Brisantes Stadt-Derby in Leipzig: Chemie und Lok erwarten emotionales Duell
Leipzig - Die Rivalität zwischen der BSG Chemie Leipzig und dem 1. FC Lokomotive Leipzig ist über hundert Jahre gewachsen. Seit 1909 messen beide Klubs, die nur die Abneigung zum Erstligisten RB Leipzig eint, ihre Kräfte in einem Pflichtspiel.
Das Leipziger Stadt-Derby ist mit bisher 108 Auflagen genauso traditionsreich wie das Hamburger Derby mit dem HSV und St. Pauli sowie das Münchner mit dem TSV 1860 und dem FC Bayern (164 Duelle).
In der Gesamtbilanz der Pflichtspiele führt der 1. FC Lok und seine Vorgängervereine, die bisher 54 Derbys für sich entscheiden konnten. Die Chemiker inklusive Vorgänger gewannen dabei 35 Mal – 19 Partien endeten Unentschieden.
Nach dem 2:1-Sieg am vergangenen Montag beim Berliner AK ist Chemie mit 42 Zählern und Platz fünf in der Tabelle an Lok (40 Punkte) vorbeigezogen. Nun soll die Zugabe folgen.
"Wir wollen weiter hoch, gierig bleiben – das ist ja schon immer die Mentalität der Leutzscher", sagte Coach Miroslav Jagatic (46) der Leipziger Volkszeitung und betonte: "Ich bin schon tierisch stolz auf die Mannschaft, wie bereit und gierig sie ist, wie sie immer mehr will."
Diese Mentalität hat sich auch in Probstheida herumgesprochen. "Es wird schwer, Fußball zu spielen, dort zählen andere Tugenden", sagte Stürmer Djamal Ziane (31), der mit Lok im Vorjahr im Sachsenpokal bei Chemie mit 8:7 nach Elfmeterschießen gewann, dem Kicker.
Nur drei Wochen später gab es in der Regionalliga Nordost im Bruno-Plache-Stadion ein klares 3:0 für Lok – und nach dem Spiel eine Massenrangelei unter Spielern auf dem Rasen. Der Funke sprang dann auch auf die Tribüne über. Die Polizei musste eingreifen und die Massen beruhigen.
Chemie und Lok Leipzig: Ausschreitungen auf und neben dem Platz
Der letzte (Heim-)Sieg der Leutzscher gegen den ungeliebten Lokalrivalen gelang am 7. Mai des Vorjahres mit dem 2:1 in der Regionalliga. BSG-Akteur Florian Kirstein (27) bugsierte in der 90. Minute den Ball nach einer Ecke aus vier Metern über die Linie zum umjubelten Sieg.
Allerdings musste die Partie vor 4999 Zuschauern wegen des Einsatzes von Pyrotechnik und randalierender Fans gleich nach dem Wechsel für 17 Minuten unterbrochen werden. Der Nordostdeutsche Fußball-Verband (NOFV) reagierte mit Geldstrafen und Geisterspielen. Hob später nach Einspruch von Lok das Urteil jedoch auf und ließ Fans zu.
Anders als früher bemühten sich beide Klubs in den letzten Jahren zunehmend, im Vorfeld die Emotionen im Zaum zu halten. Dazu wurden teilweise auch gemeinsame Pressekonferenzen abgehalten, mit den Fans vermehrt gesprochen und die Konzentration auf den das Sportliche gelegt.
Hermann Winkler (59), Präsident des Sächsischen und des Nordostdeutschen Fußball-Verbandes, lobte dabei die Rollen der Cheftrainer Almedin Civa (50) und Jagatic, die sich seit über drei Jahrzehnten kennen.
"Ich finde, beide Trainer machen da seine sehr gute Figur, versuchen, auf dem Feld zu deeskalieren. Sie können wohl auch gut miteinander. Das Verhältnis hat sich so verbessert, ich hoffe, dass es so bleibt und sich beide auf das Sportliche konzentrieren", sagte Winkler der Deutschen Presse-Agentur.
Regionalliga-Partie am Sonntag nach wenigen Minuten ausverkauft
Die Anhänger beider Traditionsvereine bemühten sich zuletzt, die Auseinandersetzungen im offenen Schlagabtausch zu umgehen, überraschten zuletzt eher mit Einzelaktionen wie das Zumauern eines Tunnels auf dem Weg zum Stadion, damit der Lok-Fanmarsch nicht durchkommt.
So wurde die sogenannte Mausfalle – eine Unterführung unter dem Leutzscher Bahnhof – einfach mit Gasbetonsteinen und Bauschaum zugemauert. Beim Einreißen gab es die nächste Überraschung: Dahinter stand noch eine zweite Mauer.
Die Begegnung am kommenden Sonntag (16 Uhr) im Alfred-Kunze-Sportpark war bereits nach 23 Minuten ausverkauft.
Titelfoto: Bildmontage: Picture Point / Roger Petzsche