Union-Berlin-Blog: Kreativität und Kopfballtore

Berlin - Eisern: In einer Personal-Union aus drei waschechten Berliner Fußball-Fan-Originalen gibt es bei TAG24 den Union-Berlin-Blog.

Christian Beeck, Jürgen Heinemann und Tobias Saalfeld.
Christian Beeck, Jürgen Heinemann und Tobias Saalfeld.  © Archiv

Die Autoren:

Icke (Jürgen Heinemann) ist seit Mitte der Siebzigerjahre Unioner und als Betriebswirt seit über 30 Jahren im Vertrieb tätig. Er ist verheiratet und hat ein erwachsenes Kind. Icke lebt heute in Grünheide und schreibt hier als Gründer des Blogs.

Unionfux (Tobias Saalfeld) ist seit über 40 Jahren Unioner, er arbeitet als Freischaffender für Bühne, Funk und Fernsehen, auch dort schreibt er.

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Beecke (Christian Beeck), Ex-Bundesliga-Spieler (Hansa, Cottbus), Ex-Union-Manager, 21 Länderspiele für DDR-Junioren, stammt aus dem eigenen Nachwuchs von Union. Beecke hat 2 Kinder. In unserem Union-Blog fungiert Beecke als Berater.

4. Oktober: Kreativität und Kopfballtore

Am Samstag ist Borussia Dortmund zu Gast in der Alten Försterei.
Am Samstag ist Borussia Dortmund zu Gast in der Alten Försterei.  © Andreas Engelhardt/dpa-Zentralbild/dpa

Unionfux: Nun kommt am Samstag die andere Borussia in die Alte Försterei und die ist nicht unbedingt unser Lieblingsgegner, doch zumindest die Heimbilanz gegen die Dortmunder Borussia ist positiv: Drei Siege stehen zwei Niederlagen gegenüber. Besonders unser erster Sieg vor gut fünf Jahren dürfte allen noch gut in Erinnerung sein, denn damals schlug der gerade aufgestiegene David Union in einer überkochenden Alten Försterei den scheinbar unbezwingbaren Goliath Dortmund mit 3:1 - es war gleichzeitig unser erster Sieg in der Bundesliga.

Jetzt sind die Vorzeichen mit Sicherheit nicht mehr ganz so dramatisch, aber es gibt fraglos leichtere Gegner als Dortmund, die sich zwar in der Liga bisher nicht ganz so leicht wie erwartet tun, aber unter der Woche in der Champions League gegen Celtic Glasgow mächtig aufdrehten: So ein 7:1 ist schon eine Hausnummer! Besonders Karim Adeyemi konnte sich mit drei Toren hervortun, doch der zog sich zu Beginn der zweiten Hälfte einen Muskelfaserriss zu und wird gegen uns also fehlen, zugegeben nicht unbedingt ein Nachteil. Nichtsdestotrotz sind die Dortmunder schon der Favorit, aber damit können wir leben, denn wir tun uns bekanntermaßen mit dieser Rolle ohnehin schwer.

Auf jeden Fall sollten wir, bei aller gebotenen Vorsicht, nicht ganz so passiv wie zuletzt auftreten, auch wenn natürlich damit zu rechnen ist, dass das Spiel nicht von uns aufgezogen und der Gegner sehnsüchtig auf Räume lauern wird. Doch neunzig Minuten nur hinten drin zu stehen, kann, zumal in der Alten Försterei, nicht die Lösung sein. Ein Benes in der Startelf wäre zwar nicht das Allheilmittel, aber zumindest ein Zeichen an die Mannschaft, etwas offensiver in die Partie zu gehen, zudem kann uns die technische Beschlagenheit des Achters helfen. Dazu vielleicht noch Skov, für den das genauso gilt, da könnte auch mal eine Flanke im Strafraum ankommen. Wir erinnern uns: Das letzte Kopfballtor für uns machte Robin Knoche in Köln und davor - ja, Danilho Doekhi im Februar gegen Wolfsburg und mehr Kopfballtreffer gab es dieses Jahr tatsächlich noch nicht zu verzeichnen. Keine Frage, da gibt's also noch jede Menge Luft nach oben.

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Ich weiß ja, dass Bo Svensson nicht so gern herumexperimentiert, aber "never change a winning team" gilt ja seit letzter Woche auch nicht mehr so ganz. Und namentlich - die beiden Spieler sind schon in der Lage, der bisher oft fehlenden Kreativität etwas auf die Sprünge zu helfen - ein Versuch wäre es, aus meiner Sicht, doch wert.

Im Übrigen konnte unser Verein gerade eine Menge Geld sparen, denn der Fischer-Nachfolger und Svensson-Vorgänger Nenad Bjelica steht seit letzter Woche nicht mehr auf unserer Gehaltsliste, er hat nämlich einen langfristigen Vertrag bei Dinamo Zagreb unterschrieben, mit denen er ja auch in der Vergangenheit schon zwei Meistertitel einfahren konnte. Am Mittwoch spielte er mit seiner neuen Mannschaft 2:2 gegen den AS Monaco und sah kurz vor Schluss die Gelb-Rote Karte - im Osten nichts Neues also.

Und Chris Bedia hat für Hull City sein erstes Tor erzielt und konnte so zum Auswärtssieg bei den Queens Park Rangers beitragen. Wunder gibt es immer wieder heute oder morgen können sie geschehen … Nun würde ich einen Heimsieg gegen Dortmund nicht direkt als Wunder bezeichnen oder gar als etwas Neues, aber eine Ansage wäre es doch allemal.

1. Oktober: Bekommt jetzt Benes eine Startelf-Chance?

Union Berlins Laszlo Benes (27, 2. v. l.) lässt sich nach seinem Treffer gegen Mainz von den Teamkollegen umjubeln.
Union Berlins Laszlo Benes (27, 2. v. l.) lässt sich nach seinem Treffer gegen Mainz von den Teamkollegen umjubeln.  © Torsten Silz/dpa

Icke: Seit dem 5. Februar 2015 ist Benes Profi-Fußballer. Borussia Mönchengladbach erkannte früh sein Talent und verpflichtete ihn zur Saison 2016/17 für stolze fünf Millionen Euro. Auf Leihen nach Kiel und Augsburg folgte ein Verkauf zum HSV für "nur noch" 1,5 Millionen. Dort startete er so richtig durch.

Er war Dreh- und Angelpunkt, schoss Tore, verwandelte Freistöße und war – um es einfach auszudrücken – der beste Spieler beim HSV. Parallel dazu spielt er seit 2017 auch in seiner slowenischen Nationalmannschaft. 26 Länderspiele absolvierte er.

Das fiel auch in Berlin-Köpenick auf und uns war die Verpflichtung drei Millionen Euro wert. Für die heutige (verrückte) Zeit fast ein Schnäppchen. Beim HSV, der ein klassisches 4-3-3 mit zwei Achtern spielte, war Benes einer der zwei zentralen Mittelfeldspieler. Wir spielen mit Doppel-Sechs oder mit einer 8 neben der 6. Je nachdem, ob Svensson mehr defensiv oder mehr offensiv spielen möchte, bringt er Tousart oder Schäfer. Bisher jedenfalls.

Benes war einmal in der Startformation (in Leipzig), spielte aber auf der linken (halb-)offensiven Seite. Er ist zwar ein Linksfuß, man sah aber, dass ist nicht seine Position. Seine stärksten Szenen hatte Benes zentral. Auch wichtige Tore kann er. Das zeigte er gleich im ersten Spiel. Kurz vor Schluss eingewechselt, sicherte er uns in Mainz einen Punkt.

Seit 2015 absolvierte Benes 228 Pflichtspiele. Dabei gelangen ihm 30 Tore selbst und 43 Tore bereitete er vor. Von den 228 Spielen wurde er 113 Mal als zentraler Mittelfeldspieler eingesetzt. Die Mehrzahl aller Tore (25 von 30) gelangen ihm auf dieser Position. Auch 32 von gesamt 43 Tor-Vorbereitungen erzielte er als ZM (zentraler Mittelfeldspieler). Als Linksaußen absolvierte er nur zwei Spiele, eins davon bei uns. Dass Benes wirklich sehr zentrallastig ist, zeigen seine zweitmeisten (und drittmeisten) Einsätze als offensiver Mittelfeldspieler (29) und 14 Spiele als defensiver Mittelfeldspieler. Alle anderen von ihm gespielten Positionen liegen im einstelligen Bereich.

Auffällig dabei ist, in seinen 29 Spielen als offensiver Mittelfeldspieler erzielte er nur ein Tor (bei sieben Assists). Die Zahlen lügen nicht. Am wohlsten fühlt sich Benes auf der "8" – als zentraler Mittelfeldspieler. Neben dem einen Spiel bei Union, in der er in der Startformation stand, wurde er immer – also viermal - kurz eingesetzt. Immer offensiv, gegen St. Pauli übernahm er zum Beispiel den Part von Vertessen, als einer von zwei Doppelzehner hinter dem Mittelstürmer.

Man kann Svensson verstehen, Benes hat theoretisch die technischen Möglichkeiten, als auch die Schusstechnik – auch ganz vorn etwas zu bewegen. So richtig wohl fühlt er sich aber, wenn er auf der "8" spielt. Tore und Vorlagen, als auch die Anzahl der Positionseinsätze belegen das deutlich. Schäfer hat bei Svensson aktuell die Nase vorn, wenn es gilt – etwas offensiver zu agieren. Eventuell würde Union enorm davon profitieren, so Benes mal eine Chance auf "seiner" Position erhält.15 Tore und 12 Tor-Vorbereitungen in der letzten Saison als (Doppel-)Achter sollten uns das „Experiment“ wert sein.

Natürlich spielen wir ein gänzlich anderes System. Trotzdem möchte ich neben Khedira auch einmal Benes spielen sehen. Dass wir unsere spielerische Komponente verbessern müssen, sieht jeder und formuliert auch der Trainer so. Das unser zentrales Mittelfeld quantitativ überbesetzt ist, sieht man. Solange Schäfer und Tousart aber auf dieser Position keine Top-Leistungen bringen, hätte Benes eine Chance verdient.

Warum Svensson Schäfer gegenüber Benes – als offensiver Part – neben der "6" vorzieht, ist mir schon klar. Zu besten Zeiten spielte Schäfer auch in der Balleroberung sehr aggressiv und war oft erfolgreich. Auch ist Schäfer als Kämpfer gegen den Ball bekannt. Nur zeigt er das aktuell nicht. Nach seiner schweren Verletzung hat er seine alte Form noch nicht zurück. Wer sagt uns denn, dass Benes nicht einschlägt wie eine Bombe! Ich würde mich freuen, ihn auf "seiner Position" gegen Dortmund zu sehen. Einigeln gegen den BVB funktioniert sowieso nicht! Eisern.

29. September: Die Mittelstürmer-Problematik in Köpenick

Bo Svensson (45) muss sich ernsthafte Gedanken über die mangelnde Torgefahr seiner Stürmer machen.
Bo Svensson (45) muss sich ernsthafte Gedanken über die mangelnde Torgefahr seiner Stürmer machen.  © Federico Gambarini/dpa

Icke: Das erste Mal im fünften Spiel hat es uns nun erwischt und wir sind punktlos geblieben. Das ist kein Drama und würde auch keine Fragen aufwerfen, wären da nicht noch andere (kleine) Dinge. Warum ein Schiedsrichter - ohne längere Verzögerungen in der 2. Halbzeit - meint, nun acht Minuten nachspielen zu müssen und damit den Gladbacher Sieg erst möglich macht, das wird für immer sein Geheimnis bleiben und soll auch hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden.

"Ändere nie eine erfolgreiche Mannschaft", so steht es in der Fußball-Verfassung unter Paragraph 1. Man muss sich jetzt aber nicht zwingend daran halten. So lautet jedenfalls gleich der Paragraph 2. Unser Mittelstürmer Jordan steht immer wieder in der Startformation. Eine Vorlage steht bei null Toren und keinerlei Sprints in die Spitze zu Buche. Gefährliche Kopfbälle? Kann ich mich an einen (oder waren es zwei?) erinnern. Das ist in fünf Spielen zu dünn. In Gladbach war Hollerbach derjenige, den Rothe mit seinen Zuspielen - am/im Fünferraum fand. Gleich zweimal hintereinander. Eigentlich steht da die "9".

Aber das wäre es eigentlich alles nicht wert zu hinterfragen, würden nicht die Neuzugänge Ilic und Prtajin auf der Tribüne sitzen. Warum haben wir die beiden geholt? Jordan trifft nicht und ist kaum torgefährlich und die beiden sitzen nicht einmal auf der Bank? Auch Asanji, Top-Torjäger der Junioren bekommt keine Chance. Nachdem er im letzten Jahr Tore und Vorlagen am Fließband produziert hatte, steht er auch in dieser Saison schon wieder bei acht Toren im 8. Pflichtspiel (Liga und Pokal). Dazu kommen noch drei Torvorlagen. Bedia, den wir im Januar dieses Jahres für immerhin zwei Millionen holten, haben wir inzwischen wieder verliehen. Was läuft bei unseren Mittelstürmern falsch? Für Prtajin haben wir immerhin auch eine Million hingelegt. Ilic ist ausgeliehen worden. Ehrlich gesagt, verstehe ich unsere Personalpolitik an dieser Stelle nicht mehr. Es ist an der Zeit, etwas zu ändern. Keine Ahnung, was Svensson in Jordan sieht, er ist sichtbar ungefährlich. Aber wir brauchen "sichtbar gefährlich".

Wenn er Mut hat, bringt er Asanji. Mindestens aber Ilic oder Prtajin muss er jetzt einmal die Chance geben, sich zu zeigen. Sonst werden die Fragezeichen immer größer und es versteht dann keiner mehr. Ein Einsatz von Asanji hätte noch den Vorteil, dass uns der junge Mann über die Saison hinweg vielleicht erhalten bleibt. Sonst ist er GANZ sicher weg. Aber egal, wer da spielt, wir benötigen die Torgefahr, die sonst von einer "9" ausgeht. Da wir genügend Mittelstürmer haben, müssen wir testen, wer die beste Option für uns ist. Jordan wurde jetzt fünf Mal getestet und für zu leicht befunden. Wir werden es gegen den BVB sehen. Der Vorteil - nicht gewonnen zu haben - liegt darin, dass sich Svensson nicht mehr auf Paragraph 1 berufen kann. Eisern.

28. September: Verdammte Nachspielzeit - vermeidbare Niederlage in Gladbach

Danilho Doekhi (26, l.) und Rani Khedira (30) sind nach der späten Niederlage frustriert.
Danilho Doekhi (26, l.) und Rani Khedira (30) sind nach der späten Niederlage frustriert.  © Federico Gambarini/dpa

Unionfux: Es ist natürlich zum Kotzen, wenn der Gegner mit der einzigen echten Chance der zweiten Hälfte, dazu auch noch tief in der Nachspielzeit, das entscheidende Tor macht, zumal man da ausnahmsweise etwas unaufmerksam ist: So wird Hack nach einem schnellen Einwurf nicht an der leider guten Flanke gehindert und Cvancara kann seine 1,90 ausnutzen und wuchtig einköpfen. Das ist verdammtes Pech, aber zugegeben nicht nur, diese Erklärung wäre zu einfach.

Denn man muss auch sagen, dass wir über die gesamte Spielzeit (wieder mal) schlicht und einfach zu wenig nach vorn angeboten haben. So ist Vertessens Schuss nach sechsundachtzig Minuten und toller Vorlage von Benes an den linken Außenpfosten auch unsererseits der einzige nennenswerte Abschluss, wenn man mal von wiederum Benes' Schuss direkt vor dem Abpfiff absieht, denn den hat Nicolas sicher.

Manchmal wird man eben für das unzureichende Angriffsspiel bestraft, in einer ohnehin chancenarmen Partie, in der Gladbach in der ersten Hälfte zwar mehr vom Spiel hat und eine ausgezeichnete Möglichkeit durch Stöger nach einer knappen halben Stunde. Aber so wirklich stark ist der Gegner nicht an diesem Nachmittag, auch wenn er unbestritten passsicherer ist und mehr Ballbesitz hat und öfter vielversprechend auf den Außen durchkommt - viel zu tun hat Rönnow nicht.

Doch unserem Mittelfeld fehlt es weiterhin an Kreativität, da hätte Benes ruhig schon früher eingewechselt werden können, um das Nachlassen der Heimmannschaft für sich zu nutzen, denn Khedira und Schäfer sind, bei all ihren wichtigen Qualitäten, nicht erst seit gestern kaum die Spieler, die sich durch überraschende Ideen und Vorbereitungen auszeichnen, geschweige denn mal gefährlich zum Abschluss kommen. Wenn dazu noch keiner der seltenen Standards irgendwelche Gefahr ausstrahlt, dann kann und muss man mit dem Punkt hochzufrieden sein - wenn eben kurz vor Schluss nicht einmal die absolute Ordnung in der Abwehr fehlt, wobei das logischerweise schon mal passieren kann, und das dann auch noch erfolgreich ausgenutzt wird.

Jetzt steht man am Ende dummerweise mit leeren Händen da und kann sich nicht einmal so recht beklagen, auch wenn der so späte Gegentreffer selbstverständlich unglücklich ist - und eben zum Kotzen. Unterm Strich muss man also die erste Niederlage der Saison hinnehmen, gegen einen Kontrahenten, der seit einem halben Jahr zu Hause nicht gewinnen konnte, gegen den wir seit Ewigkeiten nicht verloren haben und unser Trainer gar noch nie. Aber was nutzt das schon?

Uns bleibt für dieses Mal nur die schlechte Laune und die wiederholte Erkenntnis, dass noch eine Menge zu tun ist, damit man, insbesondere auswärts, nicht nur reagiert, sondern eben dem Spiel, wenigstens zwischenzeitlich, auch mal seinen Stempel aufdrückt, zumal bei einem Mitbewerber, der eigentlich zu packen ist. Nur mit reinem Verteidigen ist es nämlich auf die Dauer nicht getan. Der nächste Schritt, auf den wir im Vorfeld nicht ohne Grund gehofft haben, lässt also noch einen Moment auf sich warten. Das Potential ist, wie schon festgestellt, ja durchaus da - nur zeigen muss man es.

26. September: Wie gut ist Union?

Aktuell hat Union Berlin einen guten Lauf.
Aktuell hat Union Berlin einen guten Lauf.  © Andreas Gora/dpa

Unionfux: Keine Frage: die Saison ist sehr gut gestartet, ein Schnitt von zwei Punkten pro Partie übertrifft wohl alle Erwartungen, die man insbesondere nach der schwierigen Transferphase und dem äußerst übersichtlichen Start im Pokal beim Viertligisten Greifswald hatte.

Im Moment steht man besser da als Dortmund oder Stuttgart, ist gleichauf mit dem Brauseverein und ist nur einer von drei bisher ungeschlagenen Vereinen. Da gibt’s nun wirklich nichts zu meckern - aber trotzdem wird gerätselt: Wie gut sind wir eigentlich?

Denn so richtig umgehauen wurde man bisher noch nicht, das Pferd sprang bis jetzt nur so hoch, wie jeweils nötig. Aber das kann ja nur heißen: Da ist noch wesentlich mehr drin. Gerade die letzte Heimbegegnung gegen Hoffenheim konnte in der ersten Hälfte doch ziemlich begeistern, um so mehr war man erstaunt, wie dann in der zweiten Hälfte das Spiel dem Gegner überlassen wurde, wir offensiv kaum noch stattfanden und meistenteils nur noch reagierten statt zu agieren.

Sicher, wir konnten uns auf unsere konsequente und leidenschaftliche Abwehr verlassen, aber speziell nach dem Anschluss wurde es eng, denn wir wissen alle - da muss nur eine perfekte Flanke, ein guter Standard kommen oder ein Spieler kriegt den Ball perfekt auf den Schlappen - und dann haben wir einfach mal unnötigst zwei Punkte weggeschmissen, die wir mühselig mit zwei Auswärtsunentschieden zurückholen müssen.

Da waren sie sehr gut zu sehen, unsere zwei Gesichter, die wir bis jetzt in jedem Punktspiel gezeigt haben. Was beruhigt und erfreut: Einige Merkmale unseres Erfolgs sind zurückgekehrt - die mannschaftliche Geschlossenheit, das fast fehlerlose, leidenschaftliche Abwehrspiel, eine ziemlich hohe Effektivität und Intensität. Doch auch unsere Schwierigkeiten sind noch da: Wir tun uns weiterhin eher schwer, das Spiel zu machen und die fehlende Präzision im Angriffsspiel verhindert mehr Tore, Standards und Flanken kommen zu oft nicht an, zusätzlich fehlt es auch an Mut und Geschwindigkeit (die ersten Minuten gegen die TSG mal ausgenommen …).

Wenn wir das noch in den Griff kriegen, dann könnte uns vielleicht doch etwas mehr als eine ungefährdete Spielzeit bevorstehen, dann sind nach den vierzig Punkten noch genug Spiele übrig, um möglicherweise wieder international dabei zu sein… Okay, noch Zukunftsmusik, alles kann, nichts muss - außer Klassenerhalt. Und nach vier Spielen kann man natürlich noch nicht auf die restliche Saison schließen, den bisherigen Punkteschnitt nicht so einfach hochrechnen.

Was man sagen kann, ist: Neuzugänge wie Rothe und Jeong tun uns gut (ob Tom Rothe nun der nächste linke Außenverteidiger der Nationalelf ist, wie Dirk Zingler orakelt, werden wir noch sehen). Benes, Jordan, Kemlein, Querfeld und Skarke (dessen Verlängerung in der letzten Woche schon etwas überraschend war) haben hier und da was aufblitzen lassen, aber da kann und muss noch wesentlich mehr kommen, Nachverpflichtung Skov steht langsam in den Startlöchern, das könnte nur gut für unsere Standards sein. Aber es bleibt, bis auf Weiteres, auch irgendwie seltsam, dass unsere beiden neuverpflichteten Mittelstürmer Prtajin und Ilic noch nicht mal auf der Bank Platz nehmen dürfen.

Andererseits ist es schon gut, dass wir uns das offenbar leisten können, genug Alternativen haben. Auf jeden Fall scheint die Statik in der Truppe wieder zu stimmen, denn auch bei den Alteingesessenen ist eine gewisse Konstanz, die Sicherheit und ebenso das Selbstvertrauen in weiten Teilen zurück, die uns in der Saison des Grauens so abhandengekommen waren und diese Eigenschaften sind ja für eine Mannschaft, die nicht so sehr über die individuelle Klasse Probleme lösen kann, so eminent wichtig, denn nur so kann es gehen.

Da scheint Trainer Bo Svensson schon einiges bewirkt zu haben, das gute Gefühl, das man von Anfang an mit ihm hatte, wird immer besser. Nicht zuletzt, da er ja auch, wie schon der große Urs Fischer, nicht zur Augenwischerei neigt - freuen ja, Zufriedenheit nein. Deswegen: Es läuft erstmal, und wenn wir mit gefühlten achtzig Prozent soviel rausholen, was läuft dann erst, wenn’s so richtig läuft?

Wir werden’s, hoffentlich bald, erleben. Warum nicht schon in Gladbach? Zumindest der nächste Schritt wäre doch schon mal was …

22. September, 11.31 Uhr: Lieblingsgegner Gladbach

Am Samstag findet das Auswärtsspiel gegen Borussia Mönchengladbach statt.
Am Samstag findet das Auswärtsspiel gegen Borussia Mönchengladbach statt.  © Andreas Gora/dpa

Icke: Am Samstag spielen wir im Auswärtsspiel gegen unseren Lieblingsgegner Borussia Mönchengladbach. Unglaubliche 6 Siege – bei nur einer Niederlage und 4 Unentschieden konnten wir einfahren. Dazu rechnet man noch das DFB-Pokalspiel aus dem Jahr 2001, das wir auch gewannen.

Da sage noch einer, der Netzer-Club liegt uns nicht. Zusammengerechnet wären das 25:7 Punkte. Um das 2001-er Pokalspiel noch einmal in Erinnerung zu bringen. In der Saison hatten wir wohl erstmalig in der Nachwendezeit ein Dream-Team zusammen. Isa-Texas-Djurkovic war ein Sturm, der Spaß machte. Eine dribbelstarke Flügelzange wurde mit einem treffsicheren Mittelstürmer ergänzt. Koilov und Okeke führten Regie in der Mittelfeldzentrale. Der eine defensiv, der andere offensiv.

Und hinten organisierte normalerweise Menze (im Gladbacher Pokalspiel Spiel war Tschiedel die „Bank“) die Abwehr. Umrahmt von Persich, Ernemann (beide zentral), Nikol (links) und Kremenliev (rechts). Und wenn dann doch mal etwas durchkam, dann war ja noch Elfmeterheld Beuckert da.

Der hielt in diesem Pokal-Fight unter Flutlicht zwei Elfer, einen vom jetzigen Bayern-Manager Max Eberl. Und wir dürfen nicht vergessen, wir waren ein Regionalligist. Seit dieser Zeit haben die Gladbacher wohl eine Union-Phobie. Apropos Koilov, der feierte diesen Montag seinen 55.Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!

2000/2001 war eine Saison, die man nicht vergisst. Allerdings ist trotzdem Vorsicht geboten. Die Gladbacher sind spielerisch viel besser, als es ihr aktueller Tabellenstand (14. mit 3 Punkten) aussagt. Gerade unsere „alten Wunschspieler“ Stöger und Kleindienst per formen richtig gut. Der offensive Teil der Gladbacher sieht trotz der mageren Punkte-Ausbeute schon sehr ordentlich aus. So wir aber unseren defensiven Part aus dem letzten Ligaspiel konservieren können, muss uns nicht Bange sein.

Das was Rönnow, Vogt und Leite aktuell zeigen ist Bundesligaspitze. Und ich bin gespannt, wie Jordan sich dort verhält. Er müsste sehr motiviert sein. Wollte man ihn doch nicht weiter verpflichten und hat stattdessen den viel teureren Kleindienst geholt. Warum wir übrigens diesen Kleindienst nicht bekamen, wurde am Fall Stöger bekannt. Sein Gehalt sickerte durch. Gladbach war wohl bereit für ihn (und wohl auch für Kleindienst) ca. 3,2 Millionen Jahresgehalt aufzurufen. Gut das wir nicht jeden Mist mitmachen. Eisern!

22. September, 7.21 Uhr: Die gute Wahl - Rönnow!

Union Berlins Torhüter Frederik Rönnow (32) lässt sich von den Fans feiern.
Union Berlins Torhüter Frederik Rönnow (32) lässt sich von den Fans feiern.  © Hendrik Schmidt/dpa

Unionfux: Dass Torhüter zum "Unioner des Jahres" gewählt werden, ist gar nicht so selten. Seit 1980 (seitdem gibt es diese Wahl erst) war es immerhin sechzehn mal der Fall, natürlich Legenden darunter wie Wolfgang "Potti" Matthies (immerhin viermal gewählt), genauso wie Jan Glinker, ein absolut wackerer und guter Schlussmann, aber sicher nicht überragend - jedoch ungemein beliebt.

Dazu noch Oskar Kosche (zweimal), Sven Beuckert, Daniel Haas, Rafal Gikiewicz (der sich auch gleich mal zum König von Köpenick ernannte). Und selbst Marcel Höttecke hat den Titel einmal gewonnen (2011), unerklärlich bis heute: Er hatte er nicht mal die Hälfte der Spiele in jener Saison bestritten und herausragend war er dabei auch nur selten, so richtig ist er wohl kaum jemandem in Erinnerung geblieben, wobei - das stimmt nicht so ganz: immerhin ist er seit dieser Spielzeit der Torwarttrainer unserer U19.

Unbestritten ist jedoch, dass Frederik Rönnow diesen Titel zu Recht verteidigen konnte - in dieser so chaotischen und verunglückten Saison, mit gottlob gutem Ausgang, war er einer der wenigen, wenn nicht die Konstante - wenn schon wenig bis nichts funktioniert, dann wenigstens der Keeper! Abgeklärt, effektiv und gerne mal auch mit einer Monsterparade (der Freiburger Grifo schläft immer noch schlecht, wenn er daran denkt, den Kopfball aus vollem Lauf und fünf Metern nicht an unserem Dänen vorbeigebracht zu haben oder auch Luka Modric ...). Und was Flanken angeht: die pflückt niemand in der (an guten Keepern reichen) Bundesliga so gekonnt runter wie er, er führt die Statistik unangefochten an, das macht sein extrem hochwertiges Stellungsspiel, ja, das lässt es manchmal so leicht aussehen und schon allein deswegen werden viele Möglichkeiten für den Gegner schon im Keim erstickt, zudem hatten wir wohl noch nie einen Torwart, der fussballerisch so sicher agiert.

Deswegen hat wohl jeder bei uns aufgeatmet, als der unumstrittene Stammtorwart im Winter seinen Vertrag verlängert hat, nachdem es ja im Sommer 2023 so hartnäckige Gerüchte gab, dass Lazio Rom ihn unbedingt verpflichten wollte, denn natürlich sind seine Leistungen auch andernorts bemerkt worden - und es war obendrein ein so wichtiges Signal in unserer damaligen sportlichen Situation.

Gut, der schlaue Däne wird auch wissen, was er an uns hat: das absolute Vertrauen, dass ihm in den beiden Bundesligastationen Frankfurt und Schalke so gefehlt hat. Die Ruhe im Verein und die familiäre Atmosphäre ist mit Sicherheit auch kein Nachteil und eben auch die große Beliebtheit bei den Fans und das ganz ohne die große, spektakuläre Show, wie sie der oben erwähnte Königskeeper so unnachahmlich draufhatte - es geht offensichtlich ja auch ohne. Dazu noch sympathisch und so ganz ohne Starallüren, es ist so gar nicht schwer, Frederik Rönnow zu mögen - und ich meine sowohl den Keeper als auch den Typen.

Und nicht zuletzt hat er wiederum einen gehörigen Anteil an unserem überaus gelungenen Saisonstart, immerhin dem zweitbesten unserer bisherigen Bundesligageschichte. Soll heißen: er arbeitet jetzt schon an seinem dritten Unioner-des-Jahres-Titel … Rönnows neuer Vertrag dürfte (geschätzt) bis 2027 dauern und kaum jemand hätte was dagegen, wenn unser dänischer Keeper bis zu seinem Karriereende bei uns bleiben würde - denn so einen musst du erstmal finden. Also: Eiserne Glückwünsche zum absolut verdienten Double, lieber Freddy - und weiter so! Zum Schluss sollen natürlich noch Platz zwei und drei nicht unerwähnt bleiben: die gingen an den ewigen Christopher Trimmel, die Zuverlässigkeit in Person (auch schon zweimaliger UdJ) und an Benedikt Hollerbach, dem Mann für die wichtigen Tore. Unterm Strich haut das allemal hin: 'ne wirklich gute Wahl.

21. September: Du gewinnst hier nicht die 3 Punkte bei Union Berlin

Unions-Fans feiern mit ihrer Mannschaft den Sieg.
Unions-Fans feiern mit ihrer Mannschaft den Sieg.  © Andreas Gora/dpa

Icke: So ähnlich heißt die neue Show bei Stefan Raab. Und am Anfang standen Schweiß und Schmerzen. Jedenfalls bei ihm. Bei uns im Training wohl auch. Aber dann waren die ersten 25 Minuten ein Augenschmaus für alle Unioner. 1:0 Rothe nach knapp 4 Minuten und mehreren Ping-Pong-Vorarbeiten. Zack. 2:0 Jeong nach 6 Minuten mit herrlichem Haken zuvor. Zack. Eigentlich waren da schon alle Messen gesungen. Zumal Union so weiter machte. Aggressiv und mit Tempo und Einsatz. Das war wohl die beste Halbzeit seit einem Jahr. Besonders die erste knapp halbe Stunde. Hoppenheim ohne jegliche Chance und Union drückte auf das dritte Tor.

Vor allem Hollerbach und Jeong machten weiter Tempo. Und selbst Jordan sicherte gut die Bälle und leitete diese geschickt weiter. Rothe hatte sowieso einen starken Tag und Schäfers Form steigt steil nach oben. Jordan blieb dann zur Halbzeit draußen. Aber nicht, weil er schlecht war, sondern weil er ständig hart zulangte und deshalb rot-gefährdet war. Hoppenheim gelang so gut wie nichts und sie waren mit diesem 0:2 noch gut bedient. Gute Chancen hatte Union noch mehrere.

Zur 2. Halbzeit übernahm Starke den Jordan-Job. Er ist nun ein ganz anderer Typ. Ihn muss man schicken und das taten wir. Aber wir waren nicht mehr so drückend überlegen wie in Halbzeit eins. Hoppenheim kam nun zu Chancen und war gleichwertig. Ausgerechnet dem Ex-Unioner Bülter gelang dann der Anschlusstreffer. Aber was die tolle Abwehr um Doekhi/Vogt/Leite nicht blocken konnte, übernahm dann – wie immer – Rönnow. Die Abwehr ist nach wie vor – unser Paradestück. Und dazu gehört auch Khedira auf der sechs, der vieles schon vorher wegräumt. Man sieht das oft nicht, nur wenn man genau auf die Laufwege von Khedira schaut. Ebenso ist Abwehr-Organisator Vogt hervorzuheben. Weil er spektakulär spielt? Nein, weil er durch geschicktes Zulaufen von Lücken schon etliche Situationen bereinigt, bevor diese akut werden.

Neben Skarke, kamen noch Vertessen, Benes, Trimmel und Querfeld. Diese fünf Spieler zeigen, wie stark die „Bank“ von Union ist. Besonders in der ersten Halbzeit machte das Stadion einen Lärm, dass wahrscheinlich Hoffenheimer Sky-Zuschauer dachten, ihr Fernseher sei defekt. Sie peitschten die Spieler regelrecht nach vorn.

Eine "hammerharte" Idee hatten die gleichnamigen Ultras von Union. Sie warben für Organspenden unter dem Union-Publikum. Der Clou dabei – ein Spender-Ausweis mit Union-Logo. Mich haben sie überzeugt. Ich werde das machen. Die zweite wichtige Aktion sind die Spenden für den krebskranken Jugend-Torwart Berkin. Bei gofundme.de findet man die Aktion, die schon nach kurzer Zeit eine sechsstellige Summe zusammen hatte. Gute Besserung! Drei Punkte, eine gute Sozialarbeit, teilweise schönen Angriffsfußball, Unionherz – was willst Du mehr? Eisern!

20. September: Ein bisschen mehr Sturm bitte!

Schaffen es die Unioner am kommenden Samstag in der Alten Försterei den Sieg zu holen?
Schaffen es die Unioner am kommenden Samstag in der Alten Försterei den Sieg zu holen?  © Hendrik Schmidt/dpa

Unionfux: Im Moment gibt es, zum Glück, nicht allzuviele Fragezeichen in der Aufstellung für Samstag gegen die Turn- und Sportgemeinschaft aus Hoffenheim.

Wenn man mal vom Sturm absieht: Beginnt man wieder mit Jordan oder nicht? Oder kriegt etwa Skarke eine weitere Startelfchance, nachdem die in Leipzig ja nur bedingt eine war, denn bis zu seiner Auswechslung kurz nach der Pause war das nun wirklich kein Spiel für einen Stürmer.

Darf Vertessen nach seiner starken Einwechslung von Anfang an ran oder sieht Svensson in ihm vorerst den idealen Joker (was man ja durchaus nachvollziehen könnte)? Und was ist denn nun mit Ilic und Prtajin? Werden sie zeitnah eine Alternative oder kommt doch eher Kevin Volland zurück, der ja unter der Woche wieder ins Mannschaftstraining zurückgekehrt ist?

Zugegeben: es gibt schon so eine gewisse Grundnervosität, was die beiden mittelstürmenden Neuzugänge angeht, bedingt durch unsere jüngsten Flops wie Fofana (den Chelsea auf den letzten Drücker übrigens zu Göztepe Izmir ausgeliehen hat) und Bedia (noch torlos bei unserem alten Bekannten, Timmy Walter, in Kingston upon Hull), die ja beide so gar nicht einlösen konnten, was man sich von ihnen versprochen hat.

Zumindest das Spiel gegen Hoffenheim wird darauf keine erschöpfende Antwort geben, da beide wohl nicht im Kader stehen werden, ebenso wie Volland. Die Frage steht zumindest im Raum: sind beide gut genug für die Bundesliga? Denn eins ist klar: Tore müssen her, auch wenn der Start in die Saison mit unserem weitgehenden Minimalistenfussball ziemlich gut geglückt ist. Nicht von ungefähr sind unsere beiden bisherigen Treffer Weitschüsse, interessanterweise ja auch das einzige Gegentor - Strafraum können wir bis jetzt noch nicht so recht, zumindest, was den Angriff angeht.

Dabei ist es nicht unbedingt so, dass unsere Offensiven den großen Chancentod geben und ein Ding nach dem anderen versemmeln, es gab bisher vielmehr kaum Gelegenheiten, schon gar nicht aus dem Spiel heraus. Zu wenig präzise Pässe in die Tiefe, zu wenig gelungene Flanken, kaum Möglichkeiten, abzustauben - leicht hat es ein Stürmer bei uns weiß Gott nicht. Das muss sich, logischerweise, ändern, nicht immer werden (und sollten) wir dem Gegner das Spiel weitgehend überlassen, dürfen nicht nur reagieren, sondern eben auch agieren, das Spiel wenigstens mitbestimmen - auch wenn der geringere Ballbesitz sich bis hierher ausgezahlt hat.

Ob das nun gerade morgen der Fall sein wird, das wir das Spiel dominieren - eher fraglich, trotz des Heimvorteils. Denn auch wenn Hoffenheim nach dem Auftakterfolg gegen Kiel zweimal verloren hat, so waren die Gegner Frankfurt und erst recht nicht Leverkusen sogenannte Laufkundschaft. Hurrafussball funktioniert gegen so einen Gegner eher nicht, aber die Gefahr sehe ich bei uns, bis auf Weiteres, ohnehin kaum.

Und sowieso ist es natürlich egal, wer bei uns die Tore schießt, aber so ein wenig mehr Gefahr könnten und müssten unsere Stürmer im gegnerischen Strafraum schon ausstrahlen. Da sollten demnächst doch bitte und unbedingt einige Knoten platzen - warum nicht schon am Samstag in der Alten Försterei?

18. September: Schlüsselspiel gegen die Betriebssportgemeinschaft

Torhüter Frederik Rönnow (32) reagiert auf dem Platz.
Torhüter Frederik Rönnow (32) reagiert auf dem Platz.  © Hendrik Schmidt/dpa

Icke: Wann bezeichnet man ein Spiel als Schlüsselspiel? Wenn es eine Richtung für die Zukunft vorgibt. Das ist wohl am 4. Spieltag der Fall. Wir haben jetzt 5 Punkte aus 3 Spielen. Das ist ein guter Start. 2 Unentschieden und einen Sieg auf der Habenseite zu wissen. Wir können das aber jetzt veredeln. Mit einem Sieg gegen die BSG Hoppenheim. Kein weiterer Punktezuwachs würde uns noch nicht in die Abstiegszone bringen, aber in das tiefe Mittelfeld, wo es dann ganz schnell hoch oder runtergeht. Zumal das dann folgende Punktspiel in Gladbach auch eine echte Aufgabe darstellt.

Die Betriebssportler sind nicht ganz so toll in die Saison gestartet. Am letzten Wochenende gab es eine 1:4-Heimklatsche gegen Leverkusen. Das kann passieren, wenn nicht das "wie" wichtig wäre. Nur in der 1. Halbzeit konnte Sinsheim Paroli bieten. In Halbzeit 2 gingen sie unter. Zuvor hatten sie in Frankfurt mit 1:3 verloren. Am 1. Spieltag gewann sie knapp mit 3:2 gegen Aufsteiger Kiel. Wie schon angedeutet, gegen Leverkusen kann man - auch zu Hause - verlieren, ebenso in Frankfurt und der knappe Sieg gegen Kiel war nun auch kein Fußball-Fest. Deswegen ist unser Spiel gegen die Betriebssportgemeinschaft SAP so wichtig. Und die Gäste werden sich zerreißen. Verlieren sie bei uns auch noch, so finden sie sich erst einmal im Abstiegskampf wieder.

Und dabei hat die BSG SAP aktuell eigentlich genug um die Ohren. Deren Ultras intervenieren gegen ihren Verein. Ich wusste vorher gar nicht, dass die 36.000 Einwohner von Sinsheim auch Ultra-Fans haben. Sport-Chef Rosen und Schwegler wurden entlassen. "Einstimmig", wie man berichtet, wurde die Entscheidung getroffen. Wer die "eine Stimme" ist, sollte auch klar sein. Das bringt wohl das Fass dort zum Überlaufen. „Nur doof“ sind die dort wohl auch nicht und merken, wie sie zum Spielball des Milliardärs wurden. Eigenartige Firmenverzweigungen mit Spielerberatern in Übersee und (inzwischen natürlich eingestellte) Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Untreue gegen Hopp – zeigen ein Bild, dass in (fast) jedem deutschen Fußball-Stadion durch die Gesänge gegen ihn komplettiert werden. Es mag sein, dass er Fußball auch liebt. Aber man kann eben nicht alles mit Geld kaufen. Der Respekt bei Fußball-Fans zum Beispiel, der ist nicht käuflich.

Umso wichtiger ist ein Sieg am Wochenende gegen die Betriebssportler aus Sinsheim. Und so schlecht stehen unsere Aktien gar nicht. Um unsere Achse Tor-Innenverteidigung, also Rönnow und Doekhi/Vogt/Leite – beneidet uns die halbe Bundesliga. Gerade Rönnow und Leite glänzten in Leipzig, als wir gegen die anderen Betriebssportler spielten. Und vorn, da wo wir noch viel Luft nach oben haben, gilt das Prinzip Hoffnung. Da dürfen sich jetzt gern unsere Neuzugänge Ilic, Skov und Jeong zeigen. Gerade vom Ex-BSG-Spieler Skov erwarten sich viele mehr Torgefahr. Zur Erinnerung, bevor man ihm in Hoppenheim zum Außenbahnspieler umfunktionierte, war er Rechtsaußen und Torschützenkönig in Dänemark. Skov hat einen guten und strammen Schuss. Und eine solide Technik. Darauf freuen wir uns. Und auf 3 Punkte. Eisern

Titelfoto: Andreas Engelhardt/dpa-Zentralbild/dpa

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