FC Bayern fährt mit "dezimiertem Kader" nach Bremen: Tuchel hat klaren Plan
München - Vorlegen. Druck auf Borussia Dortmund aufbauen. Ein Meister-Statement setzen. Thomas Tuchels Bayern-Plan für das Bundesliga-Topspiel am Samstagabend (18.30 Uhr/Sky) in Bremen bei dem von ihm zu Teenager-Zeiten bewunderten SV Werder steht.
"Es ist angenehmer vorzulegen. Aber man muss es auch machen", sagte der Münchner Trainer am Freitag zu der verlockenden Aussicht, mit einem Sieg im Weserstadion den Vorsprung auf den erst am Sonntag gegen den VfL Wolfsburg antretenden Titelrivalen BVB auf vier Punkte zu vergrößern.
Das Vorlegen müsse aber auch gelingen, wie Tuchel (49) mit Verweis auf den vergangenen Spieltag betonte, als Dortmund nur ein 1:1 beim VfL Bochum erzielte. "Letzte Woche hat uns Bochum eine Tür aufgemacht. Wir sind dann durchgegangen", erinnerte Tuchel ans eigene 2:0 gegen Hertha BSC.
Die Rückkehr an die Tabellenspitze soll auf die Fußball-Stars des FC Bayern, die erstmals seit Jahren wieder richtig um den Liga-Titel kämpfen müssen, beflügelnd wirken.
"Der Sieg gegen Hertha war extrem wichtig, um wieder oben zu stehen. Jetzt sind wir in einer Situation, die wir wollten. Wir können es wieder selbst beeinflussen", sagte Joshua Kimmich (28).
Der Nationalspieler war mit zwei Torvorlagen auf Serge Gnabry (27) und Kingsley Coman (26) derjenige, der gegen die Hertha als Chef voranging. "Jetzt sind es noch vier Spiele. Wir werden jedes so angehen, dass wir es gewinnen wollen", kündigte Kimmich kämpferisch an.
FC Bayern gegen Werder Bremen: Gravenberch soll Goretzka ersetzen
Werder ist quasi ein Lieblingsgegner. Seit September 2008 blieben die Bayern in 30 Pflichtspielen gegen Werder unbesiegt (26 Siege, vier Remis, 94:20 Tore). Der 49-jährige Tuchel war als Jugendlicher sogar Bremen-Fan.
"Werder war immer Spektakel, das war wahnsinnig reizvoll", erinnerte er an Bremer Zeiten unter Trainer-Legende Otto Rehhagel (84).
Damals war Werder noch ein Bayern-Rivale. In der Gegenwart ist das Dortmund. Und Oliver Kahn (53), den mancher bereits als Bayern-Chef auf Abruf sieht, bereitet Deutschland schon mal auf ein Herzschlagfinale am 27. Mai vor.
"Es bleibt supereng, vielleicht bis zur letzten Minute des letzten Spieltags", orakelte der frühere Nationaltorhüter und Bayern-Kapitän.
Personell kriecht der Serienmeister in den finalen Viererpack gegen Bremen, Schalke, Leipzig und Köln. Tuchel schlug am Freitag sogar ein wenig Alarm. Er sprach angesichts der langen Ausfallliste vom gesperrten Leon Goretzka (28) über die weiter verletzten Eric Maxim Choupo-Moting (34), Alphonso Davies (22), Dayot Upamecano (24) und den mit einem frischen Muskelriss dazu gekommenen Josip Stanisic (23) von einem "ziemlich dezimierten Kader".
Für Goretzka darf der junge Niederländer Ryan Gravenberch (20) nach seinem positiven Kurzeinsatz gegen Hertha neben Kimmich beginnen. "Das ist naheliegend. Er hat mir gefallen", sagte Tuchel.
Der FC Bayern sucht die Form: Auch bei Jamal Musiala stockt's
Prominente Auswahl hat der Trainer immer noch in der Offensive, aber auch eine zentrale Leerstelle. Ohne Choupo fehle die "klassische Neun, die sich wohlfühlt mit dem Rücken zum Tor", schilderte Tuchel. Ein Mittelstürmer steht auf seiner Sommer-Wunschliste weit oben.
Die spannenden Zukunftsdebatten an der Säbener Straße stellt Tuchel öffentlich freilich zurück. "Wir müssen in Bremen da sein, das zählt. Wir müssen im Hier und Jetzt bleiben", mahnte der Trainer.
Die letzte Titeloption, die für Kahn ausdrücklich "kein Trostpreis" ist, soll und darf nicht auch noch platzen. "Es ist ein knappes Titelrennen. Und wir können uns keine großartigen Ups und Downs mehr erlauben", sagte Tuchel energisch.
Für die Ausschläge nach oben im Bayern-Spiel war in dieser Saison oftmals Jamal Musiala (20) verantwortlich. Aber auch der Topscorer (11 Tore, 10 Vorlagen) ist von der Münchner Krise voll erfasst worden. 2023 gelangen dem 20 Jahre alten Fußball-Magier nur noch zwei Tore und drei Vorlagen in der Bundesliga.
"Es ist eine normale Entwicklung für einen noch jungen Spieler mit normalem Potenzial, wenn es in einer Mannschaft nicht läuft, dass es bei ihm auch hakt", sagte Tuchel nachsichtig:
"Jamal ist jeden Tag hier, um da rauszufinden. Das macht es zu einem Geschenk, mit ihm zu arbeiten. Im Moment stockt es auch bei ihm. Die Entscheidungen sitzen nicht mehr so auf den Punkt, die Dribblings sind vielleicht unsauber. Er versucht, sich zurückzukämpfen, seine Leichtigkeit wiederzufinden. Wir helfen ihm dabei."
Titelfoto: Sven Hoppe/dpa