Union-Star Gosens: Geld "rechtfertigt nicht solche Hassnachrichten"
Berlin - Robin Gosens (29) ist ein Fußballprofi, der über den Tellerrand hinausblickt: Der Flügelflitzer absolviert neben seiner Karriere auf dem grünen Rasen ein Fernstudium in Psychologie und wehrt sich gegen Hass und Hetze im Internet.
Im Anschluss an das Nachholspiel in Mainz erhielt der Spieler von Union Berlin im Netz sogar Todesdrohungen, die sich auch gegen seine Familie richteten.
Das "Totschlagargument", wie er es in einem Interview mit dem SWR nannte, dass er als Profifußballer privilegiert sei und über solchen Aussagen stehen müsse, wollte der Nationalspieler aber nicht gelten lassen.
"Wir verdienen wahrscheinlich sogar zu viel Geld für das, was wir machen. Aber das rechtfertigt doch nicht solche Hassnachrichten", kritisierte er die Hetze in den sozialen Medien.
Zudem würden Geld und Erfolg auch nicht davor schützen, "mental krank zu werden", mahnte der 29-Jährige in dem SWR-Interview an und kam damit auf ein anderes Thema zu sprechen, das ihm sehr am Herzen liegt.
"Ich habe das Gefühl, dass Profifußballer, die über Depressionen, Ängste oder Burnout-Symptome sprechen, als schwach angesehen werden", bemerkte Gosens, der seinen Bachelor in Psychologie bereits in der Tasche und den Master "fest eingeplant" hat.
Robin Gosens macht sich für besseren Umgang mit mentaler Gesundheit in der Bundesliga stark
"Solange ein betroffener Spieler sich nicht sicher sein kann, aufgefangen zu werden, wird sich nichts ändern", stellte der Linksfuß fest. Er selbst gehe regelmäßig zu einer Psychologin.
"Ich gehe aber nicht nur, wenn es brennt, sondern es ist auch eine Präventiv-Maßnahme", erklärte der zweifache Vater, der später eine eigene Praxis eröffnen möchte, um Sportler zu betreuen, "die mit Druck, Ängsten, Depressionen oder Burnout zu kämpfen haben".
Er wünschte sich, dass bei den Bundesliga-Klubs (noch) mehr Wert auf die mentale Gesundheit der Spieler gelegt werde und schlug eine zweigleisige Betreuung vor.
Zum einen sollten die Profis auf einen freien, vom Verein unabhängigen, Psychologen zurückgreifen können, bei dem sie sich keine Sorgen um die Schweigepflicht machen müssten. Zum anderen könnte ein Sportpsychologe, den viele Klubs bereits in ihren Reihen haben, das Tagesgeschäft betreuen, die Trainingseinheiten beobachten und dem Trainerstab ein Feedback geben.
Denn ein Spieler, der Angst habe, "dass ihn die Medien oder die Fans zerreißen, dass ihn der Verein nicht spielen lässt, dass sein Vertrag nicht verlängert wird oder dass er keinen neuen Klub findet", würde seine Probleme in sich hineinfressen und sich in einem Teufelskreis wiederfinden.
Titelfoto: Andreas Gora/dpa