Hooligans im Erfurt-Block? Das skandalöse Thüringen-Derby gehört aufgearbeitet!
Jena/Erfurt - Am Ende stand nicht mehr der Sport im Vordergrund! Die Ausschreitungen rund um das 107. Thüringen-Derby zwischen Carl Zeiss Jena und Rot-Weiß Erfurt (3:1) sind auch Tage später heißes Diskussionsthema unter Fans, Vereinen und Verband. TAG24 hat mit den Protagonisten gesprochen.
"Ich schäme mich heute noch", betonte Erfurt-Präsident Lars Fuchs am Montagvormittag im Telefonat mit TAG24.
Tief sitzt er, der Stachel der Enttäuschung über das traurige Bild am Samstagnachmittag in Jena: Chaoten im Erfurter Block hatten Böller, Bengalos und Leuchtraketen in den Jenaer Heimbereich geschossen.
Fuchs erlebte den schaurigen Auftritt live im Gästeblock mit. Der Vereinsboss hatte vorab darauf bestanden, seinen RWE-Fanschal zu tragen, durfte gemäß Sicherheitsbestimmungen die Partie nicht im VIP-Bereich verfolgen.
In der 79. Minute eskalierte das hochemotionale Derby. Doch Fuchs ist sich sicher: "Das waren auf keinen Fall ganz normale Rot-Weiß-Fans und auch keine Ultras."
Er meint eine Gruppierung, die sich etwa 20 Meter unter sich postiert hatte: "Die hätten auch Randale gemacht, wenn es 3:0 für Erfurt gestanden hätte."
Rot-Weiß Erfurts Präsident Lars Fuchs fordert eine lückenlose Aufklärung
Im Umfeld beider Klubs ist von einer höheren "kriminellen Energie", die weit über die originären Feindseligkeiten hinausgeht, die Rede.
Fakt ist: Es gibt Anzeichen und Gerüchte, dass auswärtige Hooligans im Block waren. RWE-Frontman Fuchs kündigt an: "Es muss jetzt alles auf den Tisch, ich will das aufgearbeitet wissen!"
Allerdings: Bestätigen können die Hooligans weder Rot-Weiß Erfurt noch Jena oder der NOFV, der mit zwei Sicherheitsbeauftragten vor Ort war und Protokoll führte.
Und da im Vorfeld alle drei Parteien vor dem bei friedlichen Fans unbeliebten Mittel der personalisierten Tickets zurückschreckten, dürfte es schwierig werden mit einer Aufarbeitung.
Dazu wird es ohnehin einige Tage dauern - erst zum Wochenende ist eine Auswertung von Samstag durch Gastgeber und Veranstalter Carl Zeiss Jena angesetzt.
Einige Kinder im Jenaer Heimbereich
Bis dahin dürfte auf ein Urteil des NOFV zu den Vorkommnissen gefallen sein. Ein von Fuchs befürchtetes Geisterspiel ist nach TAG24-Informationen allerdings nicht als erstes Strafmittel vorgesehen.
Vielmehr dürfte es saftige Geldstrafen für beide Lager hageln und Auflagen für die Gastgeber! Die Jenaer Ad-hoc-Arena im Ernst-Abbe-Sportfeld ist nach wie vor eine Baustelle und nicht vollumfänglich fertiggestellt.
Auf dem Prüfstand dürfte in jedem Fall das Thema Pufferzone stehen, teilweise lagen nur gut vier Meter Luftlinie zwischen den verfeindeten Fanlagern. Außerdem gibt es Berichte, dass das Fangnetz des Gästeblocks schon vor dem Spiel Löcher aufwies.
Zweifel bestehen auch, ob das Netz-Material beständig genug sei, um spitzen Gegenständen und Feuer zu trotzen. Einige Krawallwütige hatten nach Augenzeugenberichten Löcher in dieses gebohrt.
Man kann von Glück sagen, dass es keine Verletzten im Zusammenhang mit den Ausschreitungen gab. Die Landespolizei-Inspektion Jena stellte allgemein 32 Straf- und Ordnungsdelikte fest.
Dennoch hätten sich viele Unbeteiligte ein härteres Eingreifen von Polizei und Ordnern gewünscht, im betroffenen Jenaer Heimbereich waren einige Kinder zugegen.
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