Schafft ein ehemaliges Energie-Talent jetzt den Durchbruch in der Bundesliga?
Bochum - Am Freitagabend gab es die ersten Gerüchte, am Sonntag wurde der Transfer als fix gemeldet: Moritz Broschinski (22) wechselt zu Bundesligist Bochum. Für das frühere Talent von Energie Cottbus gilt es jetzt.
Moritz Broschinski? Nach der Verkündung des Transfers dürften viele Fans des VfL-Bochum im Internet geschaut haben, wer denn dieser neue Angreifer überhaupt ist.
In Südbrandenburg ist der als zentraler und über Rechtsaußen einsetzbare Angreifer sehr wohl bekannt. Allein sieben Jahre durchlief er das NLZ von Energie Cottbus. TAG24 hat während der vergangenen Tage viele Gespräche mit Personen geführt, die den Werdegang des Angreifers schon länger verfolgen oder begleiten.
Da dieser Transfer so ziemlich aus dem Nichts kam, zeigten sich viele seiner Weggefährten zunächst einmal überrascht über den Transfer. Denn dass der schlaksige Angreifer seinen bisherigen Klub Borussia Dortmund ein halbes Jahr vor Vertragsende verlässt, ist das eine.
Dass er aber direkt den Weg von der U23-Mannschaft des BVB aus der 3. Liga in die Bundesliga geht, ist eine Ansage. Denn auf den ersten Blick ist sein Leistungsnachweis in der 3. Liga überschaubar - drei Tore und eine Vorlage in der aktuellen Saison, seiner dritten bei den Dortmundern.
In den beiden Vorjahren konnte er gar keinen Treffer erzielen. Verletzungen trugen maßgeblich dazu bei, dass der Rechtsfuß lange überhaupt nicht in Tritt kam. Warum dennoch die Verpflichtung, die sich der Klub aus dem Ruhrpott laut einem Bericht von Reviersport 135.000 Euro Ablöse kosten lässt?
Bochums Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian (35) erklärt: "Moritz Broschinski ist ein hochtalentierter Stürmer [...], er besitzt eine große Mentalität und bringt fußballerisch sowie athletisch alle Voraussetzungen mit, um den nächsten Schritt in der Bundesliga zu gehen."
Bei Borussia Dortmund mit begrenzter Perspektive, aber der VfL Bochum besitzt keine U23-Mannschaft
Für Broschinski, der bereits als Jugendspieler vom BVB umgarnt wurde, ist der Weggang vor allem eine Frage der sportlichen Perspektive. Mit Cyrill Akono (22) wurde zum Beispiel im Winter ablösepflichtig ein neuer Sturm-Konkurrent für die U23 geholt.
Und der Sprung ins Bundesliga-Team der Schwarz-Gelben gelang dem Angreifer in zweieinhalb Jahren nicht, obwohl er im November Teil der Dortmunder Reisedelegation nach Asien war, wo die BVB-Profis unter anderem aus Marketing-Zwecken abstiegen.
Doch statt Singapur oder Meppen mit der U23 steht für Broschinski künftig Bundesliga auf dem Programm. Am 11. Februar treten die Bochumer zum Beispiel in der Allianz Arena gegen den FC Bayern an. Spätestens dann will Broschinski zum Kader gehören.
Muss er auch, sagen einige. Denn für ihn ist es jetzt die einmalige Chance in der Bundesliga Fuß zu fassen. Denn bei einem Abstieg der auf Platz 14 liegenden Bochumer könnte er nächste Saison "nur" noch in der 2. Bundesliga spielen.
Zum anderen hat der VfL seit 2015 keine U23-Mannschaft mehr wie die Dortmunder, über die sich Broschinski hätte zur Not Spielpraxis holen können. Die Konkurrenz im Bochumer Angriff ist zudem namhaft: Philipp Hoffmann (29), Simon Zoller (31) oder Takuma Asano (28), der bei der WM gegen Deutschland Japans Siegtreffer schoss, heißen unter anderem seine neuen Konkurrenten.
Ein Drahtseilakt ohne Netz also.
Auch Holstein Kiel, Hansa Rostock und Rot-Weiß Essen waren an Moritz Broschinski interessiert
Bochums Neuzugang zeichnen auf jeden Fall sein guter Antritt und das Raumverständnis aus. Trotz seiner Größe ist er allerdings relativ kopfballschwach. Die Konkurrenzsituation wirft selbst bei vielen dem Angreifer Wohlgesonnenen die Frage auf: Ist der Sprung zu groß?
Dem ging TAG24 auf dem Grund und horchte bei Global Soccer Network, einem in der Branche gefragten Datenspezialisten, nach. Dessen auf Scouting-Einschätzungen und Daten basierender Index weist Broschinski aktuell einen Wert von 53,95 aus, was unterem Zweitliga-Niveau entspricht.
Schöpft der Stoßstürmer eines Tages sein komplettes Potenzial aus, könnte er ein Level von 60,87 erreichen - ein Schwellenwert zum Oberhaus.
Wäre also ein Wechsel zu den ebenfalls interessierten Zweitligisten Holstein Kiel oder Hansa Rostock zielführender gewesen? Hinsichtlich Matchpraxis vielleicht, zumal beide Klubs ein U23-Team besitzen. Das von Kiel spielt immerhin in der viertklassigen Regionalliga Nord.
Aber es gibt ja auch andere Gründe, die den Ausschlag für Bochum gaben. Da wäre sicherlich der Vertrag bis Sommer 2026. Und freimütig gibt Broschinski zu: "Natürlich träumt man schon als Kind davon, eines Tages in der Bundesliga zu spielen."
Und dann wäre da noch sein privates Glück. Broschinskis Freundin soll im Ruhrpott sesshaft sein. Von Dortmund nach Bochum sind es nur knapp 30 Minuten mit dem Auto. Ein Wechsel nach Kiel oder Rostock hätte eine Fernbeziehung bedeutet.
Titelfoto: Fotomontage: Picture Point / Gabor Krieg