Arminia Bielefeld vor schwerem zweiten Bundesliga-Jahr: DSC mit satten 31 Transfers!
Bielefeld - Das schwere zweite Bundesliga-Jahr steht an! Arminia Bielefeld hat im Sommer einen größeren Umbruch eingeleitet. Ist der Klassenerhalt trotz einiger schwerwiegender Abgänge drin? Wiegen einige kluge Neuverpflichtungen den Aderlass auf? Alles dazu in der TAG24-Vorschau.
Alessandro Schöpf ist der Top-Transfer von Arminia Bielefeld
Der österreichische Nationalspieler und EM-Teilnehmer hat mehrere sportliche Seuchenjahre hinter sich und war bei einigen Fans des FC Schalke 04 auf der Beliebtheitsskala aus verständlichen Gründen nicht ganz oben angesiedelt. Dem dynamischen Außenbahnwirbler merkte man die Verunsicherung durch die lange Negativserie nämlich deutlich an. Auch der Druck lastete erkennbar schwer auf ihm. So gelang es Alessandro Schöpf (27) bei den Knappen nicht mehr, seine Fähigkeiten abzurufen.
Für die Bielefelder Verantwortlichen um Coach Frank Kramer (49) geht es vor allem darum, dem 112-fachen Bundesliga-Spieler wieder dauerhaft Selbstvertrauen einzuflößen. Im DFB-Pokal deutete der Mittelfeldmann mit zwei direkten Vorlagen bereits an, dass dieses Vorhaben momentan gelungen zu sein scheint.
Nimmt er diesen Aufwind mit in die Liga-Saison, ist ihm bei der Arminia eine Führungsrolle zuzutrauen. Deshalb dürfte der vielseitig einsetzbare Kicker, der auch 28 Länderspiele absolviert hat, bei Bielefeld gesetzt sein.
Robin Hack, Janni Serra und Florian Krüger sind einige von Arminia Bielefelds weiteren Zugängen
Der DSC verstärkte sich nur mit (herausragenden) Spielern aus der 2. Bundesliga und dem Ausland. Mit Janni Serra (23) kam ein treffsicherer Stürmer ablösefrei von Holstein Kiel und soll den Konkurrenzkampf verstärken. Selbiges gilt für Florian Krüger (22, FC Erzgebirge Aue), den sich Bielefeld sogar eine Million Euro Ablöse kosten ließ.
Auch Robin Hack (22) kann hier zum Einsatz kommen, hat seine Stärken aber eher auf den beiden offensiven Flügelpositionen oder der Zehn. Das umworbene Top-Talent wurde erst vor wenigen Tagen vom 1. FC Nürnberg losgeeist. Mit dem zentralen Mittelfeldspieler Sebastian Vasiliadis (23) kam darüber hinaus noch eine "Pferdelunge" vom SC Paderborn 07.
Außerdem wurde Masaya Okugawa (25) vom FC Red Bull Salzburg fest verpflichtet. Der Flügelflitzer überzeugte die Arminen-Verantwortlichen im vergangenen Halbjahr im Rahmen seiner Leihe so sehr, dass sie nun eine Million Euro Ablöse für ihn zahlten. Ebenfalls für die Offensive wurde Bryan Lasme (22) unter Vertrag genommen. Der vielseitig einsetzbare Angreifer kam für 800.000 Euro vom französischen Zweitligisten FC Sochaux-Montbeliard und trumpfte im Pokal mit einem Doppelpack auf. Er kann auf beiden Außenbahnen und auch im Mittelsturm agieren.
Mit Patrick Wimmer (20) schnappte sich Bielefeld zudem ein großes Talent vom FK Austria Wien. Für den österreichischen U21-Nationalspieler griffen die Verantwortlichen ebenfalls in die Tasche und bezahlten 700.000 Euro. Momentan laboriert der Flügelmann allerdings noch an einer Sprunggelenksverletzung.
Auch in der Abwehr rüstete der DSC ein wenig auf. Mit Guilherme Ramos (23) kam vom portugiesischen Zweitligisten CD Feirense ein veranlagter Innenverteidiger, der aber erst noch an Bundesliga-Niveau herangeführt werden muss. Das Vertrauen in ihn ist offenbar groß. Denn für keinen Spieler überwies man mehr: 1,2 Millionen Euro bezahlten die Verantwortlichen für den zentralen Abwehrmann, der bei Sporting Lissabon ausgebildet wurde, bislang aber nur in der 2. Liga seines Heimatlandes spielte.
Zudem wurde mit Stefanos Kapino (27) ein neuer Torhüter verpflichtet. Der griechische Nationalkeeper wäre beim SV Werder Bremen auf Sicht wohl nur die Nummer drei gewesen. In der vergangenen Rückrunde stellte er seine Klasse jedoch in der 2. Bundesliga unter Beweis, als er an den SV Sandhausen ausgeliehen war und dort mit seinen starken Paraden einen Teil zum Klassenerhalt beitrug. So dürfte er bei der Arminia der Back-up für Stefan Ortega (28) sein.
Ob Bielefeld noch ein weiteres Mal auf dem Transfermarkt aktiv wird, hängt wohl auch vom Saisonstart ab. Zeichnet sich noch eine Schwachstelle ab, etwa auf den Außenverteidigerpositionen oder im zentralen Mittelfeld, dürfte der DSC erneut zuschlagen, sofern es das Budget noch hergibt. Denn gerade auf diesen Positionen geht der Mannschaft auch die Quantität ab.
Ritsu Doan, Andreas Voglsammer, Arne Maier und Anderson Lucoqui sind Arminia Bielefelds Abgänge
Die DSC-Verantwortlichen haben kräftig aussortiert. Ritsu Doan (23) hätten sie allerdings gerne gehalten. Doch der japanische Wirbelwind spielte so gut, dass er sich nach Ablauf seiner Leihe wieder bei der PSV Eindhoven beweisen darf. Setzt er sich trotz seiner herausragenden Anlagen nicht durch, könnte Bielefeld nochmal die Chance haben, den 20-fachen Nationalspieler fest zu verpflichten.
Auch der ablösefreie Abgang von Anderson Lucoqui (23) zum Liga-Konkurrenten 1. FSV Mainz 05 ist bitter, aber letztlich zu verschmerzen, weil der Linksverteidiger ein wenig zu inkonstant agierte. Mit Reinhold Yabo (29) beendete zudem ein zentraler Mittelfeldmann frühzeitig aus Verletzungsgründen seine Karriere.
Davon abgesehen gab die Arminia vor allem Spieler ab, die sich nicht durchsetzen konnten bzw. die in der 1. Bundesliga Probleme hatten, konstant mitzuhalten. So schloss sich Mittelfeldakteur Marcel Hartel (25) für 350.000 Euro Ablöse dem FC St. Pauli an, ging Angreifer Cebio Soukou (28) zum SV Sandhausen, zog es Sturmkämpfer Andreas Voglsammer (29) zum 1. FC Union Berlin, Offensivmann Joan Simun Edmundsson (29) in die zweite belgische Liga zu Waasland-Beveren, Sturmtank Sven Schipplock (32) zum VfB Stuttgart II in die Regionalliga Südwest und Nils Seufert (24) zu Bundesliga-Aufsteiger SpVgg Greuther Fürth. Sie alle brachten Bielefeld kein Geld ein, dafür aber Platz im Kader und Luft fürs Gehaltsbudget.
Zudem verließen die Arminia drei Talente, die keine Perspektive auf regelmäßige Einsätze gehabt hätten. Der defensive Mittelfeldakteur Joey Müller (20) wechselte zum FC Schalke 04 II in die Regionalliga West, Sechser Can Hayri Özkan (21) zu Fortuna Düsseldorf II in dieselbe Liga und Mittelstürmer Mervin Kalac (19) zum SC Paderborn 07 II in die Oberliga Westfalen.
Außerdem lieh Bielefeld mehrere Kicker an andere Klubs aus. Noel Niemann (21) soll Spielpraxis beim österreichischen Erstligisten TSV Hartberg sammeln, Sebastian Müller (20) und Jomaine Consbruch (19) bei Zweitliga-Absteiger Eintracht Braunschweig und Ersatzkeeper Oscar Linner (24) beim italienischen Zweitligisten Brescia Calcio.
Darüber hinaus endete der Vertrag von Ersatztorwart Nikolai Rehnen (24), der aktuell vereinslos ist. Auch die Leihen von Sergio Cordova (23, zurück zum FC Augsburg), Michel Vlap (24, zurück zum RSC Anderlecht, an Twente Enschede weiterverliehen) und Arne Maier (22, zurück zu Hertha BSC, nun mit Kaufoption beim FC Augsburg).
Da der Kader nun nur noch 24 Mann umfasst, wird wohl höchstens noch ein weiterer Spieler gehen, wenn entsprechend Ersatz gefunden wurde.
Vorbereitung und Form von Arminia Bielefeld: Durchwachsene Tests, Offensivspektakel im DFB-Pokal
Es gab direkt zu Beginn einen herben Dämpfer. Der DSC verlor klar mit 0:3 gegen SC Verl. Allerdings war der Drittligist viel früher ins Training für die Saison gestartet und deshalb körperlich weiter.
Danach folgte ein 1:0-Erfolg gegen Zweitligist Hannover 96, ehe man gegen Liga-Konkurrent VfB Stuttgart eine 2:5-Pleite kassierte. Enttäuschend war auch das 1:1 gegen Viertligist SC Wiedenbrück.
Bei der Generalprobe zeigte die Arminia dann ein anderes Gesicht und erspielte sich gegen Twente Enschede ein 1:1. Danach sorgte Bielefeld im Pokal für ein wahres Spektakel. Am Ende hieß es bei der aufmüpfigen SpVgg Bayreuth 6:3 für Kramers Team, das aber richtig kämpfen musste und den ambitionierten Regionalligisten mit eigenen individuellen Patzern immer wieder zurück in die Partie holte.
In der 1. Bundesliga muss die Mannschaft die Fehler minimieren, weil sie dort noch deutlich schneller bestraft werden.
TAG24-Prognose zu Arminia Bielefeld: Abstiegskampf bis zum Schluss!
Trotz der vielen Transfers ist der Kern der Mannschaft weitgehend zusammengeblieben. Dank der Neuzugänge ist der Kader sogar stärker einzuschätzen, als noch vor einem Jahr.
Im Tor setzt Kramer auf Stefan Ortega (28), der zwar im Pokal ein Gegentor verschuldete, in der Vorsaison aber regelmäßig überragende Leistungen zeigte und seine Qualitäten oft genug unter Beweis gestellt hat. Mit Kapino wurde eine gute Nummer zwei geholt, Youngster Arne Schulz (18) ist aktuell der dritte Mann. Liefert Ortega wie 2020/21 ab, verfügt die Arminia auf dieser Position sogar über sehr gutes Bundesliga-Niveau.
Das gilt für die beiden Außenverteidiger-Position nicht. Sie sind die großen Schwachstellen. Rechts hat Cedric Brunner (27) die Nase vorn, konnte solide Erstliga-Qualität aber ebenso wenig nachweisen, wie sein Konkurrent Nathan de Medina (23). Möglicherweise kann sich der vielseitig einsetzbare Wimmer hier auf Sicht durchsetzen, muss allerdings auch noch beweisen, dass er mithalten kann. Links zeigte Jacob Laursen (26) im Pokal eine gute Leistung, doch ob er das regelmäßig in der Bundesliga schafft, bleibt abzuwarten.
Innen ist das Erfolgsduo der Vorsaison gesetzt: Amos Pieper (23) und Joakim Nilsson (27). Mit Ramos und Mike van der Hoorn (28) hat Bielefeld solide Akteure in der Hinterhand, die jederzeit in die Bresche springen können.
Im zentralen Mittelfeld sind Schöpf und Kapitän Manuel Prietl (30) gesetzt. Bis Vasiliadis nach seinem Syndesmoseriss am Sprunggelenk wieder vollständig fit ist, kann sich Fabian Kunze (23) in den Vordergrund spielen.
Während die Besetzung in der Defensive recht dünn ist, tobt in der Offensive der Konkurrenzkampf. Auf der Zehn deutet vieles auf Okugawa hin. Die Doppelspitze werden zum Start vermutlich Ex-Kapitän Fabian Klos (33), der Gewinner der Vorbereitung, und Lasme bilden, der im Pokal einen Doppelpack schnürte. Mit Serra, Hack, Krüger und Christian Gebauer (27) hat Kramer hier aber viele gute Alternativen und wird je nach Trainingsleistung und Gegner wohl regelmäßig rotieren. Auch Youngster Vladislav Cherny (18) ist bereits eine Option.
Gerade im Sturm wirkt Bielefeld in der Breite und Spitze gut besetzt, doch der Mannschaft fehlt noch der Feinschliff. Im Mittelfeldzentrum und auf den Außenverteidiger-Positionen gibt es Handlungsbedarf und für Bundesliga-Verhältnisse Schwächen. Verletzen darf sich hier aufgrund der engen Personaldecke aktuell keiner.
Deshalb wird es für die Arminia erneut ein harter Kampf um den Klassenerhalt. Schwächelt die Konkurrenz um Fürth, den VfL Bochum, 1. FC Köln und ein Negativ-Überraschungsteam (wie in der Vorsaison der FC Schalke 04), sollte zumindest die Relegation möglich sein.
Doch auch der direkte Abstieg käme nicht überraschend. Denn die Mannschaft muss sich nach all den Zu- und Abgängen erstmal finden, hat dafür aber wenig Zeit. Kassiert sie nämlich zu Beginn mehrere Niederlagen, wird es für den DSC schwer, selbstbewusst weiterzuspielen und sich aus der Abstiegszone zu kämpfen.
Titelfoto: dpa/Daniel Karmann