Aues Jonjic und die Ehrlichkeit: "Mach' die Scheiße nicht aus Spaß"

Aue - Die Veilchen lieben das Flutlicht! Dreimal spielte der FC Erzgebirge Aue in diesem Kalenderjahr abends, dreimal hieß es am Ende 2:1 - in Ingolstadt, gegen Mannheim und jetzt in Wiesbaden. Dreimal gehört Antonio Jonjic (23) zu den Torschützen. Nach dem Sieg in Hessen sorgte er mit einem MDR-Interview deutschlandweit für Schlagzeilen. Dabei war er nur eins: Ehrlich!

Mund zu? Nicht Antonio Jonjic (23). Aues Stürmer trägt sein Herz auf der Zunge und sagt, was er denkt. Das kommt nicht bei jedem gut an, ist aber zumindest ehrlich.
Mund zu? Nicht Antonio Jonjic (23). Aues Stürmer trägt sein Herz auf der Zunge und sagt, was er denkt. Das kommt nicht bei jedem gut an, ist aber zumindest ehrlich.  © picture point/Sven Sonntag

Der 23-Jährige traf auch beim 4:0 gegen Bayreuth. Heißt: Trifft er 2023, gewinnt Aue. Daher wurde er gefragt, ob es ihm derzeit Spaß mache. "Was heißt Spaß?", fragte er zurück und kratzte sich am Kopf.

Dann setzte er an: "Ich mach' die ganze Scheiße nicht aus Spaß. Ich mach' das, weil ich muss. Das ist mein Job. Das ist meine einzige Zukunft. Deswegen reiß' ich mir meinen Arsch jeden Tag auf. Ganz einfach", sagt er.

Der MDR stellte diese Sequenz in die sozialen Netzwerke und dann ging die Post ab - Shitstorm! Viele Fußball-Romantiker konnten überhaupt nicht nachvollziehen, was Jonjic da von sich gab.

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Doch Fußball und Romantik sind mittlerweile zwei Worte, die sich fast schon ausschließen. Fußball ist ein sehr großer Wirtschaftszweig und die Profis sind Ich-AGs.

Spieler wie Jonjics Kapitän Martin Männel (34), seit 15 Jahren im Verein, gehört da eher zur aussterbenden Rasse. Es gibt nicht mehr viele, die ein Sportlerleben lang einem Verein treu bleiben.

Aue-Spieler Antonio Jonjic macht Klartext-Ansage im MDR-Interview:

Unter Pavel Dotchev (57) blüht Jonjic richtig auf

Seitdem Pavel Dotchev (57) wieder FCE-Trainer ist, blüht Jonjic richtig auf.
Seitdem Pavel Dotchev (57) wieder FCE-Trainer ist, blüht Jonjic richtig auf.  © picture point/Sven Sonntag

Die Profis haben zehn bis 15 Jahre Zeit, sich finanziell etwas aufzubauen. Sie gehen dahin, wo sie gut verdienen, wo sie mehr verdienen als zuvor. Das war auch bei Jonjic so.

Er wollte im Sommer weg, der Vertrag mit dem polnischen Erstligisten Gornik Zabrze war schon fast geschlossen. Aue war die Ablöse zu wenig, er musste bleiben. Ein bisschen Trotz, mehrere Verletzungen, Jonjic war in der Hinrunde kaum zu sehen.

Jetzt unter Pavel Dotchev (57) blüht er auf - vier Tore in sechs Einsätzen. Er stellt sich mit seinen Buden auch wieder ins Schaufenster für größere, finanziell lukrativere Vereine. Knipst er weiter, ist das sportlich gut für den FCE und für ihn.

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Zudem ist Jonjic ein Typ, der sein Herz auf der Zunge trägt. Er denkt nicht darüber nach, wie seine Sätze ankommen. Er sagt sie. Solche Profis sind rar. Das ist besser als die weichgespülten Antworten von Muster-Profis nach Spielen, die einen nur noch langweilen, aber keinen Shitstorm entfachen.

Titelfoto: picture point/Sven Sonntag

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