Union-Berlin-Blog: Äußerst fragwürdige Entscheidung: Drei Punkte für Bochum, keiner für Union

Berlin - Eisern: In einer Personal-Union aus drei waschechten Berliner Fußball-Fan-Originalen gibt es bei TAG24 den Union-Berlin-Blog.

Christian Beeck, Jürgen Heinemann und Tobias Saalfeld.
Christian Beeck, Jürgen Heinemann und Tobias Saalfeld.  © Archiv

Die Autoren:

Icke (Jürgen Heinemann) ist seit Mitte der Siebzigerjahre Unioner und als Betriebswirt seit über 30 Jahren im Vertrieb tätig. Er ist verheiratet und hat ein erwachsenes Kind. Icke lebt heute in Grünheide und schreibt hier als Gründer des Blogs.

Unionfux (Tobias Saalfeld) ist seit über 40 Jahren Unioner, er arbeitet als Freischaffender für Bühne, Funk und Fernsehen, auch dort schreibt er.

Nach Feuerzeug-Skandal: Ergebnis ungültig! VfL Bochum bekommt Sieg zugesprochen
1. FC Union Berlin Nach Feuerzeug-Skandal: Ergebnis ungültig! VfL Bochum bekommt Sieg zugesprochen

Beecke (Christian Beeck), Ex-Bundesliga-Spieler (Hansa, Cottbus), Ex-Union-Manager, 21 Länderspiele für DDR-Junioren, stammt aus dem eigenen Nachwuchs von Union. Beecke hat 2 Kinder. In unserem Union-Blog fungiert Beecke als Berater.

9. Januar: Äußerst fragwürdige Entscheidung: Drei Punkte für Bochum, keiner für Union

Bochums Torwart Torwart Patrick Drewes (31) ging nach dem Feuerzeugwurf zu Boden.
Bochums Torwart Torwart Patrick Drewes (31) ging nach dem Feuerzeugwurf zu Boden.  © Andreas Gora/dpa

Unionfux: Es ist schwer zu fassen: Das Spiel gegen Bochum wird doch tatsächlich für Bochum gewertet, obwohl doch für jeden ersichtlich ist, dass niemand aus einer Entfernung von mehreren Metern von einem Plastikfeuerzeug so hart getroffen werden kann, dass er nicht in der Lage ist, weiterzuspielen und darüberhinaus von zwei Männern gestützt vom Platz geführt werden muss, inklusive anschließendem Krankenhausbesuch.

Dazu gibt es nun auch genügend bewegte Bilder, die zeigen, dass Drewes von diesem Feuerzeug nur gestreift wurde und sein gesamtes Verhalten danach in vielfacher Hinsicht fragwürdig und unlogisch war.

Meiner Ansicht nach hat Schiedsrichter Petersen die Situation ziemlich elegant und intelligent gelöst, aber der DFB weiß es wieder mal besser und ich glaube nicht, dass eine Berufung daran viel ändern wird.

Als Union Berlin die Stadtmeisterschaft mit einem "Kasten Bier nach dem anderen" feierte
1. FC Union Berlin Als Union Berlin die Stadtmeisterschaft mit einem "Kasten Bier nach dem anderen" feierte

Dass der Feuerzeugwurf ebenso idiotisch war wie absolut abzulehnen - keine Frage. Aber ganz davon abgesehen, dass das Ereignis eigentlich nicht dem Verein angekreidet werden kann, weil er es ja unmöglich verhindern konnte (und auch zukünftig nicht kann, wie auch?), ist das eine. Dass aber auch noch dieses Schmierentheater des VfL Bochum belohnt wird, das ist dann doch skandalös und ja, irgendwie DFB-like.

Meines Wissens ist damit ein Präzedenzfall geschaffen worden (ich kann mich nicht daran erinnern, dass es sowas in der Bundesliga schon mal gab), der in Zukunft noch für eine Menge Diskussionen sorgen könnte. Bis dahin kann man ohnehin nur hoffen, dass diese Entscheidung letztlich keine wirkliche Auswirkung auf die Abschlusstabelle haben wird - was, wenn diese falschen drei Punkte am Ende über einen Abstieg entscheiden würden?

Keine Frage: unter keinen Umständen dürfen irgendwelche Gegenstände aufs Spielfeld geworfen werden. Wenn nun aber auch offensichtliche Unsportlichkeit dazu kommt (die ja ohnehin mittlerweile einen viel zu großen Raum auf dem Spielfeld einnimmt, in den unterschiedlichsten Formen und Farben), dann wird es natürlich interessant: wird in Zukunft jemand nach irgendeiner Pyro-Show über Atemschwierigkeiten klagen oder jemand nach irgendwelchen Schmährufen psychisch so stark beeinträchtigt sein, dass er nicht mehr weiterspielen kann?

Wie will man nachweisen, dass es nicht so ist? Ganz abgesehen, dass in einer Welt des Nachahmens so einige sich zur Nachahmung aufgerufen fühlen könnten, wenn es so einfach ist, einen Spielausgang zu beeinflussen. Wenn schlussendlich die Vernunft in solchen, zugegeben kniffligen, Entscheidungen keine Rolle mehr spielt, so wie das heute in Frankfurt am Main der Fall war, dann sind die Folgen viel schlimmer als es der eine verlorene Punkt je sein kann.

9. Januar: Passiert noch etwas bei Union?

Unions Trainer Steffen Baumgart (53) gibt Anweisungen.
Unions Trainer Steffen Baumgart (53) gibt Anweisungen.  © Matthias Koch/dpa

Icke: Bei den Union-Frauen gibt's eine Meldung über Neuzugänge nach der anderen. Wir berichteten darüber. Insgesamt vier qualitativ hochwertige Neuzugänge wurden im Januar schon verpflichtet. Dazu wichtige Vertragsverlängerungen mit Stützen des Frauen-Teams verkündet.

Nur bei den Männern hapert es. Angeblich gab es vom Verein ein Transfer-Stopp. Mit der Begründung, der neue Trainer soll die Mannschaft erst richtig kennenlernen. Mit Verlaub, wenn dem so wäre, hätte man das schon vorher genauso wissen können. Wahrscheinlich ist das ein Manöver, um stetig wiederkehrende lästige Fragen zu umrunden. Keine Frage, auf der Position des vordersten Mittelstürmers fehlt Union Qualität. Da kann man sich drehen und wenden wie man möchte. Der Fakt bleibt und wird durch Zahlen Woche für Woche gestützt.

Das Kiel-Test-Spiel hat es deutlich gezeigt. Wir hatten uns ja durchaus etliche Chancen herausgearbeitet. Unser einziges Tor entsprang dann aber einer Einzel-Aktion von Vertessen. Hoffen wir also, dass das nur ein Pokerspiel ist und wir uns dann doch noch qualitativ verstärken. Leider herrscht auch bei anderen Themen aktuell Flaute. Ein neuer Hauptsponsor ist nicht in Sicht. Man kann nur hoffen, dass es die Ruhe vor dem Sturm ist. Noch ein halbes Jahr auf Millionen-Einnahmen zu verzichten, dürfte uns nicht gut zu Gesicht stehen. Zumal wir ja etliche Bauvorhaben vor der Brust haben.

Aber auch herrscht Ruhe. Die erforderliche Baugenehmigung für den Umbau und die Erweiterung des Stadions lässt auf sich warten. Was sagt unsere Regierung seit knapp drei Jahren? Wir müssen bei behördlichen Dingen schneller werden. Alles nur Worthülsen! Man erkennt ein Problem, kann es sogar formulieren, nur eine Umsetzung zu Lösungen findet nicht statt. Das Thema Vorschriften und Genehmigungsverfahren bildet da in diesem Sammelsurium an Blockaden keine Ausnahme. Das es aber auch schneller gehen, so sich "Politik" persönlich engagiert, zeigte das Tesla-Vorhaben. Plötzlich kann auch alles ganz schnell gehen, so man sich mit einem Muster-Vorhaben schmücken möchte.

Heute tagt das DFB-Gericht zum Thema Feuerzeug-Wurf beim Bochum-Spiel. Und wir bekommen eins vor die Hörner. Garantiert! Alle sahen und wissen demnach, dass der Torwart der Bochumer - in Zusammenarbeit mit Passlack - ein Schmierentheater zelebrierte. Demnach könnte uns eventuell ein Punktabzug erspart bleiben. Der Fakt aber bleibt … der Wurf eines Unioners. Und der wird uns eine sechsstellige Summe kosten. Man kann nur hoffen, die Summe wird an den Verursacher weitergegeben. Ob er sie wirklich jemals bezahlen kann? Wahrscheinlich nicht. Nach den hunderttausenden Euros, die wir jedes Jahr für Pyrokram leisten, ist es an der Zeit, Strafzahlungen weiterzureichen. Wer den Spaß hat, darf auch dafür haften. Eisern.

5. Januar: Misslungene Generalprobe gegen Kiel

Unioner Danilho Doekhi (26, l.) kämpft gegen Holsteiner Shuto Machino (25) um den Ball.
Unioner Danilho Doekhi (26, l.) kämpft gegen Holsteiner Shuto Machino (25) um den Ball.  © Matthias Koch/dpa

Unionfux: Es ist natürlich immer so eine Sache mit Testspielen: Es wird munter durchgewechselt und manchmal, so wie in diesem Fall geht das Spiel gar über 120 Minuten, was ja durchaus Sinn ergeben kann, denn möglichst viele Spieler sollen ihre Minuten kriegen, sich zeigen können.

Der heutige Gast ist immerhin ein Bundesligist, Holstein Kiel, dazu kommt, dass es das erste Spiel des neuen Uniontrainers Steffen Baumgart ist, der obendrein heute seinen 53. Geburtstag begeht - herzlichen Glückwunsch, Baume! Die Alte Försterei ist, trotz Temperaturen um den Gefrierpunkt, ziemlich gut besucht, über neuntausend Zuschauer bei einem Freundschaftsspiel sind schon eine Ansage.

Das Spiel selbst - nun ja. Sagen wir mal so: Es bietet wenig Überraschung, im Grunde sieht man das leider gewohnte Bild. Gute Torchancen sind in der ersten Stunde eher Mangelware, die Partie zäh. Eigentlich hat Kiel sogar die besseren Gelegenheiten, so schießt Machino nach neun Minuten mit Schmackes an die Latte und nach zweiundfünfzig Minuten muss Schwolow alles aufbieten, um einen Treffer durch Remberg zu verhindern. Da liegen wir allerdings schon hinten, denn nach 37 Minuten haben die Kieler zu viel Platz in unserem Strafraum und Gigovic hat am Ende keine Mühe, das Führungstor zu machen. Auf unserer Seite gibt es ein paar Fernschüsse, die entweder drüber gehen oder kein Problem für Weiner darstellen. Ansonsten merkt man, dass beinahe jede Gelegenheit zum Flanken genutzt werden soll, nur kommt keine so wirklich an.

In den zweiten sechzig Minuten sieht unser Spiel etwas besser aus, zwischenzeitlich kann man sogar von einem Powerplay sprechen, das liegt sicher auch an der etwas offensiveren Ausrichtung im Mittelfeld mit Benes und Skov. Nach 81 Minuten zwingt Khedira den eingewechselten Keeper Dähne zu einer starken Parade und zwei Minuten später trifft der fleißige Ilic nach starker Balleroberung das leere Tor nicht. Der Ausgleich von Vertessen nach 97 Minuten allerdings ist ein technischer Leckerbissen, so wie der Belgier den Ball mit der Hacke mitnimmt und dann eiskalt im langen Eck versenkt.

Und wir machen weiter, oft angetrieben vom agilen Skov, doch das Tor macht wieder Kiel. Nach starkem Pass von Holtby in die Tiefe schläft unsere Verteidigung, Keeper Klaus kann nicht mehr retten und Arp macht kurz vor Schluss den Siegtreffer für Holstein. Wir drängen zwar noch auf den Ausgleich, aber Dähne hält abermals einen Schuss von Khedira, das war's dann. Beide Seiten nehmen das Spiel schon ziemlich ernst, die Intensität bleibt relativ hoch, aber am Ende ist es unsererseits wieder mal zu unpräzise für mehr, inklusive technischer Fehler bei der Ballverarbeitung, daran wird man dringend weiter arbeiten müssen.

Ich hoffe, wenigstens der Trainer hat einige Erkenntnisse gewinnen können, zur Augenwischerei taugt das Spiel nicht so wirklich. Der Spaß beim Zusehen jedenfalls hielt sich in Grenzen, die offensive Ausbeute ist dünn, erst recht über die lange Spielzeit von zwei Stunden. Auch, wenn man solche Spiele, wie gesagt, nicht zu hoch hängen soll, ein richtiger Mutmacher war das irgendwie nicht. Auch, wenn der Trainer bei seinem Amtsantritt sich eher zurückhaltend in Sachen Neuzugängen geäußert hat, so könnten wir doch die eine oder andere Auffrischung gebrauchen. Aber eins ist auch klar: Weitere Mitläufer brauchen wir nicht. Nun gut, um wenigstens etwas Honig aus der Blüte zu saugen: Im Theater heißt es, dass der misslungenen Generalprobe eine gute Premiere folgt. So gesehen, alles richtig gemacht.

3. Januar: Ein Drittel erfüllt

Steffen Baumgart (52) ruft während des ersten Trainings im Jahr Anweisungen.
Steffen Baumgart (52) ruft während des ersten Trainings im Jahr Anweisungen.  © Soeren Stache/dpa

Icke: Eine von drei wichtigen Dingen wurde erledigt. Aufgaben, die kurzfristig zu lösen sind. Gelöst werden müssen. Einen neuen Trainer hat Union. Es steht aber noch ein neuer Haupt-Sponsor im Raum. Und ein treffsicherer Mittelstürmer sollte im Januar gefunden werden. Ganz unerheblich davon, ob Baumgart es schafft … einen unserer vielen Mittelstürmer zum Toreschießen zu aktivieren. Und auch der Haupt-Sponsor ist nicht unwichtig. Immerhin geht es hier um Millionen-Summen.

Ein paar Informationen hat Baume bei seiner ersten Pressekonferenz schon rausgelassen. So dass Union im Laufe der Saison auf eine Viererkette umsteigen wird. Vielleicht nicht direkt im ersten Spiel, aber wohl doch im Laufe der zweiten Halbserie. Viele denken nun, einer unserer (wirklich) guten Innenverteidiger muss auf die Bank. Das glaube ich nicht. Gerade Leite hat sich in dieser Saison – auch offensiv – stark verbessert. Eine Viererkette mit Doekhi-Vogt-Leite-Rothe oder auch Trimmel-Vogt-Doekhi-Leite ist durchaus vorstellbar. Auch Juranovic könnte den rechten Part einnehmen. Und Querfeld und Roussillon lauern dann auch noch auf ihre Chance. Optionen haben wir hinten ohne Ende. Die Karten werden neu gemischt.

Baumgart sagte, er möchte erst mit allen Spielern sprechen und zum Beispiel Prtajin behalten, aber gegen einen Top-Stürmer im Zentrum wird er sich wohl kaum wehren. Man hat auch den Eindruck bekommen, dass beim Thema Fußball Heldt und Baumgart eine Sprache sprechen. Das ist gut so und war bei Union nicht immer so. Beim HSV ließ Baume oft das 4-3-3 spielen. Ein Offensiv-System. In Köln wiederum experimentierte er ab und an, sein hauptsächliches System war aber das 4-2-Raute. Hinten vier Verteidiger, dazu zwei defensive Mittelfeldspieler und vorn eine Raute. Mit einer "10", einer echten "9" und zwei Außenstürmer. Das letztgenannte System passt wohl am besten zu Union, weil eben die zwei "6er" der Mannschaft noch Stabilität geben können.

Am Sonntag (5.1.) um 13 Uhr bestreitet Union ein erstes Testspiel zu Hause gegen Erstligist Holstein Kiel. Ich wage mal folgende Startformation: Rönnow – Trimmel, Vogt, Doekhi, Leite – Khedira, Kemlein – Benes – Hollerbach, Vertessen – Volland. Sicherlich wird Prtajin als Neuner eingewechselt. Und auch Rothe und Juranovic auf den Außenverteidiger-Positionen. Jeong könnte auf der Zehn eingewechselt werden und Starke und Skov als Außenstürmer. Blieben noch Querfeld, Tousart, Schäfer … die eigentlich warten müssten. Sonst geht eine mannschaftliche Geschlossenheit völlig verloren. Besser noch wären weniger Wechsel, damit sich ein Team findet. Und wie groß unserer Kader wirklich ist, zeigt die Tatsache, dass Spieler wie Jordan, Haberer und Ilic noch gar nicht erwähnt wurden. Was sagt uns das? Heldts nächste wichtige Aufgabe … den Kader kleiner zu gestalten. Ein zu großer Kader bringt immer Unruhe und genau das können wir gar nicht gebrauchen. Das wäre dann – nach Trainer/Haupt-Sponsor/Mittelstürmer … Aufgabe Nr. 4. Ach und da war ja auch noch etwas mit dem Stadion-Ausbau und einer fehlenden Baugenehmigung. Auf diese warten wir jetzt schon seit Jahren! Vielleicht müssen wir genau an dieser Stelle – als Union-Gemeinde – den Druck auf die Politik und somit auf die Genehmigungs-Behörden erhöhen. So langsam reicht es. Und nicht zu vergessen, jedes später begonnene Jahr kostet uns MILLIONEN! Einnahmeverluste und steigende Baukosten sind hier die an erster Stelle preistreibend. Wünschen wir Baume ein gelungenes Debüt und uns selbst … viele erfüllte Aufgaben für 2025! Eisern.

30. Dezember: Endlich: Steffen Baumgart neuer Cheftrainer des 1. FC Union

Ab sofort gibt Steffen Baumgart (52) den Ton an der Seitenlinie von Union Berlin an.
Ab sofort gibt Steffen Baumgart (52) den Ton an der Seitenlinie von Union Berlin an.  © Marcus Brandt/dpa

Unionfux: Nun ist es also tatsächlich Steffen Baumgart geworden, einerseits naheliegend, andererseits angeblich unwahrscheinlich, doch in den letzten vierundzwanzig Stunden pfiffen die Spatzen es immer lauter von den Dächern.

Es ist, als würde jetzt endlich passieren, was scheinbar so gut passen könnte: Der ehemalige Spieler, zweimal "Unioner des Jahres" vor über zwanzig Jahren und seinerzeit - und bis heute ein Liebling der Union-Anhänger, der erklärte Union-Fan (wobei das nicht ganz so viel zu bedeuten hat, dasselbe sagt und sagte er auch über den HSV und den 1. FC Köln, wahrscheinlich auch über Hansa Rostock …), der zeitweise ziemlich erfolgreich in Paderborn, Köln und Hamburg gearbeitet hat, kommt nun also zu uns (zurück), denn dazu musste es ja sowohl die Vakanz als auch die Möglichkeit geben: Wir sind auf Trainersuche und die Nr. 72 ist auch gerade frei - genau das war jetzt der Fall.

Ich hab mich schon 2016 gefragt, warum wir ihn nicht verpflichtet haben: Er hatte gerade hauchdünnst (zwei Tore in der Tordifferenz) mit dem BAK den Aufstieg in die Dritte Liga verpasst, bei uns war klar, dass es mit Hofschneider nicht weitergeht - aber unsere Chefetage entschied sich damals für Jens Keller, der mittlerweile aus den höheren Etagen des Profifussballs verschwunden ist.

Die Wahl scheint also folgerichtig: Sie ist fussballromantisch wie gemalt (er ist sogar Vereinsmitglied und wohnt in Köpenick), er kennt den Verein und das Umfeld, zumindest einigermaßen, Horst Heldt hält viel von ihm, er ist emotional, extrovertiert, kein 08/15-Typ (und da passt er wohl in die Alte Försterei) und er mag eher den Angriffsfussball, sonst hatten wir ja mehrheitlich ehemalige Verteidiger als Trainer, er braucht sicher weniger Eingewöhnungszeit als so manch anderer, er kennt die Liga und steht im Saft, und er kann motivieren, ein Feuer entfachen - und genau das brauchen wir in diesem Moment.

Aber man kann trotzdem auch gemischte Gefühle nicht ganz verhehlen, es gibt auch einigen Grund zur Skepsis: Ist er wirklich ein guter Trainer, flexibel genug, mit Blick auf den Kader? Die ganze Rumpelstilz-Schiebermütze-Shirtbeizweigradminus-Nummer, ist die nicht ein bisschen zu viel und riecht das nicht penetrant nach Show und Außendarstellung?

Nun, wir werden es sehen. Zumal wir ja nicht wissen, ob all die anderen Möglichkeiten besser funktionieren würden, egal ob sie Breitenreiter (hat gerade in Hannover unterschrieben), Gisdol oder Labbadia geheißen hätten - Urs Fischer hat wohl nur in den Köpfen einiger Fans zur Diskussion gestanden. Bei welchem Namen also wären ausnahmslos alle glücklich gewesen? Und ein bisschen Polarisation kann ja auch nicht schaden, kalt lässt Baumgart wirklich niemanden.

Und seinen Hauptauftrag dürfte er wohl schaffen - der Klassenerhalt ist wirklich mehr als machbar. Klar, ein, zwei gute Spieler on top wären sicher hilfreich, aber die wird ihm Heldt wohl auch zugesagt haben. Die Identifikation mit der Aufgabe dürfte ebenso gegeben sein, zumal auch Sebastian Bönig dem Trainerteam wieder angehören wird.

Freuen dürfte sich zum Beispiel auch Laszlo Benes, der mit Baumgart schon beim HSV zusammengearbeitet hat und um dessen Qualitäten der neue Cheftrainer also weiß, seine Zeit dürfte jetzt spätestens kommen.

Es gibt also weiß Gott schlechtere Voraussetzungen für einen neuen Trainer. Die folgenden Wochen werden nun zeigen, ob hier zusammenwächst, was zusammengehört, vielleicht beginnt ja hier wieder eine Ära - das wünschen wir uns alle: Herzlich willkommen zurück, Baume, viel Glück und viel Erfolg!

30. Dezember: Zurück in die Zukunft - Baume übernimmt, Böni assistiert

Rückkehr an alte Wirkungsstätte: Steffen Baumgart (52) ist von 2002 bis 2004 für die Eisernen auf Torjagd gegangen. (Archivfoto)
Rückkehr an alte Wirkungsstätte: Steffen Baumgart (52) ist von 2002 bis 2004 für die Eisernen auf Torjagd gegangen. (Archivfoto)  © Michael Hanschke/dpa-Zentralbild/dpa

Icke: Zwei ehemalige Spieler-Idole übernehmen das Zepter beim 1. FC Union. Steffen Baumgart, einst Stürmer bei Union, der jeden Grashalm mit Namen kannte wird Cheftrainer. Ihm zur Seite wird wieder (war er schon bei Urs Fischer) Sebastian Bönig gestellt. Auch er war ein unermüdlicher Fighter auf der "6" beim 1. FC Wundervoll. Seine Trainer-Ausbildung hat ihm der Verein ermöglicht. Unter Urs Fischer machte er sich einen Namen, weil er mit der Mannschaft immer mal wieder Überraschungen bei Standards hervorholte. Mit beiden holt Union intensivste Identifikation mit dem Verein zurück. Und das ist auch gut so. Das überträgt sich hoffentlich auf den gesamten Kader.

Baume ist jetzt seit 15 Jahren Trainer. Seine letzten Stationen waren Hamburg, Köln und Paderborn. Sein Meisterstück lieferte er 2019 ab. Da stieg er mit einer eher durchschnittlich besetzten Mannschaft aus Paderborn in die 1. Bundesliga auf. Musste auch erst mal machen. Nicht jedem gefällt Baumes extrovertierte Art an der Seitenlinie. Er fühlt jeden Pass mit. Ich kann das gut verstehen. Ich war selbst einige Jahre Hobby-Trainer in unterklassigen Gefilden. Man kann nicht anders, wenn da ein "Gurken-Pass" passiert … platzt man (fast) selbst.

Baumgarts Lieblings-System ist das 4-2-3-1. Damit wird Union wahrscheinlich deutlich offensiver spielen, als zuvor. Ob das nun schon beim ersten Spiel unter Baume so sein wird, ist natürlich nicht klar. Die Mannschaft braucht sicher etwas Zeit, um ein neues Trainer-System zu verinnerlichen. Aber schon mit der Aufstellung eines offensiveren Spielers im "alten" System, könnte man positive Veränderungen bewirken, ohne alles sofort zu ändern. Und Baume, wie auch Bönig, waren immer dafür bekannt, 120 Prozent auf den Rasen zu bringen. Wer also im Union-Kader zukünftig "nur nebenherläuft", statt zu "beißen", dürfte schlechte Karten für die Start-Aufstellung haben. Darauf können sich alle Union-Fans und Fußball-Liebhaber freuen.

27. Dezember: Trainer Bo Svensson freigestellt - richtig oder falsch?

Bo Svensson (45) wurden als Trainer von Union Berlin gefeuert.
Bo Svensson (45) wurden als Trainer von Union Berlin gefeuert.  © Tom Weller/dpa

Unionfux: Nach dem ernüchternden 1:4 in Bremen, und natürlich den Ergebnissen zuvor, war die große Frage der letzten Tage: bleibt Bo Svensson Union-Trainer oder nutzt man die kurze Weihnachtspause für einen Schnitt?

Der Trend war jedenfalls beängstigend und auch davor sah man richtig guten Fußball nur jeweils eine Hälfte, nie das ganze Spiel. Anfangs stimmten ja noch die Ergebnisse, doch im November und Dezember war es nur noch ein einziges Trauerspiel.

Bestenfalls das torlose Heimunentschieden gegen den SC Freiburg war noch im Rahmen, der Rest war, so deutlich muss man das sagen, weitgehend Absteigerfußball. Zuletzt war auch von der hochgelobten Abwehr nicht mehr all zu viel zu sehen, im Angriff hatten wir ja von Anfang an ein Problem. Doch vorne dünne und hinten schlecht - wohin soll das führen? Das hatten wir doch alles schon mal …

Zudem hatte man vermehrt den Eindruck, die Mannschaft ist nicht richtig eingestellt, Spieler wie Benes wurden links liegen gelassen, von Prtajin und Ilic gar nicht erst zu reden, während Jordan, ungeachtet seiner Ungefahr, immer wieder eine Chance bekam. Und es wurde auch träge auf die jeweiligen Rückstände reagiert: anstatt alles auf eine Karte zu setzen, wartete der Däne auf ichweißnichtwas - bis kurz vor Schluß. Insgesamt verfestigte sich das Gefühl: es passt nicht, zu unflexibel, zu stur schien der Trainer an seinem Konzept festhalten zu wollen, auch wenn man in den ersten Wochen einen anderen Eindruck hatte.

Warum auch nicht? Bo Svensson ist ein unbestritten extrem sympathischer Typ, jung, scheinbar unkompliziert und direkt, der sich schnell zu Hause fühlte und offensichtlich genau derjenige war, auf den man seit der Legende Urs Fischer gewartet hatte, ja, er war sogar der erklärte Wunschtrainer. Siebzehn Pflichtspiele (fünfzehn Punkt- und zwei Pokalspiele) sind nun wahrlich nicht viel, selbst die Episode Bjelica hatte ein paar mehr. Was ist das nun - ein panischer Schnellschuss oder der notwendige Schnitt?

Ich denke, es ist richtig, jetzt diese Entscheidung zu treffen und nicht bis, sagen wir mal, Mitte Februar zu warten, wenn die Karre womöglich noch tiefer im Dreck steckt und der jeweilige Nachfolger eine noch größere Hypothek übernehmen muss - schwer genug ist es schon jetzt.

Natürlich fragt man sich, wer jetzt kommt: Namen wie Gisdol, Breitenreiter und Baumgart fallen selbstverständlich, sogar die Namen Kovac, Labbadia und Roger Schmidt sind schon genannt worden, vielleicht wird es auch wieder ein No-Name wie Nenad Bjelica, aber daran glaube ich weniger. Jetzt wird jemand mit Bundesligaerfahrung gebraucht, jemand, der praktisch sofort funktioniert.

Wahrscheinlich werden schon seit einigen Tagen fleißig Kontakte geknüpft, immerhin bleibt nur noch eine knappe Woche Zeit, beim Trainingsauftakt am zweiten Januar sollte der neue Trainer schon auf dem Platz stehen, denn gerade der erste Monat hat es mit vier Partien, davon drei gegen unmittelbare Konkurrenz, wahrlich in sich. Da entscheidet sich unter Umständen schon, wie der Rest der Saison aussehen könnte.

Vielleicht ist dann auch zusätzlich die eine oder andere zusätzliche Kaderentscheidung gefallen, denn auch da sollte an einigen Stellschrauben (Mittelstürmer, Innenverteidiger, eventuell ein Spielmacher, wenn man denn grundsätzlich nicht mehr an Benes glaubt) gedreht werden. Jetzt kann Horst Heldt mal zeigen, was er so kann, auch wenn die Wintertransfers erfahrungsgemäß zu den schwierigeren zählen. Dass es jedoch geht, bewies man im letzten Winter mit der Verpflichtung des mittlerweile unverzichtbaren Kevin Vogt.

Spannende Tage also, hoffen wir, dass wir den Effekt des Neustarts auch auf dem Platz sehen, wenngleich keine absoluten Wunderdinge zu erwarten sind. Klar ist, wir brauchen sowohl auf der Trainerbank als auch im Kader mal wieder ein paar Glücksgriffe! Wenn ich allein an unseren "Mittelstürmerfriedhof" denke: Fofana, Kaufmann, Bedia, jetzt Prtajin, Ilic, in gewisser Weise auch Jordan, Skarke und Volland - das ist schon beispiellos. Es kann also nur besser werden und das muss es auch.

Nichtsdestotrotz danke an Bo und sein Team für die geleistete Arbeit - es hat nicht sollen sein. Für unseren Verein jedoch war der Schritt fast unumgänglich, wenn auch im siebten Jahr in der Alten Försterei Bundesliga gespielt werden soll.

23. Dezember: Haben wir die Spieler für ein anderes System, zum Beispiel für ein 4-2-3-1?

Unions Leopold Querfeld (21, r.) kämpft gegen Werders Mitchell Weiser (30) um den Ball.
Unions Leopold Querfeld (21, r.) kämpft gegen Werders Mitchell Weiser (30) um den Ball.  © Carmen Jaspersen/dpa

Icke: JA! Unser Kader ist so breit und so gut, dass wir wahrscheinlich jedes andere System interpretieren könnten. Ich gehe fest davon aus, dass Heldt bereits einen neuen Mittelstürmer für uns ausgesucht hat. Der wäre für jedes System notwendig. Es könnte Ache sein. Dafür müssten wir wohl rund fünf Millionen Euro auf den Tisch legen und einen Leihstürmer zusätzlich abgeben. Auch Lauritsen halte ich für eine gute Lösung.

In einer Viererkette könnten bei uns Doekhi (Trimmel, Querfeld) – Vogt – Leite (Doekhi) – Rothe (Leite, Querfeld) agieren. Sechs gute Innenverteidiger für vier Positionen ist genau richtig. Dahinter kann Ogbemudia den etablierten Spielern Dampf machen. Juranovic und Roussilon kämen theoretisch auch noch in Frage, sie haben aber gegen die sieben oben genannten klare Größennachteile. Und die spielen in einer Viererkette schon eine Rolle. So Trimmel seine Laufbahn im Sommer beenden sollte, könnte ihn Skov ersetzen. Der ist mit 1,86 Meter auch entsprechend kopfballstark.

Auch im defensiven Mittelfeld haben wir keine Besetzungssorgen. Khedira als rein defensiver Spieler wäre wohl gesetzt. Dazu hätten wir noch Kemlein, Schäfer und Tousart. Jeder mit seinen Stärken und Schwächen. Vier Spieler für zwei Positionen – perfekt. Für eine offensive 3er-Reihe sind wir ebenfalls gut aufgestellt. Hollerbach, Benes und Vertessen könnten die erste Reihe bilden. Skarke, Volland und Jeong wären eine prima zweite Reihe, wo der eine oder andere jederzeit auch im Stamm spielen könnte. Haberer und Preu würden wohl das Nachsehen haben. Verpflichten wir den ausgeliehenen Jeong nicht, so würde wohl Haberer seinen Platz ab Sommer einnehmen. Vorn als Center brauchen wir einen neuen Spieler. Vieles deutet auf Ache hin. Eventuell holen wir auch Ache und Lauritsen. Einen dritten Mittelstürmerplatz könnte aus der A-Jugend Asanji einnehmen. Der wäre parallel auch noch in der A-Jugend spielberechtigt. Prtajin, Ilic und Jordan würden dann nicht mehr passen.

Die erste Elf von Union könnte dann so aussehen: Rönnow – Doekhi, Vogt, Leite, Rothe (Querfeld) – Khedira, Kemlein (Schäfer) – Hollerbach, Benes, Vertessen – Ache (Lauritsen). Die Elf dahinter: Schwolow (Wisbereit) – Skov, Trimmel, Querfeld, Ogbemudia – Tousart, Schäfer – Skarke, Volland, Jeong (Haberer) – Lauritsen (Ajani). Nicht berücksichtigt wären Juranovic, Roussillon, Prtajin, Ilic, Jordan, Preu, Stein und Carl, für die man Lösungen finden müsste. Den dritten Keeper aus der A-Jugend zu deklarieren, mach auch Sinn. Jedenfalls wenn man an die Spielpraxis denkt. Mit Burcu kommt sogar ein sehr talentierter Spieler im Sommer aus der Leihe zurück.

Für weitere verliehene Spieler wie Gosens, Kral, Bedia, Jaeckel und Grill müssen (aus den verschiedensten Gründen) ebenso Lösungen gefunden werden. Juranovic, Roussillon, Prtajin, Jordan, Preu, Stein, Carl, Gosens (Gehalt!), Kral, Bedia, Jaeckel, und Grill hätten es wohl schwer, zu den ersten "Zwanzig" zu gehören. Bei Gosens hätte das einfach nur finanzielle Gründe. Neben ein bis zwei neuen und vor allem guten Center-Stürmern hat Horst Held – und das ist klar ersichtlich – vor allem eine Aufgabe in den nächsten circa sieben Monaten – unseren Kader kleiner zu gestalten.

Mit Engel (16, Mittelstürmer), Prosche (17, Rechter Verteidiger) und Welsand (16, Keeper) scharren auch schon die nächsten – sehr jungen und sehr große Talente mit ihren Hufen. Auch sie gilt es im Blick zu haben und ihnen Chancen offen zu halten. Es sieht demnach gar nicht sooo schlecht bei Union aus. Wir haben alle Möglichkeiten und müssen nur einige Stellschrauben (neu) bedienen. Das kann auch mit Bo geschehen, dazu muss er sich aber taktisch öffnen. Unser Spieler-Kader ist eher zu groß. Qualitativ aber bis auf die vorderste Spitze gut aufgestellt. Frohe Weihnachten! Eisern.

21. Dezember: Schluss mit unserer Schönrederei!

Union-Trainer Bo Svensson (45) wirkte nach der Niederlage sichtlich geknickt.
Union-Trainer Bo Svensson (45) wirkte nach der Niederlage sichtlich geknickt.  © Carmen Jaspersen/dpa

Icke: Den Eindruck könnte man haben: Wir reden uns so einiges schön. Und ich meine nicht nur das Spiel in Bremen, das uns in die Winterpause schickt. Völlig verdient und wir waren ohne jegliche Chance.

Auch das Ergebnis von 1:4 ist in dieser Höhe angemessen. Schon nach einer guten Viertelstunde lagen wir mit 0:2 hinten. Individuelle Fehler und fehlende Schnelligkeit waren die Ursachen. Mit der fehlenden Schnelligkeit meine ich aber nicht nur die 'körperliche', sondern auch die gedankliche Schnelligkeit.

Ja okay, Vogt fehlte im Zentrum. Aber wie kommen wir auf die Idee, einen 21-jährigen Wechselspieler ins Zentrum der Abwehr zu stellen. Querfeld war mit dieser Rolle sichtbar überfordert. Dazu kommt, dass er mit gemessenen 28,13 Kilometern pro Stunde unser langsamster Feld-Spieler ist. Das konnte nicht gut gehen.

Doekhi hatte ihn (Vogt) schon einmal ordentlich vertreten. Noch besser wäre wahrscheinlich Khedira gewesen. Der hat die nötige Ruhe und Erfahrung und er ist Vize-Kapitän. Eben eine anerkannte Spieler-Persönlichkeit. Mit Kemlein hätten wir auch einen guten Vertreter für die '6' gehabt. Das 3:1 erzielten die Bremer übrigens noch kurz vor der Halbzeit. In der 23. Minute hatte Schäfer nach Vorarbeit von Rothe den Anschluss-Treffer erzielt.

Zur Halbzeit korrigierte Bo einiges. Brachte Juranovic für Trimmel. Und Skarke für Skov. Skarke brachte etwas mehr Tempo und Körperlichkeit in unsere Aktionen. Ändern konnte er aber auch nichts mehr. 20 Minuten vor dem Ende wurde bei uns das zentrale Mittelfeld ausgetauscht. Khedira und Schäfer gingen und Kemlein und Tousart kamen. Wenn ich mit zwei Toren hinten liege und nur noch ein Wunder hilft, wechsle ich dann zwei defensive Mittelfeldspieler ein? Zumal wir mit Prtijan (er kam dann später) und Volland noch zwei Stürmer auf der Bank haben? Das gut zu erklären, dürfte nicht einfach sein.

Über das Spiel gibt es aus Union-Sicht nichts Positives zu berichten. Kurz vor Schluss erzielte Werder dann noch das verdiente 4:1. Schwolow, der diesmal für Rönnow im Tor stand, war an der Niederlage völlig schuldlos. Was beim Ansehen dieses Spiels noch ins Auge fiel - in vielen Situationen waren die Bremer schlicht zu schnell für uns. Auch auf dieses Detail müssen wir bei zukünftigen Verpflichtungen achten. Schnelligkeit entscheidet Spiele.

Aber wer dachte, das sind schon alle schlechten Nachrichten, der irrte. Vorige Woche hatten wir nach dem Feuerzugwurf fast einen Spielabbruch verschuldet. Das da noch ein Nachspiel kommt, wissen alle. Außer vielleicht unsere Union-Ultras. Die kamen doch allen Ernstes auf die glorreiche Idee, kurz nach dem Anpfiff zur zweiten Halbzeit das komplette Stadion minutenlang in Rauch zu hüllen. Und ja, Raketen waren akustisch auch zu hören, sehen konnte man durch den Rauch der Fackeln ja nichts. Das ist ausgesprochen klug, weil wenn wir schon eine Strafzahlung in (wahrscheinlich) sechsstelliger Höhe für das Feuerzeug erhalten, dann fallen die paar zehntausend Euros für Fackeln und Böller auch nicht mehr auf.

Kann man da noch einen draufsetzen? Ja, das geht, eine kleine Abordnung unserer so cleveren Ultras eilte nach dem Spiel in den Innenraum. Unser "Vorsänger A." und noch zwei Hände voll anderer Rot-Weißer Ultras maßten sich an, unserer Mannschaft eine Ansage zu machen. Bei allen Emotionen, das steht ihnen nicht zu. Zumal man sich heute mit den Pyro-Aktionen – nach einem Fast-Spiel-Abbruch – noch dümmer anstellte, als es die Mannschaft tat.

Wie das nun alles weiter geht? Nein, auf einem Abstiegsplatz stehen wir noch nicht. Aber auch nur, weil sich andere Mannschaften noch dümmer anstellen als wir. Wir stehen wieder im Abstiegskampf. Aktuell hat unser Verein gerade einen Aktienverkauf gestartet. Das, was die Mannschaft sportlich liefert, der Feuerzeugwurf und die Fackel-Aktionen der Ultras, sind – vor allem in ihrer Gesamtheit – dazu nicht wirklich förderlich. Teilweise erschreckend dumm.

Wir geben aktuell kein gutes Bild in der Öffentlichkeit ab. Alles das, was wir selbst im November/Dezember dieses Jahres – und auch darüber haben wir berichtet – Positives im Umfeld gestaltet haben, rückt durch den Mist in den Hintergrund. Das ist nicht mehr zu akzeptieren.

Und ich hoffe nicht, dass Dirk Zingler - wir kennen uns und dadurch darf ich ihn auch direkt ansprechen – nicht wieder alle Zahlungen kommentarlos durchwinkt und bezahlt. Das betrifft den Feuerzeugwerfer und auch die extra-dummen Pyros in Bremen. Es ist das Geld unseres Vereins und nicht das Geld der Ultras! Ich schätze unseren Präsidenten sehr und halte ihn für einen einmaligen Glücksfall für unseren Verein. Nur seine Milde für jeden Bock, den die Ultras fabrizieren, verstehe ich immer seltener.

Nun kann in diesem Jahr nur noch einer für gute Nachrichten sorgen und ich hoffe Horst Heldt hat die meisten seiner Winter-Transfers schon eingetütet. Das wir auch hier etwas machen müssen, steht außer Frage.

So man sich vor Heiligabend nicht mehr sieht - allen Menschen ein frohes Weihnachtsfest und allen Opfern in Magdeburg und ihren Familien mein aufrichtiges Mitgefühl. Eisern.

20. Dezember: Auswärts in Bremen: Krise bitte beenden!

Für Unions Rani Khedira (30) geht es wieder nach Bremen.
Für Unions Rani Khedira (30) geht es wieder nach Bremen.  © dpa/dpa

Unionfux: Ja, es ist momentan schwierig als Unioner, wieder mal, und auch das Schreiben darüber wird nicht gerade leichter - denn wir sind seit etlichen Wochen ohne Sieg und man kann sich vor dem letzten Spiel in diesem Jahr bei Werder Bremen immer nur gebetsmühlenartig wiederholen: mehr Mut und Präzision in der Offensive, spielerisches Potential der Mannschaft ausschöpfen und bitte nicht nur über fünfundvierzig Minuten ordentlich auftreten, sondern auch gern mal über die volle Spielzeit. Und natürlich sehen die Statements von Trainer und Mannschaft weiterhin so aus wie in den vergangenen Wochen.

Vielleicht gehen wir etwas versöhnt in die kurze Winterpause, noch ist das bescheidene Ziel von zwanzig Punkten ja machbar (und verdient hätten wir’s weiß Gott!!), oder aber wir nehmen die gerunzelte Stirn mit in den Januar. Klar ist, dass auch ein möglicher Sieg nicht alle offenen Fragen beantworten kann, aber er wäre doch ein Anfang.

Dass er für die allgemeine Stimmung in der Mannschaft und für uns alle ziemlich wichtig ist, dürfte wohl auch auf der Hand liegen. Dass wir ohne unseren gesperrten Abwehrchef Kevin Vogt antreten müssen, macht die Sache nicht gerade leichter - andererseits wäre eine Gelbsperre sowieso demnächst gekommen, überraschend ist dieser Ausfall nicht und besser gleich als später. Wahrscheinlich wird Leo Querfeld ihn ersetzen, diesmal hoffentlich mit mehr Fortune als in Stuttgart.

Und leider ist Werder im Moment ziemlich gut drauf, nach unserem letzten Sieg in Kiel lagen wir drei Punkte vor ihnen, jetzt sind wir fünf Punkte hinter dem kommenden Gegner. Gut für uns ist hingegen die relative Heimschwäche der Grün-Weißen, die zu Hause erst einmal gewinnen konnten, magere sechs Punkte stehen sechzehn stolzen Auswärtszählern gegenüber, nur die Bayern sind in der Fremde besser. Vielleicht ist es, so gesehen, auch ganz gut, dass wir dieses so überaus anstrengende Jahr 2024 auswärts beschließen müssen/dürfen/können.

Das alles weiß Bo Svensson auch, nicht nur ich bin gespannt, wie er personell und taktisch reagieren wird. Hat er eine erkennbare Idee und kann er die der Mannschaft vermitteln? Wie kann er neue Impulse setzen, stehen eventuell Spieler auf dem Platz, die schon lange (aus unterschiedlichen Gründen) keine Rolle mehr gespielt haben wie Roussillon, Tousart, Prtajin, Juranovic oder Volland? Und reagiert er diesmal schneller in punkto Einwechslungen? Den Namen Benes traue ich mich schon gar nicht mehr zu erwähnen… Wir werden es sehen, es ist mittlerweile nahezu unmöglich geworden, irgendwas vorauszuahnen.

Doch auch, wenn uns momentan etwas der Glaube abhandengekommen sein mag und wir gerade nicht wissen, woher wir die Hoffnung auf einen Leistungssprung nach vorne hernehmen sollen, so ist doch, wie schon mehrfach erwähnt, der Optimismus ein notwendiger und fester Bestandteil des Rüstzeugs eines jeden Unioners, bei vielen über die Jahre gestählt und verfeinert.

Vielleicht passiert ja ein kleines Weihnachtswunder und wir gewinnen im Weserstadion, ist ja nicht so, dass uns das nicht schon mehrfach gelungen wäre, ja, eigentlich haben wir überhaupt erst einmal dort verloren, aber schon dreimal gewonnen. Also, Kopf hoch und breite Brust für’s Auswärtsmatch in Bremen, Krise bitte beenden und zeigen, dass wir’s noch und wieder draufhaben!!

Titelfoto: Andreas Gora/dpa

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