Union-Berlin-Blog: Schluss mit unserer Schönrederei!

Berlin - Eisern: In einer Personal-Union aus drei waschechten Berliner Fußball-Fan-Originalen gibt es bei TAG24 den Union-Berlin-Blog.

Christian Beeck, Jürgen Heinemann und Tobias Saalfeld.  © Archiv

Die Autoren:

Icke (Jürgen Heinemann) ist seit Mitte der Siebzigerjahre Unioner und als Betriebswirt seit über 30 Jahren im Vertrieb tätig. Er ist verheiratet und hat ein erwachsenes Kind. Icke lebt heute in Grünheide und schreibt hier als Gründer des Blogs.

Unionfux (Tobias Saalfeld) ist seit über 40 Jahren Unioner, er arbeitet als Freischaffender für Bühne, Funk und Fernsehen, auch dort schreibt er.

1. FC Union Berlin Keine Entschuldigung nach Feuerzeug-Skandal? Jetzt wehrt sich Union!

Beecke (Christian Beeck), Ex-Bundesliga-Spieler (Hansa, Cottbus), Ex-Union-Manager, 21 Länderspiele für DDR-Junioren, stammt aus dem eigenen Nachwuchs von Union. Beecke hat 2 Kinder. In unserem Union-Blog fungiert Beecke als Berater.

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21. Dezember: Schluss mit unserer Schönrederei!

Union-Trainer Bo Svensson (45) wirkte nach der Niederlage sichtlich geknickt.  © Carmen Jaspersen/dpa

Icke: Den Eindruck könnte man haben: Wir reden uns so einiges schön. Und ich meine nicht nur das Spiel in Bremen, das uns in die Winterpause schickt. Völlig verdient und wir waren ohne jegliche Chance.

Auch das Ergebnis von 1:4 ist in dieser Höhe angemessen. Schon nach einer guten Viertelstunde lagen wir mit 0:2 hinten. Individuelle Fehler und fehlende Schnelligkeit waren die Ursachen. Mit der fehlenden Schnelligkeit meine ich aber nicht nur die 'körperliche', sondern auch die gedankliche Schnelligkeit.

Ja okay, Vogt fehlte im Zentrum. Aber wie kommen wir auf die Idee, einen 21-jährigen Wechselspieler ins Zentrum der Abwehr zu stellen. Querfeld war mit dieser Rolle sichtbar überfordert. Dazu kommt, dass er mit gemessenen 28,13 Kilometern pro Stunde unser langsamster Feld-Spieler ist. Das konnte nicht gut gehen.

1. FC Union Berlin Doppelschlag und Pyro-Pause: Union Berlin nach Pleite in Bremen weiter in der Krise

Doekhi hatte ihn (Vogt) schon einmal ordentlich vertreten. Noch besser wäre wahrscheinlich Khedira gewesen. Der hat die nötige Ruhe und Erfahrung und er ist Vize-Kapitän. Eben eine anerkannte Spieler-Persönlichkeit. Mit Kemlein hätten wir auch einen guten Vertreter für die '6' gehabt. Das 3:1 erzielten die Bremer übrigens noch kurz vor der Halbzeit. In der 23. Minute hatte Schäfer nach Vorarbeit von Rothe den Anschluss-Treffer erzielt.

Zur Halbzeit korrigierte Bo einiges. Brachte Juranovic für Trimmel. Und Skarke für Skov. Skarke brachte etwas mehr Tempo und Körperlichkeit in unsere Aktionen. Ändern konnte er aber auch nichts mehr. 20 Minuten vor dem Ende wurde bei uns das zentrale Mittelfeld ausgetauscht. Khedira und Schäfer gingen und Kemlein und Tousart kamen. Wenn ich mit zwei Toren hinten liege und nur noch ein Wunder hilft, wechsle ich dann zwei defensive Mittelfeldspieler ein? Zumal wir mit Prtijan (er kam dann später) und Volland noch zwei Stürmer auf der Bank haben? Das gut zu erklären, dürfte nicht einfach sein.

Über das Spiel gibt es aus Union-Sicht nichts Positives zu berichten. Kurz vor Schluss erzielte Werder dann noch das verdiente 4:1. Schwolow, der diesmal für Rönnow im Tor stand, war an der Niederlage völlig schuldlos. Was beim Ansehen dieses Spiels noch ins Auge fiel - in vielen Situationen waren die Bremer schlicht zu schnell für uns. Auch auf dieses Detail müssen wir bei zukünftigen Verpflichtungen achten. Schnelligkeit entscheidet Spiele.

Aber wer dachte, das sind schon alle schlechten Nachrichten, der irrte. Vorige Woche hatten wir nach dem Feuerzugwurf fast einen Spielabbruch verschuldet. Das da noch ein Nachspiel kommt, wissen alle. Außer vielleicht unsere Union-Ultras. Die kamen doch allen Ernstes auf die glorreiche Idee, kurz nach dem Anpfiff zur zweiten Halbzeit das komplette Stadion minutenlang in Rauch zu hüllen. Und ja, Raketen waren akustisch auch zu hören, sehen konnte man durch den Rauch der Fackeln ja nichts. Das ist ausgesprochen klug, weil wenn wir schon eine Strafzahlung in (wahrscheinlich) sechsstelliger Höhe für das Feuerzeug erhalten, dann fallen die paar zehntausend Euros für Fackeln und Böller auch nicht mehr auf.

Kann man da noch einen draufsetzen? Ja, das geht, eine kleine Abordnung unserer so cleveren Ultras eilte nach dem Spiel in den Innenraum. Unser "Vorsänger A." und noch zwei Hände voll anderer Rot-Weißer Ultras maßten sich an, unserer Mannschaft eine Ansage zu machen. Bei allen Emotionen, das steht ihnen nicht zu. Zumal man sich heute mit den Pyro-Aktionen – nach einem Fast-Spiel-Abbruch – noch dümmer anstellte, als es die Mannschaft tat.

Wie das nun alles weiter geht? Nein, auf einem Abstiegsplatz stehen wir noch nicht. Aber auch nur, weil sich andere Mannschaften noch dümmer anstellen als wir. Wir stehen wieder im Abstiegskampf. Aktuell hat unser Verein gerade einen Aktienverkauf gestartet. Das, was die Mannschaft sportlich liefert, der Feuerzeugwurf und die Fackel-Aktionen der Ultras, sind – vor allem in ihrer Gesamtheit – dazu nicht wirklich förderlich. Teilweise erschreckend dumm.

Wir geben aktuell kein gutes Bild in der Öffentlichkeit ab. Alles das, was wir selbst im November/Dezember dieses Jahres – und auch darüber haben wir berichtet – Positives im Umfeld gestaltet haben, rückt durch den Mist in den Hintergrund. Das ist nicht mehr zu akzeptieren.

Und ich hoffe nicht, dass Dirk Zingler - wir kennen uns und dadurch darf ich ihn auch direkt ansprechen – nicht wieder alle Zahlungen kommentarlos durchwinkt und bezahlt. Das betrifft den Feuerzeugwerfer und auch die extra-dummen Pyros in Bremen. Es ist das Geld unseres Vereins und nicht das Geld der Ultras! Ich schätze unseren Präsidenten sehr und halte ihn für einen einmaligen Glücksfall für unseren Verein. Nur seine Milde für jeden Bock, den die Ultras fabrizieren, verstehe ich immer seltener.

Nun kann in diesem Jahr nur noch einer für gute Nachrichten sorgen und ich hoffe Horst Heldt hat die meisten seiner Winter-Transfers schon eingetütet. Das wir auch hier etwas machen müssen, steht außer Frage.

So man sich vor Heiligabend nicht mehr sieht - allen Menschen ein frohes Weihnachtsfest und allen Opfern in Magdeburg und ihren Familien mein aufrichtiges Mitgefühl. Eisern.

20. Dezember: Auswärts in Bremen: Krise bitte beenden!

Für Unions Rani Khedira (30) geht es wieder nach Bremen.  © dpa/dpa

Unionfux: Ja, es ist momentan schwierig als Unioner, wieder mal, und auch das Schreiben darüber wird nicht gerade leichter - denn wir sind seit etlichen Wochen ohne Sieg und man kann sich vor dem letzten Spiel in diesem Jahr bei Werder Bremen immer nur gebetsmühlenartig wiederholen: mehr Mut und Präzision in der Offensive, spielerisches Potential der Mannschaft ausschöpfen und bitte nicht nur über fünfundvierzig Minuten ordentlich auftreten, sondern auch gern mal über die volle Spielzeit. Und natürlich sehen die Statements von Trainer und Mannschaft weiterhin so aus wie in den vergangenen Wochen.

Vielleicht gehen wir etwas versöhnt in die kurze Winterpause, noch ist das bescheidene Ziel von zwanzig Punkten ja machbar (und verdient hätten wir’s weiß Gott!!), oder aber wir nehmen die gerunzelte Stirn mit in den Januar. Klar ist, dass auch ein möglicher Sieg nicht alle offenen Fragen beantworten kann, aber er wäre doch ein Anfang.

Dass er für die allgemeine Stimmung in der Mannschaft und für uns alle ziemlich wichtig ist, dürfte wohl auch auf der Hand liegen. Dass wir ohne unseren gesperrten Abwehrchef Kevin Vogt antreten müssen, macht die Sache nicht gerade leichter - andererseits wäre eine Gelbsperre sowieso demnächst gekommen, überraschend ist dieser Ausfall nicht und besser gleich als später. Wahrscheinlich wird Leo Querfeld ihn ersetzen, diesmal hoffentlich mit mehr Fortune als in Stuttgart.

Und leider ist Werder im Moment ziemlich gut drauf, nach unserem letzten Sieg in Kiel lagen wir drei Punkte vor ihnen, jetzt sind wir fünf Punkte hinter dem kommenden Gegner. Gut für uns ist hingegen die relative Heimschwäche der Grün-Weißen, die zu Hause erst einmal gewinnen konnten, magere sechs Punkte stehen sechzehn stolzen Auswärtszählern gegenüber, nur die Bayern sind in der Fremde besser. Vielleicht ist es, so gesehen, auch ganz gut, dass wir dieses so überaus anstrengende Jahr 2024 auswärts beschließen müssen/dürfen/können.

Das alles weiß Bo Svensson auch, nicht nur ich bin gespannt, wie er personell und taktisch reagieren wird. Hat er eine erkennbare Idee und kann er die der Mannschaft vermitteln? Wie kann er neue Impulse setzen, stehen eventuell Spieler auf dem Platz, die schon lange (aus unterschiedlichen Gründen) keine Rolle mehr gespielt haben wie Roussillon, Tousart, Prtajin, Juranovic oder Volland? Und reagiert er diesmal schneller in punkto Einwechslungen? Den Namen Benes traue ich mich schon gar nicht mehr zu erwähnen… Wir werden es sehen, es ist mittlerweile nahezu unmöglich geworden, irgendwas vorauszuahnen.

Doch auch, wenn uns momentan etwas der Glaube abhandengekommen sein mag und wir gerade nicht wissen, woher wir die Hoffnung auf einen Leistungssprung nach vorne hernehmen sollen, so ist doch, wie schon mehrfach erwähnt, der Optimismus ein notwendiger und fester Bestandteil des Rüstzeugs eines jeden Unioners, bei vielen über die Jahre gestählt und verfeinert.

Vielleicht passiert ja ein kleines Weihnachtswunder und wir gewinnen im Weserstadion, ist ja nicht so, dass uns das nicht schon mehrfach gelungen wäre, ja, eigentlich haben wir überhaupt erst einmal dort verloren, aber schon dreimal gewonnen. Also, Kopf hoch und breite Brust für’s Auswärtsmatch in Bremen, Krise bitte beenden und zeigen, dass wir’s noch und wieder draufhaben!!

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17. Dezember: Watt'n nu Union?

Bo Svensson ist mit Union stark gestartet, wartet jetzt aber seit acht Spielen auf einen Sieg.  © Andreas Gora/dpa

Acht Pflicht-Spiele ohne Sieg. Dabei sind 5 Niederlagen und 3 Unentschieden. Eine gute Bilanz sieht anders aus. Nächsten Samstag in Bremen – am letzten Spieltag 2024 – erwarten nur Super-Optimisten einen Berliner Sieg. Realistisch betrachtet … sollten wir uns (wie verrückt) über einen Punkt freuen, so er gelingt. Ich habe da noch so meine Zweifel. Das Team ist verunsichert. Der Trainer bleibt bei seinem stoischen Defensiv-Konzept. Und Jordan kann anscheinend weitere 50 Spiele für Union bestreiten, ohne jemals ein Tor zu erzielen. Die große Chance gegen Bochum … Benes in einem Heimspiel gegen einen schwachen Gegner auf die 10 zu stellen und den Versuch zu wagen, spätestens aber nach dem Platzverweis (oder auch zur Halbzeit) diese Einwechslung vorzunehmen … haben wir verpasst.

Unabhängig davon, was das Sportgericht nun für das vergangene Spiel entscheidet, müssen wir uns nicht wundern, dass wir wieder eine Trainer-Diskussion haben. Haben wir, wenn wir in die Fußball-Foren dieser Republik schauen. Warum Union-Trainer Bo Svensson nichts ändert, wird sein Geheimnis bleiben. Eine ähnliche, wenn nicht noch schlimmere Situation, hatte vor Jahresfrist die deutsche Nationalmannschaft. Über die wurde - mangels Leistung - nur noch mitleidig gelächelt. So weit sind wir noch nicht, etwas ändern müssen wir aber ebenso. Wir machen es aber nicht.

Was hat denn der DFB an Maßnahmen getätigt, um das deutsche Vorzeigeteam wieder in positive Fahrwasser zu bringen? Einen jungen Trainer verpflichtet, der trotzdem kein heuriger Hase war. Und der Mut auch zu unpopulären Entscheidungen hat. Ihm darüber hinaus mit Völler einen Sympathieträger als Manager beiseitegestellt. Die aber wohl entscheidendste Maßnahme kam vom neuen Trainer direkt. Er verordnete der deutschen Mannschaft ein einfaches und jedem bekanntes System. Das 4-2-3-1 wird in jeder deutschen Akademie gelehrt. Jeder Spieler kennt es und weiß, wie er sich wo zu verhalten hat.

Defensiv haben wir keinerlei Probleme unser Bo-System erfolgreich zu gestalten. Offensiv aber schon. Der Trainer sprach vor kurzem und auch erstmals unsere mangelnde Kader-Qualität an. Ist das so? Zumindest nach unserem Gehalts-Budget für den Gesamt-Kader nicht. Und auch sonst möchte ich hier widersprechen. Mit 29 Spielern ist unser Profi-Kader eher zu groß, als zu klein. Unsere 122-Millionen Kaderwert rangieren bei Platz 11 in der Bundesliga. In der Punkte-Tabelle der Bundesliga finden wir uns aktuell auf Platz 12 wieder. Das passt doch. Das Einzige, wo man dem Trainer Recht geben muss … ist die Qualität unserer Stürmer. Das „scheint“ nicht zu passen. Genau einschätzen können wir es aber nicht. Weil eben gleich zwei neue Stürmer (die war zu Saison-Start gekauft haben) so gut wie nie eingesetzt werden. Dazu der lange verletzte Volland auch Rückschläge zu verzeichnen hatte. Das wir an dieser Stelle allerdings prinzipiell zu defensiv spielen und Spieler mit kreativen Fähigkeiten (Benes) gar keine richtigen Chancen bekommen (jedenfalls nicht auf ihren starken Positionen) … lässt sich auch nicht wegdiskutieren.

Genau darum haben wir wieder eine Diskussion um unseren Trainer. Was macht eigentlich der andere Bo in Mainz anders? Nicht viel! Aber aktuell sehr erfolgreich. Was der gerade vollzogene Sieg gegen die Bayern belegt. Auch in Mainz wird ein System mit drei Innenverteidigern gespielt. Und ebenso gibt es (wie bei uns) zwei zentrale Mittelfeldspieler. Der entscheidende Unterschied ist aber, der Mainzer Bo traut sich – auch gegen die Bayern – auf der „8“ einen Spielmacher (Amiri) auflaufen zu lassen. Dazu hat er natürlich noch das Glück … mit Burkhardt einen gefährlichen Stürmer zu haben. Das war aber nicht immer so. Dieser war lange verletzt und wurde mit diesem Trainer zusammen – immer besser. Ja, auch das ist eine Aufgabe des Trainers, Spieler besser zu machen. Ich erinnere an (vor allem) Andrich und Nico Schlotterbeck. Die haben ihr Form-Hoch bei Union nutzen und konservieren können. Selbst ein Behrens hatte es bin in die Nationalmannschaft geschafft. Das war alles kein Zufall, Urs Fischer konnte Spieler besser machen, Bo Svensson muss das – bei uns – erst noch beweisen. Dabei hat er gute Voraussetzungen dafür. Unsere Abwehr zu stabilisieren, das ist ihm gelungen. Und selbst, wenn in Bremen ein Vogt fehlt, steht mit Querfeld gleich der nächste österreichische Nationalspieler bereit, der defensiv eine gute Rolle spielen kann.

Allerdings muss sich Bo Svensson gut überlegen, wer bei uns den Spielaufbau in Bremen übernehmen soll. Vogt fehlt. Schafft es unser Bo über seinen eigenen Schatten zu springen und Benes auf die „8“ zu stellen? Wenn er das zum wiederholten Male verweigert, dann sehe ich für das letzte Auswärtsspiel schwarz. So viele - im Spielaufbau gute Spieler – haben wir nicht. Fällt Vogt aus und sitzt Benes (wieder) auf der Bank, wüsste ich nicht, wer das nachhaltig übernehmen könnte.

Die Beispiele mit der deutschen Nationalmannschaft und dem Mainzer Landsmann und Namensvetter sind nicht als Gebrauchsanleitung zu verstehen. Wir müssen nur Dinge korrigieren, die sehr offensichtlich bei uns falsch laufen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Welchen Weg unser Bo nun wählt, sei ihm überlassen. Ändert er aber nach wie vor gar nichts und hält weiter an nicht sonderlich erfolgreichen Dingen fest, so muss er sich Fragen gefallen lassen und notfalls die Konsequenzen tragen. So wie im richtigen Leben. Eisern.

15. Dezember: Doppelter Tiefpunkt: Vielleicht nicht mal ein Punkt gegen Bochum

VfL-Torhüter Patrick Drewes (31) liegt nach einem Feuerzeugwurf am Boden.  © Andreas Gora/dpa

Unionfux: Was soll man dazu sagen? Ein doppelter Tiefpunkt, sowohl sportlich als auch das Fairplay betreffend.

Zunächst einmal das reine Spiel, das für mich eigentlich die logische Konsequenz der letzten Wochen ist: Da spielt man fast 80 Minuten gegen einen der momentan überschaubarsten Gegner der Liga im heimischen Stadion, gerät trotzdem in Rückstand, den man vor der Pause noch egalisieren kann und bis zur Halbzeit an der Führung arbeitet. Dann folgt allerdings eine zweite Hälfte, in der man zwar überlegen ist, aber kaum echte Torgefahr entwickelt, die wenigen Gelegenheiten nicht nutzen kann. Insgesamt hat der Bochumer Keeper nicht viel zu halten, im Gegenteil, Bochum hat sogar noch die eine oder andere Chance zu verzeichnen, die gerade noch geklärt werden kann. Es ist mir unbegreiflich, warum der Trainer die Pause offensichtlich nicht dazu nutzt, taktisch und schon da mit offensiven Einwechslungen so einzugreifen, dass die zahlenmäßige Überlegenheit und die größere individuelle Klasse in Tore umgemünzt werden kann. So kommen wir abermals über Ansätze nicht hinaus.

Nun ist es nicht so, dass sich so ein Spiel gegen einen abgeschlagenen Tabellenletzten, trotz Überzahl, so entwickeln kann, frag nach in Leverkusen (die holten, allerdings gegen elf Bochumer auch nur ein Unentschieden, sogar nach einer Zwei-Tore-Führung). Nur ist unsere offensive Unfähigkeit mittlerweile so manifest, dass man sich eigentlich nicht mehr so recht darüber wundert. Ein einigermaßen souveränes Spiel haben wir nun schon seit einem Jahr nicht bewundern können, wir gewinnen bestenfalls mit Mühe und knapp. Gegen Dortmund ist das sicherlich okay, doch sonst? Eigentlich hat im Grunde fast jede Mannschaft mal einen goldenen Tag, ein oder zwei Ausreißer nach oben, wir seltsamerweise schon lange nicht mehr. Eine Spielidee ist weiterhin nicht in Sicht, die anfänglichen Erfolge in dieser Saison verschaffen uns zwar Luft, aber waren offenbar nur ein Strohfeuer.

In der Winterpause muss nochmals alles auf den Prüfstand gestellt werden, muss personell nachgelegt werden, da wir mit Prtajin, Ilic, die erst gar nicht bundestauglich zu sein scheinen, des weiteren mit Jordan und auch Skarke sowie Vertessen einen glücklosen Ein-Tore-Sturm aufweisen, einzig Hollerbach kann, wenn auch limitiert, die gegnerischen Abwehrreihen erfolgreich stressen. Ob Volland nochmal entscheidend mitwirken kann, ist mehr als fraglich. Wobei man allerdings noch einwenden muss, dass unsere Stürmer einfach zu wenig mit Vorlagen gefüttert werden. Unser Mittelfeld besteht gefühlt aus lauter Sechsern, Benes wird nicht vertraut beziehungsweise konnte auch er erst in Ansätzen zeigen, dass (bzw. ob) er uns weiterhelfen kann. Und unsere einst so gefürchteten Standards sind auch weitgehend verschwunden. Ganz klar: Lösungen müssen her, denn das die ganze Angelegenheit wie durch ein Wunder aus dem Knick kommt, glaubt man nur mit extremer Blauäugigkeit.

Insofern steht auch, wohl oder übel, der Trainer zur Diskussion, denn der muss das Orchester zum Klingen bringen, eine Idee haben, wie er das Beste aus dem vorhandenen Kader rauskitzeln kann und seit Wochen klingt und kitzelt da einfach nicht genug. Ein Punkt gegen Bochum ist, zumal in der Alten Försterei, zu wenig. Doch vielleicht wird es ja noch nicht mal der, denn hier folgt Tiefpunkt Nummer zwei: in der Nachspielzeit wird der Bochumer Keeper von einem Feuerzeug getroffen, wie leicht oder wie heftig kann ich nicht beurteilen, aber das ist auch nebensächlich. Das Spiel steht kurz vor einem Abbruch, wird dann doch nach einer Ewigkeit zu Ende "gespielt", die Zeit läuft ohne weitere Aktion bis zum Abpfiff runter. Nichtsdestotrotz werden die Bochumer Protest einlegen, das ist ihr gutes Recht und nicht unüblich, und es sollte niemanden erstaunen, wenn der VfL sich über drei Punkte freuen kann, zugesprochen am berühmten Grünen Tisch. Was darüberhinaus noch an Strafen verhängt wird, darüber kann man derzeit nur spekulieren. Was irgendwelche Fans da reitet, wo man doch das Ende solcher Aktionen nun wirklich ahnen kann, weiß ich nicht. Der Täter ist angeblich schon festgestellt worden, immerhin.

Vor vielen Jahren ist schon mal ähnliches passiert. 1982 wurde beim Spiel gegen Vorwärts Frankfurt/Oder der gegnerische Keeper Kreutzer ebenfalls beworfen und verletzt, unter seinerzeit jedoch wesentlich skandalöseren Vorzeichen. Wir behielten den Punkt, mussten aber zweimal auf neutralem Boden antreten und die riesigen Fangzäune wurden installiert. Die Älteren unter uns werden sich erinnern wegen dieser beiden Tiefpunkte, unnötig wie zwei Kröpfe. Also ging man heute doppelt geschockt und frustriert aus dem Stadion. Es bleiben viele offene Fragen, so und so, auf die zeitnah gute Antworten gefunden werden müssen.

14. Dezember: Black Saturday in Köpenick

Union Berlin kämpft gegen VfL Bochum um den Ball.  © Andreas Gora/dpa

Icke: Wollen wir über das Spiel sprechen oder über den Wurf-Skandal? Oder auch über die schauspielerischen Fähigkeiten des Bochumer Torwarts? Wir versuchen einmal Alles.

1:1 hieß es am Ende dieses Bundesligaspiels. Es ging zu Ende mit einem Revival des Skandalspiels Deutschland gegen Österreichs, die einen Nicht-Angriffs-Pakt zelebrierten. Der Beginn dieses Spiels war ganz ordentlich. Unions erste Chance gab es gleich nach zehn Sekunden. Skarke leitete sie ein und verzog den Pass wiederum auf ihn. Nach elf Minuten Spielzeit ließ sich ein Bochumer zu einem wirklich bösen Foul gegen Schäfer hinreißen. Glatt Rot war natürlich die Konsequenz. Nun sollte doch alles laufen. Union zu Hause gegen den Tabellenletzten und noch in Überzahl. Was soll da noch schief gehen? Zumal wir von Anfang an (bis zum Schluss) eine Ballbesitzquote von fast 70 Prozent hatten. In Führung ging dann aber Bochum. Bereits in der 23. Minute. Zehn Minuten später gelang uns zwar der Ausgleich zum 1:1, mehr aber auch bis zum Halbzeitpfiff nicht.

Auch in der zweiten Halbzeit drückten wir die Bochumer mit unserem enormen Ballbesitz ein. Richtig große Chancen bekamen wir in der Mehrzahl trotzdem nicht. Das war brotlose Kunst. Zumal Bochum immer mal wieder gefährliche eigene Angriffe startete und wir uns nie sicher sein konnten. Viele Unioner hatten damit gerechnet, dass Trainer Bo endlich Benes von Anfang an (als Zehner) spielen lässt. Damit hätten wir wenigstens einen "Typ Spielmacher" gehabt. Benes wurde dann 22 Minuten vor dem offiziellen Ende eingewechselt. Viel zu spät, wie ich meine. Dafür brachte er bereits in der 56. Minute "Mittelstürmer" Jordan. Auch in seinem 13. Spiel (dieser Saison) traf er nicht. Warum nur, wusste ich das vorher und Bo nicht? Generell fiel uns spielerisch nicht viel ein. Wir hatten zwar den Ball, aber keine Ideen, wie wir uns Chancen erarbeiten können. Skov und Hollerbach waren noch die aktivsten Spieler bei uns.

Und dann kommt die 91. Minute. Bochums Torwart sieht Gelb für sein wiederholtes Zeitspiel. Sekunden danach will er dann doch einen Abstoß wagen und wird von einem geworfenen Feuerzeug gestreift. 13 Gramm wiegt so ein Ding. Er fasst sich an den Kopf, überlegt kurz und geht zu Boden. Hat aber noch die Kraft das Feuerzeug aufzuheben und es dem Schiri zu zeigen. Dann geht er wieder zu Boden. Ein lächerliches Schauspiel. Es folgen Behandlungen, Abtransport mit zwei ihn stützenden Helfern und schlussendlich lässt er sich ins Krankenhaus fahren. Da will uns jemand veräppeln! Das Spiel wurde natürlich für eine halbe Stunde unterbrochen. Laut Aussage ihres Geschäftsführers wollte Bochum einen Abbruch haben. Man überzeugte sie und sie spielten das Spiel (drei, vier Minuten) nach 30 Minuten Pause unter Protest weiter.

Natürlich hat das ein juristisches Nachspiel. Wir müssen nicht darüber reden, dass solche Würfe nichts beim Fußball zu suchen haben. Gott sei Dank hat man den dümmlichen Täter gefasst. Was der uns für einen Schaden zugefügt hat, ist ihm wohl noch gar nicht bewusst. Das wird er erst kapieren, wenn wir ihm unsere Schlussrechnung präsentieren. Das dürfte deftig werden. Die drei Punkte könnten nach Bochum gehen, eine enorme Geldstrafe könnte verhängt werden oder sogar der Ultra-Block (für ein oder mehrere Spiele) gesperrt werden. Auch ein Geisterspiel wäre nicht völlig ausgeschlossen. Egal was da kommt, alles das schadet uns, vor allem in der prekären Situation (das war jetzt das achte Spiel hintereinander ohne Sieg), in der wir uns aktuell befinden.

Auch schlimm, der festgesetzte Werfer war nicht der einzige Kriminelle. Etliche weitere Wurfgeschosse waren zu sehen. Getroffen hatte aber (zum Glück) nur der eine. Wer dort hinter unserem Zuckertor alles Jahreskarten hat, sollte ja (vom Verein) leicht festzustellen sein. Auch in diesem Spiel gab es auch wieder reichlich Fackeln (pro Fackel zahlt der Verein 1000 Euro Strafe) zu sehen. Und die kamen nicht aus der unorganisierten Szene. Vielleicht denkt Dirk doch einmal über seinen Kuschelkurs mit einer bestimmten Szene nach? Das könnte dem Gesamt-Verein viel Geld sparen. Eine weitere Frage, die sich stellt: Lassen wir alles so weiterlaufen oder reagieren wir als Verein? Gerade läuft unsere zweite Runde im Aktien-Verkauf. Die wird mit eigenen Investitionen (Werbungen) begleiten. Eine bessere sportliche Situation würde unsere Angebote erheblich unterstützen. So schadet sie uns. Es bleibt ein schwarzer Samstag für den 1. FC Union.

Nächsten Samstag spielen wir das letzte Punktspiel in diesem Jahr in Bremen. Eine Reaktion des Trainers und/oder der Mannschaft wäre toll. Um alles andere müssen wir uns intern und extern kümmern. Einige Dinge werden schmerzen. Andere müssen wir ändern! Eisern.

13. Dezember: Ohne Wenn und Aber!

Am Sonnabend spielt der 1.FC Union Berlin gegen den VfL Bochum.  © Andreas Gora/dpa

Unionfux: Jetzt aber: am Sonnabend kommt der VfL Bochum in die Alte Försterei und nein, das wird nicht einfach, aber wenn wir gegen eine Mannschaft, die in dreizehn Spielen erst zwei Unentschieden erringen konnte, dabei auswärts noch ohne jeglichen Ertrag geblieben ist und zudem die schwächste Abwehr und den schwächsten Angriff stellt, nicht dreifach punkten - dann weiß ich auch nicht weiter, auch wenn mir natürlich klar ist, dass a) Bochum nicht unbedingt zu unseren Lieblingsgegnern gehört und b) wir ja traditionell gestrauchelten Kontrahenten gern wieder aufhelfen. Aber das können wir ja vielleicht diesmal außer Acht lassen.

Unbestritten ist es da von Vorteil, dass Abwehrchef Kevin Vogt wieder seinen Platz in der Innenverteidigung einnehmen kann und auch der wohl in der letzten Woche erkrankte Laszlo Benes trainiert wieder, er könnte zumindest eine Option für die letzten dreißig Minuten sein.

Wir sollten also diesmal gleich vom Anpfiff weg versuchen, das Spiel zu dominieren und das sollte sich auch in der Startaufstellung zeigen, deswegen bitte im Mittelfeld keine Ansammlung defensiv orientierter Spieler, die lieber Rönnow anspielen anstatt unsere Spitzen. Gut, wir werden höchstwahrscheinlich nicht mit einem Fingerschnips zu einer versierten Ballbesitzmannschaft, aber Bochum wird ohnehin uns das Spiel überlassen wollen, damit sollten wir also klarkommen und das Beste daraus machen - ich meine, gegen irgendwen müssen wir ja auch Favorit sein, oder?

Druck ist natürlich da, niemand kann so tun, als wäre das ein Spiel wie jedes andere, kein Wunder, unser letzter Sieg ist knapp acht Wochen her, nach dem, zugegeben auch mühseligen, Auswärtssieg in Kiel waren wir Vierter! Doch seitdem gab es lediglich zwei Heimunentschieden, die anfängliche Svensson-Euphorie ist mittlerweile einer gewissen Skepsis gewichen und auch der Trainer wirkt nicht mehr ganz so locker und gutgelaunt, so langsam gehen ihm auch die Erklärungen aus und von spielerischen Fortschritten ist kaum etwas zu sehen, wenngleich das letzte Auswärtsspiel dahingehend einige Lichtblicke bereithielt.

Sicher haben wir jetzt auch kein klassisches Endspiel vor der Brust, aber es könnte schon anzeigen, wohin die Reise der nächsten Monate geht - bewegen wir uns wieder zurück in das ziemlich breite Mittelfeld der Bundesliga oder müssen wir uns erstmal dem Abstiegskampf stellen. Hoffentlich kann unsere Mannschaft mit all diesen Gegebenheiten umgehen und hoffentlich verlassen wir morgen um halb sechs unser geliebtes Wohnzimmer mal wieder mit einem breiten Grinsen. Brauchen können wir das alle - und ich bin, trotz allem, ganz optimistisch, dass es auch genauso kommt - auf geht’s!

11. Dezember: Warum machen wir das mit dem Frauen-Fußball?

Das Frauen-Team von Union Berlin ist gut in die zweite Liga gestartet.  © Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Icke: Ja, auch der 1. FC Union verstärkt seine Anstrengungen rund um den Frauen-Fußball enorm. Und warum genau machen wir das?

Zahlreiche Studien (Uni Würzburg, WHU-Studie und viele weitere) sagen alle gleichlautend, der Frauen-Fußball birgt ein großes Zukunfts-Potenzial. Bis zum Dreifachen sollen sich die Zahlen europaweit potenzieren. Und anders als bei den Männern, wollen wir diesmal keine 30 Jahre warten, um vorn dabei zu sein.

Und wenn wir so etwas anpacken, dann aber auch richtig. Es ist kein Zufall, dass unsere Investition in den Frauen-Fußball – parallel zum neuen Trainingszentrum Oberspree erfolgt. Geplant war ursprünglich ein neues Nachwuchs-Leistungszentrum, herausgekommen ist ein Mega-Moderner Kick-Tempel für unseren Nachwuchs und die Frauenabteilung.

Schon in der letzten Saison haben wir unsere Frauen-Mannschaft so verstärkt, dass sie zu dieser Saison in die 2. Frauen-Bundesliga aufsteigen konnte. Das klappte auch. Gleichzeitig haben wir auf Vollprofibedingungen umgestellt. Hier investieren wir auch keine kleinen Beträge.

Der Lohn, der sich schon nach zwölf Spielen dieser Saison herausstellt: Platz 2 in der 2.Bundesliga – knapp hinter Erstligaabsteiger Nürnberg. Zum letzten Punktspiel gegen Bochum (1:1) kamen imposante 5.500 Zuschauer. Zweitausend von ihnen hatten eine Jahres-Dauerkarte. Am 29.September 2024 brachen wir mit 6.181 Zuschauern sogar den Zweitliga-Rekord der Frauen-Bundesliga 2. Und das alles findet neuerdings auch in unserem Haupt-Stadion An der Alten Försterei statt. Die Wahrscheinlichkeit ist nicht klein, dass wir in der kommenden Saison ein Frauen-Team in der 1.Bundesliga haben.

Das sind alles Investitionen in eine gute Zukunft für den 1.FC Union. Das Männer-Team spielt jetzt in der sechsten Saison (!) Nonstop in der 1. Bundesliga. So sich unsere Frauen jetzt parallel auch in der höchsten Spielklasse festsetzen, hat das positive Wechselwirkungen auf den Gesamt-Verein. Und nein, Image- und Bekanntheits-Verbesserungen lassen sich nicht in Heller und Pfennig dingfest machen. Sie sind aber trotzdem real und vorhanden. Und wir schlagen damit (zukünftig) zwei Fliegen mit einer Klappe. Ein Nachwuchsleistungszentrum müssen wir laut DFB haben. Das kostet bekanntermaßen (viel) Geld. So aber unser Profi-Frauen-Team in Zukunft mit zur Konsolidierung des Gesamt-Vereins beiträgt, verschaffen wir uns einen – wenn auch kleinen – Vorsprung auf andere Erstligisten, die das in dem Umfang noch nicht haben oder planen. Eisern.

8. Dezember: Pech und Pannen = Pleite

Unions Rani Khedira (30) ist unzufrieden mit dem Spiel gegen Stuttgart.  © Tom Weller/dpa

Unionfux: Spiele wie am Freitag gegen Stuttgart sind wie ein Albtraum, wie eine Strafe für ich weiß nicht was.

Nach Wochen der weitgehend torlosen Erfolglosigkeit führen wir durch einen Kopfball von Doekhi, nach feiner Vorarbeit durch Schäfer, wenn auch glücklich wegen eines Torwartfehlers. Nach der Pause, wieder etwas glücklich, durch eine immer länger werdende Flanke von Skov (Khedira ist nicht mehr dran), gleich das zweite Tor - und für einige Sekunden denkt man doch tatsächlich, dass das diesmal etwas werden könnte, denn solche Führungen geben wir eher selten aus der Hand, und dem Gegner ist bis hierhin nicht viel gelungen.

Und dann schlägt das Spiel beinahe komplett um, fressen wir innerhalb weniger Minuten zwei Tore, in die stehende Abwehr (eine echte Seltenheit!!) und kaum haben wir uns davon scheinbar erholt, kriegen wir als böse Krönung das blödeste Tor seit Luthe vor drei Jahren gegen Feyenoord ausrutschte. Ich bin ohnehin kein Freund dieser ewigen Spielerei über den Keeper und mir tut Frederik Rönnow gewaltig leid, dass ausgerechnet dem Zuverlässigsten sowas passiert. Und dann ist es noch nicht mal irgendein relativ bedeutungsloses Tor, sondern besiegelt die dritte Niederlage in Folge. Denn danach gibt es nur noch einen abgefälschten Lattentreffer von Jordan und eine Gelborgie eines etwas seltsamen Schiedsrichters (habe ich auch ganz selten erlebt) in der Nachspielzeit und das war’s.

Und ich kämpfe mit einem Schleudertrauma vom entsetzten Kopfschütteln. Sicher, da kommt schon viel zusammen, das Fehlen von Kevin Vogt (wegen einer Zahn-OP) macht sich bemerkbar, das schnelle Anschlusstor hat zudem den Stuttgartern genau die Dynamik verschafft, die es braucht, um solche Rückstände zu drehen. Aber dass diesmal Benes nicht mal mehr im Kader steht, das ist doch absurd. Und auch diesmal wartet Svensson (worauf nur??) über eine Viertelstunde nach dem Rückstand, bevor er offensiv alles auf eine Karte setzt: Erst in der 84. Minute kommen Prtajin und Vertessen sowie Juranovic und da rennt der Mannschaft logischerweise schnell die Zeit davon. Dass der Kontrahent jede Möglichkeit nimmt, um Zeit zu schinden, ist nun mal eine gängige, wenn auch unsportliche Praxis. Natürlich haben wir uns fünfzig Minuten lang ziemlich gut aus der Affäre gezogen und wir agieren auch nicht so zaghaft wie zuletzt, aber das reicht leider nicht, denn unterm Strich steht nun mal abermals eine knappe Niederlage.

Wenn wir anfangen, über gute Ansätze zu schwärmen und über das fehlende Spielglück zu hadern, dann verkennen wir, dass unser letzter Erfolg sieben Wochen zurückliegt und wir Stück für Stück nach hinten durchgereicht werden - auch, wenn der Abstand zum Relegationsplatz immer noch sechs Punkte beträgt. Von Europa jedenfalls spricht niemand mehr. Das Heimspiel gegen Bochum muss so etwas wie der Wendepunkt sein, auch wenn der VfL nicht zu unseren Lieblingsgegnern gehört. Nichtsdestotrotz muss gegen einen Bundesligisten, der aus dreizehn Spielen erst zwei Punkte geholt hat, ein Sieg her, egal wie. Überzeugend wäre natürlich schön, doch dazu sollte auch ein Umdenken beim Trainer und seinem Team einsetzen. Umso schneller kann man den Albtraum von Stuttgart abhaken und, viel wichtiger, in die Erfolgsspur zurückfinden. Zeit wird’s.

7. Dezember: Verbesserung nicht belohnt

Unioner Diogo Leite (25, l.) kämpft gegen Stuttgarts Ermedin Demirovic (26) um den Ball.  © Tom Weller/dpa

Icke: Gestern mal wieder im "Paris, Rom, Erkner" gewesen und coole Unioner getroffen. Und wir rieben uns in Halbzeit eins die Augen, gleich mehrmals.

Die Mannschaft, die da herzerfrischenden und gefährlichen Angriffsfußball spielte, das war Union? Unglaublich und gutgelaunt gingen wir mit dem absolut verdienten 1:0 in die Halbzeit. Dann wurde die 2. Halbzeit angepfiffen und drei Minuten später führen wir 2:0 in Stuttgart. Beim ersten Mal traf Doekhi per Kopf und das zweite Tor schoss Skov, der diesmal die rechte Seite beackerte und mit zu unseren besten Spielern gehörte. Und die "alten Säcke" am Tisch können immer noch rasant schnell aufspringen, wenn Union Tore macht. Beste Stimmung vor Ort!

Nur es ging leider nicht so weiter. Zweimal Woltemade und Karazor verdarben uns den bislang schönen Abend. Dieser Woltemade fiel mir schon beim letzten Bremer Spiel bei uns in Köpenick auf. Ein baumlanger Kerl, der auch noch kicken kann. Und gestern machte er sein wahrscheinlich bestes Bundesligaspiel. Das dann auch noch Rönnow einen kapitalen Bock schoss, passt zum vermaledeiten Abend.

Wir hätten ein Unentschieden verdient gehabt. Die erste Halbzeit gehörte uns, die zweite Halbzeit Stuttgart. Und wir hatten so viele Tor-Chancen wie lange nicht mehr. Es nützte schlussendlich alles nichts mehr. Stuttgart schaffte es mit seinen vielen Schauspielern, die drei Punkte nach Hause zu bringen. Apropos Schauspieler… Gott sei Dank gibt es im TV - Wiederholungen und Zeitlupen. Was sich die Schwaben in diesem Spiel erlaubten, war einfach ungehörig. Ohne gegnerischen Kontakt schreiend zu Boden zu gehen und minutenlang auf dem Rasen zu verweilen, zeigt wieviel Angst die Schwaben vor uns hatten. Und genau das oder so ähnlich - gab es gleich im Dutzend. Liebe schwäbische Fußballer, lasst das Theater. Das macht den Fußball kaputt.

Hoffen wir, dass wir den Schwung aus der ersten Halbzeit mit in unser (nächstes) Bochum-Heimspiel mitnehmen können. Union muss auch mal wieder spielerisch überzeugen und das nicht nur eine Halbzeit lang. Skov rechts zu bringen war ein Volltreffer. Bitte das so lassen! Gestern saß ein Benes dafür nicht mal auf der Ersatzbank. So langsam aber sicher, gibt es wohl dafür keine Erklärungen mehr. Wir haben doch alle Augen im Kopf. Sehen auch was Union fehlt. Nicht das Bo irgendwann alleinig über seinen Sturkopf stolpert. Gegen Bochum müssen drei Punkte her. Eisern!

5. Dezember: In Stuttgart übern Schatten springen

Union Berlins Benedict Hollerbach (23, l.) und Tom Rothe (20) würden gegen Stuttgart gerne einmal wieder jubeln.  © Andreas Gora

Unionfux: So, der für uns oft so schwierige Monat November ist endlich Geschichte, abermals unergiebig und wenig Freude verbreitend, unterm Strich bleibt ein Punkt und ein Tor. Und es liegt nur an unserem guten Auftakt, dass wir uns eine derartige Schwächephase leisten können.

Nun geht es in den Jahresendspurt, nur noch drei Spiele warten auf uns bis Weihnachten, auswärts in Stuttgart und in Bremen, zu Hause gegen Bochum, da muss das Mindestziel beim Erreichen der Zwanzig-Punkte-Grenze liegen.

Und deswegen wäre es gut, wenn noch vor der kurzen Winterpause von drei Wochen ein leichtes Umdenken bei Bo Svensson einsetzen würde, denn im Moment liegt unser Sicherheitsfussball komplett auf der Butterseite.

Wenn wir so in die letzten drei Spiele gehen, was wollen wir auf diese Art und Weise holen? Vielleicht einen Punkt, doch dazu dürfen wir keine Gegentore kriegen …

In den vergangenen Wochen fragte nicht nur ich mich oft: worauf wartet der Trainer eigentlich? Und zwar vor und während des jeweiligen Spiels. Ganz ohne Risiko geht es nun mal nicht, erst recht nicht nach einem Rückstand, wo man so bald wie möglich alles auf eine Karte setzen sollte.

Ich weiß einfach nicht, was Bo Svensson so hartnäckig gegen Laszlo Benes hat, aber wenn er den Jungen nicht mal nach einem Rückstand zu Hause bringt, um den überraschenden Pass zu spielen, der die gegnerische Abwehr unter Stress setzen kann - wann denn dann? Ich sehe bei uns leider keinen anderen Mittelfeldspieler, der wirklich offensiv denkt, außer vielleicht noch Jeong (für den es im Übrigen eine Kaufoption in Höhe von abenteuerlichen sechs bis sieben Millionen geben soll).

Nur, Svenssons Abneigung gegen den Slowaken ist mittlerweile nicht mehr rational zu erklären, sie übersteigt sogar seine seltsame Obsession für Jordan Siebatcheu (und das will was heißen!!). Und ja, ich komme mir in Sachen Benes vor wie eine tibetanische Gebetsmühle, aber die Ergebnisse des letzten Monats sprechen nun mal für sich und nicht für die Sturheit des Trainers. Und man kann nicht behaupten, dass diese Ergebnisse extrem unglücklich zustande gekommen wären, wenn man nicht gerade die ganz rosarote Brille aufhat. Wirklich unschlagbar allerdings war dabei lediglich der FC Bayern, die waren wirklich eine ganze Klasse besser, vielleicht auch anderthalb, dem Rest hat man es, mehr oder minder, doch etwas zu leicht gemacht.

Natürlich ist der kommende Kontrahent, der VfB Stuttgart, amtierender Vizemeister, ein schwerer Gegner - aber das Ziel kann wohl kaum eine möglichst knappe Niederlage sein, bei der man ganz ordentlich mitspielt, zumal der Gegner unter der Woche ein weiteres Spiel bestreiten musste (hätte zwar schwerer sein können, aber trotzdem).

Und so bleibt der Auftrag und die Hoffnung der jüngeren Vergangenheit nahezu gleich: Defensive ja, aber ein bisschen Fussball muss eben auch sein, zumindest streckenweise.

Und das ist keine persönliche Vorliebe meinerseits, sondern eine absolute Notwendigkeit. Diogo Leite dürfte wieder an Bord sein und, wie gesagt, ich würde endlich Benes eine Chance geben, wahrscheinlich für Kemlein, der etwas überspielt wirkt und den man doch nicht ganz so verheizen sollte.

Ein Erfolgserlebnis wäre sowohl für die Psyche als auch für die Tabelle wichtig, wir sollten in Stuttgart anfangen, dafür zu sorgen, dass wir im gesicherten Mittelfeld überwintern.

Und da wäre es gut, wenn Trainer als auch die Mannschaft über den einen oder anderen Schatten springen könnten, um aus Stuttgart was mitzunehmen. Ich habe nämlich weder Bock auf ein weiteres bescheidenes Spiel noch auf einer weiteren Runde auf der Gebetsmühle…

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