Augen im Kopf? Ich hab doch gesagt, du sollst keinen Mist schreiben", begann er das Telefonat. Nach meinem erschrockenen "Was?" begann er schallend zu lachen. Es war alles gut, wir redeten noch minutenlang.
Zwei Jahre später war er Scout beim Halleschen FC. Ich fuhr mit Aue in der 3. Liga zur Zweiten von Mainz. Schädlich war auch da. Ich hatte meinen Vater mit. Beide sahen und verquatschten sich. Das Spiel lief längst, als er mir seinen Block in die Hand drückte: "Du hast doch hier eh nichts zu tun, schreib mal mit, damit ich was vorweisen kann. Wir müssen alte Zeiten auswerten", lachte er.
Nun lebt Schädlich nicht mehr. Der Fußball in Sachsen hat einen ganz Großen verloren. Mach's gut, Gerd! Ruhe in Frieden!
Titelfoto: PICTURE POINT / S. Sonntag