Union-Berlin-Blog: Zwanzig unglaubliche Jahre - Danke, Dirk Zingler!

Berlin - Eisern: In einer Personal-Union aus drei waschechten Berliner Fußball-Fan-Originalen gibt es bei TAG24 den Union-Berlin-Blog.

Christian Beeck, Jürgen Heinemann und Tobias Saalfeld.
Christian Beeck, Jürgen Heinemann und Tobias Saalfeld.  © Archiv

Die Autoren:

Icke (Jürgen Heinemann) ist seit Mitte der Siebzigerjahre Unioner und als Betriebswirt seit über 30 Jahren im Vertrieb tätig. Er ist verheiratet und hat ein erwachsenes Kind. Icke lebt heute in Grünheide und schreibt hier als Gründer des Blogs.

Unionfux (Tobias Saalfeld) ist seit über 40 Jahren Unioner, er arbeitet als Freischaffender für Bühne, Funk und Fernsehen, auch dort schreibt er.

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Beecke (Christian Beeck), Ex-Bundesliga-Spieler (Hansa, Cottbus), Ex-Union-Manager, 21 Länderspiele für DDR-Junioren, stammt aus dem eigenen Nachwuchs von Union. Beecke hat 2 Kinder. In unserem Union-Blog fungiert Beecke als Berater.

1. Juli: Zwanzig unglaubliche Jahre - Danke, Dirk Zingler!

Dirk Zingler (59) ist bereits 20 Jahre Vereinspräsident der Unioner.
Dirk Zingler (59) ist bereits 20 Jahre Vereinspräsident der Unioner.  © Matthias Koch/dpa

Unionfux: Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit. Zwanzig Jahre als Vereinspräsident sind sogar eine erstaunlich lange Zeit: Herzlicheisernen Glückwunsch, Dirk Zingler!

Als der glühende Union-Fan am 1. Juli 2004 sein Amt antritt, noch 39-jährig und weil es eigentlich niemand so richtig machen will, laufen die Uhren bei unserem Verein noch komplett anders: Gerade sind wir aus der Zweiten Liga abgestiegen - und damit nicht genug: Das erste Amtsjahr des jungen Präsidenten endet mit einem erneuten Abstieg und der steht im Grunde schon nach der ersten Halbserie fest.

Doch auch wenn der sofortige Aufstieg aus der Oberliga mühselig ist - von nun an geht es relativ stetig und zügig bergauf. Schon drei Jahre später sind wir wieder in der Zweiten Liga und setzen uns dort fest. Neun Jahre lang sind wir Zweitligist, da gelingt Dirk Zingler etwas, was ihm vorher ziemlich selten gelang: ein absoluter Glücksgriff in Sachen Cheftrainer.

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1. FC Union Berlin Pyrotechnik und Bierbecherwürfe: DFB-Sportgericht bittet Union Berlin gehörig zur Kasse

Der Schweizer Urs Fischer führt den Verein im zehnten Zweitligajahr tatsächlich in die Bundesliga und das ist doch so unfassbar, dass fast alle, auch der Präsident, von einem Urlaub in der obersten Etage des deutschen Fussballs sprechen. Doch aus dem Urlaub wird vielviel mehr, er führt uns sogar bis in die Champions League, bis letztes Jahr die etwas unverhoffte Delle kommt. Beinahe hätte Zingler tatsächlich sein 20-jähriges Jubiläum im Unterhaus begehen müssen, doch zum Glück kann das spektakulär in letzter Minute verhindert werden. Doch nicht nur das ist in den letzten zwanzig Jahren passiert. Zwischenzeitlich wurde die marode Alte Försterei neu aufgebaut, in einer weltweit wohl beispiellosen Aktion, nämlich unter Mithilfe der Fans.

Und ein kompletter Neubau steht schon seit einiger Zeit vor der Tür: 37000 Zuschauer soll die neue Arena an gleicher Stelle fassen, kein Wunder, hat sich doch die Mitgliederzahl des Vereins unter dem Großen Vorsitzenden nahezu versiebzehnfacht, von knapp 4000 auf über 66000.

Und auch, wenn der 1. FC Union dank der nimmermüden Zuversicht seines Präsidenten mittlerweile ein anerkannter Bestandteil einer der stärksten Ligen der Welt ist, so wird trotzdem so viel wie nur irgend möglich von der Einzigartigkeit dieses Vereins bewahrt, wird nicht jedem Auswuchs des Kommerzes gefolgt, will man der zuweilen etwas schrullige, familiäre und verschworene Haufen aus dem Südosten Berlins bleiben, ein Sonderfall gewissermaßen, in vielfacher Hinsicht.

Das kann natürlich nicht auf allen Ebenen gelingen, sämtlichen Gesetzen des Marktes, denn wir sind ja unbestritten im Profifussball, kann man sich nun mal unmöglich entziehen, das weiß der Realist Zingler, er versucht den Spagat irgendwie zu moderieren und das gelingt ihm doch ziemlich gut. Keine Frage, der Präsident ist schon derjenige, der im Verein das absolute Sagen hat, ohne ihn wird nichts entschieden. Er macht die Ansagen, an den entscheidenden Stellen sitzen seine Leute, es gibt keine Opposition. Das mag man gut oder schlecht finden - Es ist so, er ist eben kein Frühstücksdirektor, sondern ein Patriarch, wie er im Buche steht, er ist das Alpha und Omega, ohne dass er das betonen oder gar herausstellen muss, das hat er gar nicht nötig.

Und der Erfolg gibt ihm recht und nicht nur der. Wer weiß, wo der 1. FC Union ohne Dirk Zingler wäre, aber sehr viel besser hätte es für den Verein wohl kaum laufen können, das müssen selbst die Kritiker zugeben, und das unter eher schwierigen Voraussetzungen.

Nun steht ein weiterer Umbruch an, das über lange Jahre erfolgreiche Duo Fischer/Ruhnert ist weitgehend Geschichte. Ab heute sollen Bo Svensson und Horst Heldt ein neues Kapitel aufschlagen und uns weiter in der Bundesliga etablieren, gern auch etwas mehr, von Urlaub kann schon lange keine Rede mehr sein. Und Dirk Zingler steuert jetzt unaufhaltsam auf das Vierteljahrhundert als Präsident hin. Es gibt noch so viel zu tun und es gibt noch so einige Früchte zu ernten. Viel Glück, Kraft und Spaß dafür und dabei - und danke, DZ, für die letzten zwanzig Jahre, wir staunen immer noch!

30. Juni: Fünf Bälle im Tor, nur zwei zählen

Das heranziehende Gewitter war direkt über dem Stadion und der englische Schiedsrichter Michael Oliver musste die Partie unterbrechen.
Das heranziehende Gewitter war direkt über dem Stadion und der englische Schiedsrichter Michael Oliver musste die Partie unterbrechen.  © Marcus Brandt/dpa

Icke: Ende gut, alles gut? Kann man so sehen. Letztendlich gewann die deutsche Mannschaft verdient mit 2:0 gegen Dänemark. Fünf Mal landete der Ball im Tor, zwei Tore zählten nur. Deutschland erzielte noch zwei weitere Treffer, die der VAR einkassierte, Dänemark hatte mit nur wenigen Zentimeter Abseits ein Höllenpech.

Die Abseitslinie zeigte wirklich nur ein winzig kleines Stück vom Schuh, das nicht regelkonform herumstand. Aber auch über Schlotterbecks Kopfballtor gleich in der 3.Minute kann diskutiert werden. Es wurde aberkannt, weil Kimmich einen Dänen geblockt hat. Wenn das ab jetzt immer gepfiffen wird, so sehen wir keine Kopfballtore mehr.

Diese Blocks im Strafraum passieren ständig und bei fast jedem Eckball. Selbst Union praktiziert das nicht selten. Das war sehr kleinlich interpretiert.Die deutsche Mannschaft begann herzerfrischend. Gute Kombinationen und hohes Pressing waren die Grundlagen dafür. Dabei wechselte Nagelsmann gleich drei Mal. Sane kam für Wirtz, Schlotterbeck für den gelb gesperrten Tah und Raum für Mittelstädt.

Nach 20 Minuten erzielten die Dänen Gleichwertigkeit im Spiel. Chancen gab es auf beiden Seiten. Und ja – wer noch Restzweifel an Neuer hatte, der hat sie jetzt nicht mehr. Mehrmals rettete er in aller höchster Not und mit alter Klasse. Sein Abwehr-Turm Rüdiger – der Gott sei Dank – rechtzeitig fit wurde, unterstützte ihn dabei spektakulär. Wie Rüdiger regelkonform zwischen die Dänen fegte und kompromisslos im deutschen Strafraum aufräumte, war sehenswert. Die beiden vor allem retteten uns hinten die „Null“.

Aber die Deutschen mussten immer wachsam bleiben. Die Dänen waren nun brandgefährlich. Bis zur 34. Minute. Ein irrer Donnerknall ließ das Stadion wackeln. Das heranziehende Gewitter war direkt über dem Stadion und selbstverständlich musste der englische Schiedsrichter Michael Oliver die Partie unterbrechen. Die Unterbrechung half wohl den Deutschen etwas mehr, als den Dänen.

Unsere Mannschaft konnte sich wieder sammeln, bevor es weiterging.Etwa 25 Minuten später geht es dann mit verteiltem Spiel weiter. Es kommt die 48.Minute. Die Dänen erzielen auch ihr Tor. Und auch das wird vom VAR aberkannt. Bitter für sie, es waren wirklich keine 3 Zentimeter. Und keine 4 Minuten danach greift wieder der Video-Schiedsrichter ein. Handelfmeter für Deutschland. Und die Zeitlupe bestätigt, was die meisten Zuschauer im Stadion, aber auch an den TV-Geräten gar nicht gesehen hatten. Ich übrigens auch nicht. Aber die Zeitlupe und der Chip im Ball bestätigen es. Es war richtig.

Und jetzt zeigt Havertz Mut. Gündogan, der erst den Ball hatte, übergibt ihn an Havertz. Um ihn gab es Diskussionen, ob nicht Füllkrug der deutschen Mannschaft mehr helfen könnte. Havertz zeigt keine Nerven und schießt einen perfekten Elfmeter. 1:0 für Deutschland. Und diesmal zählt das Tor.Nun müssen die Dänen kommen. Und sie kamen. Erreichten zumindest ein ausgeglichenes Spiel. Und erarbeiteten sich Chancen, wie aber die Deutschen auch, die nun mehr Platz zum kontern hatten.

In der 59.Minute bricht Havertz allein durch und schießt hauchdünn vorbei. Das musste das 2:0 sein, war es aber nicht. Neun Minuten später schickt Schlotterbeck Musiala auf die „Reise“. Und der macht das 2:0 – allein auf Schmeichel zulaufend – ganz souverän. Wenn wir vorher von den Stützen Neuer und Rüdiger sprachen, so gesellt sich Musiala – spätestens jetzt dazu.

Die Dänen versuchen jetzt alles, aber die Deutschen verteidigen ihr Tor. In der 91.Minute schlägt Neuer weit nach vorn. Wirtz bekommt den Ball und überwindet den dänischen Keeper per Chip. Zwei sehr lange Minuten wird der VAR benötigen, um auch dieses Tor abzuerkennen.In der 96.Minute gibt es dann endlich den Schlusspfiff. Der Sieg war verdient. Aber eben auch hart umkämpft. Nun schauen wir darauf, wer der nächste Gegner wird. Normal müsste es der Turnier-Favorit Spanien werden. Aber die Georgier konnten schon einmal überraschen. Eisern.

28. Juni: Gut, dass Rönnow auf der Bank sitzt...

Berlins Fredrick Rönnow (31) fliegt dem Ball hinterher.
Berlins Fredrick Rönnow (31) fliegt dem Ball hinterher.  © Andreas Gora/dpa

Icke: Am Samstag um 21 Uhr gehen sie für uns los. Die Kribbelspiele. Nichts mehr mit taktieren. Siegen oder fliegen. Können wir Dänemark? Die reine Statistik sagt ja. Der Topstar bei den Dänen ist Höjlund (Manchester). Umrandet wird er von vielen internationalen und gestandenen Profis. Und wie gut Dänemarks Qualität ist, zeigt vor allem die Reservebank.

Wer Spieler wie Poulsen (uns gut bekannter Brausespieler), Ex-Super-Talent Dolberg, unseren Keeper und perfekten Rückhalt Rönnow, Jensen (28 Mio.) und Christensen (40 Mio./Barcelona) als Alternativen hat, der hat ein Top-Team auf dem Platz. Pfeifen wird uns ein englischer Schiedsrichter. Ergo dürfen wir vermuten, es darf auch mal zugelangt werden und nicht jede Kleinigkeit wird gepfiffen. Das letzte EM-Spiel gegen Dänemark konnten die Deutschen 2012 mit 2:1 gewinnen. Es war aber damals schon sehr eng. Neuer, Kroos und Müller können noch davon berichten. Sie waren schon dabei.

Die Dänen spielen meist ein 3-4-3. Sehr aufgeräumt, sehr diszipliniert. Im Tor mit Altmeister Schmeichel und 2-Meter-Latte Vestergaard. Sie haben eine routinierte Mannschaft mit einer fast deutsch zu nennenden Ordnung. Vorn hilft meist Höjlund oder der liebe Gott. Viele Tore erzielen die Dänen eher nicht. In der Vorrunde schafften sie zwei Tore und drei Unentschieden in drei Spielen. Man kann jetzt sagen, sie haben kein Spiel verloren, aber eben auch kein Spiel gewonnen. Das sagt eigentlich zur Abwehr-Stabilität viel aus. Deswegen halte ich es für nicht gänzlich ausgeschlossen, dass Nagelsmann für Havertz diesmal Füllkrug von Beginn an spielen lässt. Ich würde das machen. Füllkrug ist aktuell einfach formstärker und torgefährlicher. Hinten wird Schlotterbeck den gesperrten Tah ersetzen.

Ob Rüdigers Zerrung bis Samstag wieder ok ist, wird nicht entscheidend sein. Anton könnte ihn gut ersetzen. Wichtig ist für uns, dass Kroos wieder die Form aus dem ersten Spiel erreicht. Wenn dann noch Musiala wie immer stark spielt und wir uns wenig Fehler in der Abwehr erlauben, dann glaube ich an ein hart umkämpftes 3:1 für Deutschland.

Und vielleicht bekommt ja sogar Rönnow ein paar Minuten. Der für mich nach dieser Saison eigentlich vor Schmeichel steht. Nur hat Schmeichel den größeren Namen und ist in Dänemark eine Legende, wie schon sein Vater eine war. Gut für Deutschland, schade für Rönnow. Eisern.

26. Juni: Offizielle Vorstellung von Svensson und Heldt - und ein inoffizieller Neuzugang

Horst Heldt (54, l.) und Bo Svensson (44) nahmen an der Pressekonferenz im Stadion An der Alten Försterei teil.
Horst Heldt (54, l.) und Bo Svensson (44) nahmen an der Pressekonferenz im Stadion An der Alten Försterei teil.  © Andreas Gora/dpa

Unionfux: Pressekonferenzen sind so eine Sache: Meist erfährt man nicht viel, außer einer Menge offiziell klingender Sprüche und oft wiederholter Floskeln, mal ganz geschickt und mal weniger, wirklich interessante Informationen sind eher selten. Es ist, als hätten PK’s eine Art Teflonummantelung. So ist es auch, in weiten Teilen, heute bei der Vorstellung von Trainer Bo Svensson und Manager/Geschäftsführer Sport Horst Heldt beim 1. FC Union.

Alle freuen sich, da zu sein, und es wird sich gefreut, dass sie da sind. Dabei macht Horst Heldt eine relativ entspannte und humorvolle Figur, Bo Svensson wirkt etwas angespannter. Nun ist Deutsch, das er gleichwohl ausgezeichnet beherrscht, auch nicht seine Muttersprache. Aber nach kurzer Zeit wird auch der Däne etwas lockerer. Sympathisch ist sie auf jeden Fall, unsere neue sportliche Führung, das wirkt alles andere als fremd oder deplaciert - Könnte schon mal passen.

Ansonsten wird eben gesagt, was so gesagt wird: An Bewährtem will man festhalten, aber auch Neues einbringen, natürlich. Es gibt kein Saisonziel außer des Klassenerhalts, natürlich. Es wird noch Veränderungen im Kader geben - so schnell wie möglich, natürlich. Die interessante Info dazu kommt, etwas überraschend, von den anwesenden Reportern. Es wird nämlich nach der Verpflichtung des slowakischen Nationalspielers Laszlo Benes vom HSV gefragt, doch Heldt bleibt ganz cool: Ja, das ist ein ziemlich interessanter Spieler, aber mehr gibt es dazu im Moment nicht zu vermelden.

Die Presse ist da seit wenigen Stunden anderer Meinung, der Transfer soll angeblich durch sein, per Ausstiegsklausel kann der offensive 26-jährige Mittelfeldspieler die Hamburger verlassen, dem Vernehmen nach für drei Millionen Euro. In der abgelaufenen Spielzeit ist der Linksfuß der beste Spieler in Reihen des ehemaligen Bundesligadinos und notorischen Nichtaufsteigers, dreizehn Tore und zwölf Vorlagen sind zweifellos eine Hausnummer, dazu kann der technisch starke Spieler offenbar Standards.

Andererseits ist er etwas langsam und nicht besonders laufstark, arbeitet zudem nur ungern nach hinten - Okay, das erinnert einen damit unwillkürlich an Max Kruse und der hat ja hier bekanntlich geliefert. Es ist der dritte Anlauf von Benes in der Bundesliga, nach Erfahrungen in Mönchengladbach und Augsburg, wäre doch großartig, wenn's diesmal der Durchbruch in der ersten Liga wird und wir unseren so sehnlich gewünschten Zehner haben, der unser Angriffsspiel ankurbelt und überdies selbst noch trifft.

Ansonsten wird nochmal klar, dass sich Bo Svensson seine eigenen Leute mitbringt: Mit Co-Trainer Babak Keyhanfar hat er schon früher zusammengearbeitet, sein Landsmann Kristoffer Wichmann kommt vom Zweitligisten Kolding IF und wird ebenfalls Co-Trainer, währenddessen Tijan Nije, sein langjähriger Videoanalyst, den Trainerstab vervollständigt, lediglich Michael Gspurning wird auch in der kommenden Saison unsere Keeper trainieren. Marco Grote und Marie-Louise Eta sind wieder verantwortlich für die U19, Sebastian Bönig betreut die Leihspieler und der bisherige Chefanalyst Adrian Wittmann nimmt eine Auszeit - Ja, und dass Oliver Ruhnert sich auf den Posten des Chefscouts zurückzieht, ist ja schon länger bekannt.

Eine Menge frischer Wind also, das scheint auch beabsichtigt, bleibt zu hoffen, dass er uns in die richtigen Richtungen weht und uns ähnlich kontinuierlich erhalten bleibt (und so erfolgreich ist!) wie das legendäre Gespann Urs Fischer/Oliver Ruhnert. Mehr gibt es in der guten Dreiviertelstunde beim besten Willen nicht zu erfahren, es wird ständig freundlich ausgewichen, so verrät Bo Svensson zwar, dass er doch tatsächlich Dänemark bei der Europameisterschaft die Daumen drückt und auch, dass er schon eine Wohnung in Berlin hat, aber nicht, wo und auch nicht, wer mit ihm dort einzieht. Und Dirk Zingler unterstreicht nochmal unsere DNA, und wie wichtig es ist, dass man bei allen Gesprächen ein gutes Gefühl und ähnliche Auffassungen hat - und, oh Wunder, die hat man.

Also alles wunderbar bis hierher, alles Weitere zeigen ohnehin erst die kommenden Monate. Wie gesagt: Pressekonferenzen sind so eine Sache - quod erat demonstrandum.

24. Juni: Mit Glück und Unermüdlichkeit die Schweiz niedergerungen

Nach der Ausgleich kurz vor Schluss gegen die Schweiz kannte der Jubel beim deutschen Team kein Halten mehr.
Nach der Ausgleich kurz vor Schluss gegen die Schweiz kannte der Jubel beim deutschen Team kein Halten mehr.  © Christian Charisius/dpa

Icke: Mit einer ordentlichen Portion Glück schaffte Deutschland den späten Ausgleich gegen die Schweiz und geht nun als Tabellenführer in die nächste Runde.

Füllkrug erzielte das 1:1 in der 92. Minute mit einem wirklichen mustergültigen Kopfball. Überhaupt hatte man den Eindruck, Füllkrug war nach seiner Einwechslung in der 76. Minute der torgefährlichere Mann – neben Havertz.

Neuer hielt mehrmals ganz hervorragend, seine beste Leistung musste er in der 88. Minute erbringen, als er einen Xhaka-Schuss abwehrte. Diese zwei waren unsere Match-Winner. Eine stabile Leistung konnte auch im dritten Spiel Musiala zeigen. Er entwickelt sich immer mehr zur gefährlichsten deutschen Offensivkraft.

Ansonsten waren die 94 Minuten eine komplizierte Angelegenheit für die deutsche Mannschaft. Die Schweiz hatte unser System hervorragend analysiert und griff sehr früh an. Das schmeckte den Deutschen überhaupt nicht. Zwar erreichten wir ein optisches Übergewicht und hatten mit 66 Prozent wesentlich mehr Ballbesitz, aber bei den wirklich großen Chancen gab es ein Remis. Manche Fachleute sprachen sogar davon, dass die Chancen der Schweizer größer und gefährlicher waren. Ich sah das ausgeglichen. Die Quote von 18:4 der Torschüsse für die Deutschen sagt da dann doch weniger aus. Brandgefährlich waren die Schweizer zu jeder Zeit.

Beide Teams erzielten noch je ein Tor, was allerdings jeweils vom VAR kassiert wurde. Unser "Fast-Tor" erzielte Ex-Unioner Robert Andrich mit einem wirklich schönen Schuss links oben ins Tordreieck. Der VAR und der Schiedsrichter sahen aber Sekunden davor ein Foul von Musiala. Eine typische Situation der Marke "kann man pfeifen, muss man aber nicht". Ein englischer Schiri hätte wohl nur müde gelächelt.

Allerdings, wenn man das Foul von Musiala gibt und daraufhin das Tor aberkennt, dann muss man parallel auch zwingend das Klammern gegen Beier in der 70. Minute pfeifen. Widmer umfasst ihn von hinten, derart intensiv, dass der Abschluss von Beier nicht gelingen konnte. Er wäre sonst im Strafraum zu einer guten Abschluss-Situation gekommen.

Die klare Linie fehlte ziemlich eindeutig vom italienischen Schiedsrichter Orsato. Mal war er großzügig, dann wieder kleinlich. Gut, dass das sein letztes Spiel vor seinem Karriere-Ende war. Nicht, dass aber der Eindruck entsteht, der Schiri war schuld, warum Deutschland so viele Probleme bekam.

Nee, die Deutschen machten sich das Leben selbst schwer. Immer und immer wieder geschahen Abspielfehler und ungenaue Zuspiele, die man in den beiden anderen Spielen nicht sah. Etliche Male wurden Angriffe, die im Ansatz gut aussahen, so mit dem letzten Pass zerstört. Natürlich waren die Schweizer in ihrer Zweikampfführung auch bärenstark. 44 Prozent ihrer Zweikämpfe konnten die Schweizer gewinnen.

Wenn man das Spiel – so wie Nagelsmann es machte – positiv bewerten möchte, so kann man auch sagen, die deutsche Mannschaft hat nie aufgegeben. Und wurde dafür ganz spät noch belohnt. Das wäre genauso richtig.

In der zweiten Halbzeit wagte Nagelsmann sehr viel. Mit Beier, Sane und Füllkrug brachte er drei neue Stürmer. Natürlich musste er dazu auch taktisch umstellen. Und ja, mir wurde Himmel-Angst, weil ich vermutete, dass Deutschland dann in Konter läuft. Aber es ging alles noch einmal gut. Und vielleicht ist es auch einmal gut, dass die Mannschaft eine Spiel-Situation erlebt, wo sie unter Druck gerät.

Im Achtelfinale werden wir mindestens einen neuen Innenverteidiger sehen. Tah ist durch seine zweite gelbe Karte für ein Spiel gesperrt. Dafür bekam Nico Schlotterback noch eine halbe Stunde Spielzeit. Rüdiger, unser anderer Innenverteidiger, war im Gegensatz zu den anderen zwei Spielen – nicht wie gewohnt sattelfest. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass Nagelsmann mit Anton und Schlotterback zwei neue Innenverteidiger beruft. Schauen wir mal. Auch Füllkrug klopft immer lauter an die Tür zur Startelf. Eisern.

20. Juni: Ist Deutschland jetzt der Turnier-Favorit?

Deutschlands Jamal Musiala (21, r.) feiert neben Vorbereiter Ilkay Gündogan (33) sein Tor zum 1:0 gegen Ungarn.
Deutschlands Jamal Musiala (21, r.) feiert neben Vorbereiter Ilkay Gündogan (33) sein Tor zum 1:0 gegen Ungarn.  © Tom Weller/dpa

Icke: Wo steht die deutsche Fußball-Nationalmannschaft? Nach den Siegen gegen Schottland und gegen Ungarn sind wir schon für das Achtelfinale qualifiziert. Am Sonntag um 21 Uhr geht es gegen die Schweiz "nur" noch um Platz 1.

Aber sind Schottland und Ungarn der richtige Gradmesser? Gegen die Schotten zeigten die Deutschen ein überragendes Spiel. Im letzten Spiel gegen Ungarn hatten wir schon sehr viel mehr "Arbeit". Neuer musste mehrmals eingreifen. Und bis zur 70. Minute war das Spiel offen. Die Ungarn kreierten immer wieder Chancen.

Trotzdem war der Sieg gegen die Ungarn verdient. Musiala schaffte es auch im zweiten Spiel hintereinander überragend zu agieren. Seine Dribblings beschäftigten die gegnerische Abwehr ein und das andere Mal. Und ja, er traf wieder ins Tor.

Das deutsche Duo Kroos und Musiala spielt wirklich auf einem Top-Level. Obwohl sich Kroos diesmal überraschend einige Abspielfehler leistete, leitete er doch immer wieder deutsche Angriffe mit einfachen und genialen Pässen ein. Und beide Spieler sind sich auch für die Abwehrarbeit nicht zu schade. Das ist wohl das absolut Entscheidende und macht sie so wertvoll für die deutsche Mannschaft.

Diesmal gegen Ungarn spielten auch Neuer und Gündogan eine große Rolle. Neuer weil er mehrmals Tore verhinderte und Gündogan, weil er selbst traf und ein weiteres Tor vorbereitete. Und auch Wirtz bleibt ein Stabilisator. Hat er den Ball, so kommt meist etwas Vernünftiges dabei heraus.

Auch noch stark spielte Tah. Seine Bewegungen sehen oft behäbig aus, aber er rettet oft bewegungs- und gedankenschnell. Nicht nur einmal in diesem Spiel. Das ist eine Basis, an der sich die ganze Mannschaft, inklusive der "Bank" aufrichten kann.

Auch der Kick gegen die Schweizer wird uns noch nicht endgültig den Leistungsstand des deutschen Teams klar machen. Aber dann kommen die richtigen Gegner. Hoffen wir einmal, dass wir auf Frankreich, Italien oder Spanien erst sehr spät treffen. Chancenlos sind wir aber auch gegen die europäischen Größen nicht. Vor einem Kroos, Musiala, Tah oder Neuer haben auch die anderen einen großen Respekt. Das zumindest – haben wir uns in den letzten Monaten (wieder) erarbeitet.

Granit Xhaka ist der Taktgeber im Team der Schweiz (wie auch in Leverkusen). Man kann auch sagen, Xhaka ist der Kroos der Schweizer. Kobel im Tor und Akanji in der Innenverteidigung sind absolute Größen. Beide mit internationalen Marktwerten zwischen 40 und 45 Millionen bewertet. Shaqiri bestritt zuletzt fünf von sechs Spielen und erzielte dabei drei Tore. Auf ihn sollten wir ein ganz besonderes Auge richten.

Unser Andras Schäfer spielte gegen Deutschland wieder von Beginn an. Er ist allerdings nicht in Top-Form. Nebenmann Nagy war klar stärker und wirkungsvoller. Auch bei den Kroaten spielte diesmal Juranovic von Beginn an. Auch er fiel nicht sonderlich auf. Das sind wohl alles noch Auswirkungen der verkorksten Union-Saison.

Egal, drücken wir Deutschland am Sonntag alle Daumen und freuen uns, dass der Weg weiter geht. Und vielleicht schaffen wir ja wirklich den Weg in das Finale. Dann ist alles möglich. Auch gegen Frankreich, Italien, Spanien oder England. Eisern!

19. Juni: Der vergessliche Robin Gosens

Robin Gosens (29) ist der Rekordeinkauf von Union, gilt nach nur einer Saison aber wieder als Verkaufskandidat.
Robin Gosens (29) ist der Rekordeinkauf von Union, gilt nach nur einer Saison aber wieder als Verkaufskandidat.  © Andreas Gora/dpa

Unionfux: Als vor einem Monat der Schlusspfiff des 34. Spieltages ertönt, sinken die Spieler des 1. FC Union erleichtert zu Boden: der Klassenerhalt ist tatsächlich noch geschafft, inkl. Herzinfarkt und Zähneklappern, in letzter Sekunde sorgt Janik Haberer für das Happy End - kein Zufall, denn er ist der einzige Spieler außer Volland und Atubolu, der sich wirklich auf den Ball konzentriert, körperlich und geistig anwesend bleibt, deswegen gelingt der so wichtige Nachschuss, danke und Respekt, kann man gar nicht oft genug erwähnen, deswegen mach ich’s hier nochmal.

Und alle freuen sich, ausnahmslos, selbst die Spieler, die schon wissen oder zumindest ahnen, dass sie in der nächsten Saison woanders spielen werden, aus den unterschiedlichsten Gründen. Denn eins ist doch klar - einen Abstieg will niemand so gern in der Vita zu stehen haben, das sieht nicht gut aus und fühlt sich blöd an. Einige vergießen sogar ein paar Tränen, wie auch Robin Gosens. Na klar, das wäre ja, nach der Nichtnominierung für die Europameisterschaft, der nächste Super-GAU: da spielt man seine erste Bundesligaspielzeit, ist der Rekordeinkauf des Vorjahresvierten und am Ende steht ein Abstieg? Wie will man das denn jemandem erklären?

Okay, man ist zwar der Toptorschütze der Mannschaft, aber leider nicht der Topspieler, die Leistung bleibt oft erschreckend überschaubar, Einzelheiten erspare ich uns allen - will aber natürlich gern zugeben, dass hier und da schon mal seine unbestrittene Klasse aufblitzt, zumeist aber nur in der Offensive, denn obwohl Gosens unter der Bezeichnung Linksverteidiger firmiert, so ist seine Defensivleistung einfach zu abenteuerlich, möglicherweise hat er ja zwischenzeitlich vergessen, was Verteidigung bedeutet?

Okay, seien wir fair, kann schon sein, dass man in einer funktionierenden Unionmannschaft wesentlich besser ausgesehen hätte (gleiches gilt beispielsweise für Bonucci, Volland, Kral…), aber der Bundestrainer hat wohl recht - ihm fliegt seine Saison mit Union um die Ohren. Und an der Nichtfunktion ist er ja auch nicht ganz unschuldig. Nun könnte man sich ja schütteln und sagen: hey, ich hab hier einen Fünfjahresvertrag unterschrieben, vier Gelegenheiten, es wesentlich besser zu machen und es allen zu zeigen. Okay, nächstes Jahr kein europäischer Wettbewerb, aber das kann ja bei einer Mannschaft wie Union auch nicht so erstaunlich sein, das heißt: drin ist es offensichtlich, aber keineswegs Teil des Pflichtprogramms - dazu reichen die vorhandenen Möglichkeiten doch nicht so ganz aus.

Aber Robin Gosens scheint so einiges mehr vergessen zu haben: eben die Zielsetzung des Vereins und was fünf Jahre so bedeuten. Gut, bei einer kolportierten Ablöse von 13 Millionen muss man natürlich langfristig unterschreiben, das will der Verein, damit unter Umständen einiges von der Investition wieder zurückkommt. Und daran arbeiten gerade alle Beteiligten, denn Robin will eigentlich nur noch weg, wahrscheinlich ist er selbst über das deutsche Wetter enttäuscht, auch das hatte er anscheinend anders in Erinnerung.

Interessenten gibt es wohl genug für ihn, sein Ruf in Italien ist immer noch gut: zum Beispiel den FC Bologna, der gerade sein lustiges Angebot von neulich (Leihe plus Kaufoption für sieben Millionen) überarbeitet, mit Lazio Rom sollte ja angeblich sogar schon alles klar sein, möglich, dass der Trainerwechsel dazwischengefunkt hat - und nun interessiert sich Benfica Lissabon, Champions League wird gespielt und warm ist es auch. Und wir wissen ja: Rom oder Lissabon, Hauptsache Italien (Entschuldigung, der musste sein)!!

Na schön, vielleicht kommt am Ende gar das eingesetzte Geld wieder herein, ein Großverdiener ist von der Payroll und alle sind es, mehr oder minder, zufrieden. Ich hätte gern gesehen, wie Gosens sich hier weiter entwickelt, ich dachte, der passt doch gut zu uns, er schien so reflektiert und bescheiden, aber der Junge ist eben doch mehr Ich-AG, als man gemeinhin angenommen und gehofft hat, wir haben das ja schon ein paarmal durch - und eigentlich wissen wir das ja auch - ach, aber die verdammte Fussballromantik in unseren Fanherzen ist einfach nicht totzukriegen!

Zur Zeit kommentiert Gosens bei der EM für MagentaTV, da ist er nach dem Spiel Schweiz gegen Ungarn sehr beeindruckt, dass die ungarischen Fans ihre Mannschaft trotz der Niederlage feiern, sowas hätte er noch nicht erlebt: hallo? Vielleicht nach den wirklich vielen Niederlagen in der Alten Försterei? Doch das Gedächtnis des Robin Gosens scheint ja wirklich nicht das beste zu sein…

18. Juni: Das Sommermärchen 2.0 und die zähen neuen Union-Transfers

Die deutsche Nationalmannschaft bereitet sich auf das Spiel gegen Ungarn vor.
Die deutsche Nationalmannschaft bereitet sich auf das Spiel gegen Ungarn vor.  © Federico Gambarini/dpa

Icke: Am Mittwoch um 18 Uhr beginnt der zweite Teil der Wiederholungsgeschichte "Deutschland ein Sommermärchen". Deutschland trifft auf Ungarn.

Dem Papier und auch der Form nach - eine klare Sache für die Deutschen. Und genau darin liegt das Problem, wenn man im ersten Spiel so klar überzeugen konnte. Und umgekehrt, die Ungarn im ersten Spiel enttäuschten.

Allerdings, rufen wir die gleiche Leistung ab wie gegen die Schotten und spielen wir unbeirrt so konzentriert weiter, dann sollte am Ende wieder ein klarer Sieg für uns Deutsche herausspringen. Wird Nagelsmann Änderungen vornehmen? Warum sollte er? Ändere niemals eine erfolgreiche Mannschaft ist eine alte Fußball-Weisheit.

Wir sehen täglich mehr Fahnen in den Straßen und – wie früher – mehr Autospiegel-Überzieher. Klingt ein wenig kitschig, aber warum eigentlich nicht? Wir Deutschen möchten auch mal Themen zum freuen haben. Politik und Wirtschaft liefert keine positiven Schlagzeilen. Ergo muss der Fußball herhalten.

Und was gibt es Neues beim 1. FC Wundervoll? Ein Backup-Mittelstürmer ist da, ein Verteidiger-Talent aus dem Ösiland ebenso. Die ganz großen Verpflichtungen – mit Leitwolf-Funktion fehlen bisher. Die Gerüchte um Kleindienst und Tzolis halten sich hartnäckig. Ohne allerdings Erkenntnisgewinne zu beinhalten. Mein Wunsch wäre Kevin Schlotterbeck als Ersatz für Leite. Um Gosens "prügeln" sich auch gerade mehrere große europäische Vereine. Das erste Witzangebot von Bologna (ein Jahr Leihe plus Kaufoption) hat Union natürlich nicht ernst genommen und abgelehnt. Ebenso hat wohl Doekhi gute Angebote. Die drei allein würden knapp 40 Millionen in unsere Kassen spülen.

Ich könnte mir auch ganz prima den Belgrader Mittelstürmer Petkovic vorstellen. 29 Jahre alt und 1,93 Meter groß. Hat bereits 39 Länderspiele gemacht und ist bezahlbar (nur noch ein Jahr Vertrag). Er trifft seit vielen Jahren regelmäßig. Auch Puchacz möchte wohl nicht zurückkehren. Für ihn wäre wohl der Bochumer Bernardo ein glänzender Ersatz. Der hätte gleich den Vorteil, dass er auch als Backup von Kevin Schlotterbeck agieren könnte.

Ansonsten dringt, wie so oft nichts aus dem Club an die Öffentlichkeit. Dass wir aber auch noch keine Abgänge zu verzeichnen haben (außer denen, die schon länger feststehen), ist kein wirklich gutes Zeichen. Bedia und Kaufmann werden es schwer haben. Verkaufen oder verleihen … wäre wohl sinnvoll. Und bei Volland wissen wir überhaupt nichts, kein einziges Wort dringt nach außen. Unser Überangebot im zentralen Mittelfeld sollte ebenso bearbeitet werden. Das wird sogar größer, weil Kemlein aus seiner Leihe zurückkehrt.

Ich hoffe, wir haben aus der letzten Saison gelernt und warten nicht bis kurz vor Ultimo.Aus der A-Jugend dürfen wir auf Rodtnick (Tor), Prosche (RV), Ogbemudia (IV) und Asanji (MS) gespannt sein. Allesamt Nachwuchs-Nationalspieler und hochtalentiert. Das Talent für die Bundesliga bringen sie alle mit. Auch Ciobanu und Wiehe darf man einen weiteren Leistungssprung zutrauen. Talente gibt es AdAF. Sie müssen auch nur mal Chancen bekommen. Es sei es drum, sie auch mal nur für zehn Minuten einzuwechseln.

Nun aber drücken wir Deutschland am Mittwoch um 18 Uhr die Daumen. Genauso wie Union bei den Transferentscheidungen. Eisern!

15. Juni: Musiala, der mit den Schotten tanzt

Jamal Musiala (21, r.) freut sich über sein Tor zum 2:0 gegen die Schotten.
Jamal Musiala (21, r.) freut sich über sein Tor zum 2:0 gegen die Schotten.  © Matthias Schrader/AP

Icke: Er wurde zum Spieler des Spiels gewählt. Nicht nur weil er ein Tor schoss, sondern weil er immer wieder "den Tanz" mit den Schotten suchte. Ein Dribbling folgte auf das Nächste. Ganz coole Leistung. Aber das 5:1 drückt es schon aus, das ganze Team hat hervorragend funktioniert. Selbst das schottische Ehren-Tor mussten die Deutschen machen, weil diese gar keine Chancen bekamen.

Nach zehn Minuten führten wir mit 1:0, nach 20 Minuten mit 2:0 und zur Halbzeit hieß es 3:0 und die Schotten waren einer weniger. Zu Recht, bei diesem Foul hatte Gündogan großes Glück, dass er sich nichts brach. Wirtz und Musiala zauberten und suchten immer wieder die 1:1-Situation. Kroos dirigierte mit feinen Pässen. Und unsere Abwehr-Monster Tah, Rüdiger und Andrich ließen nichts anbrennen. Andrich fing sich bei einer seiner Aktionen eine gelbe Karte ein und Nagelsmann ließ ihn zur Halbzeit und zur Sicherheit draußen. Bei diesem Spielstand konnten wir uns das erlauben. Neuer hat wahrscheinlich selten in seiner Karriere so wenig Arbeit gehabt.

Und dann trafen auch noch die Joker. Füllkrug und Can, beide frisch reingekommen, trafen mit schönen Schüssen. Auch Sane machte nach seiner Einwechslung viel "Ballett". Auch wenn ihm noch nicht alles gelang. Schön auch, dass die drei jüngsten Spieler, Wirtz, Musiala und Havertz, alle trafen. Das gibt ordentlich Selbstvertrauen. Auch die "zweite Reihe" konnte überzeugen. Das ist bei einem Turnier besonders wichtig. Natürlich machten die Schotten einen Riesenfehler in ihrer taktischen Ausrichtung und hatten auch nicht ihren besten Tag.

Den großen Fehler allerdings machte der schottische Trainer. Die Schotten griffen die Deutschen viel zu spät an. Und wenn technisch hervorragende Spieler wie Kroos, Wirtz und Musiala einmal ins Laufen kommen und Räume haben, dann wird es für jeden Gegner schwer. Und genau so kam es. So extrem, dass die Schotten nicht einmal auf das deutsche Tor schossen. Kimmich und Mittelstädt hielten sich offensiv ein wenig zurück. Sicherlich eine Nagelsmann-Order, um nicht überrascht zu werden. Trotzdem hatten beide auch gute offensive Szenen.

Alles in allem war das ein glänzender deutscher Auftakt, der uns Mut und Appetit auf die nächsten Spiele macht. Eisern.

14. Juni: Gebt den Deutschen wieder Spaß!

Bayern-Star Jamal Musiala (21) soll auch bei der EM wieder für Furore sorgen.
Bayern-Star Jamal Musiala (21) soll auch bei der EM wieder für Furore sorgen.  © Christian Charisius/dpa

Icke: Warum macht die EM 2024 auch Unionern Spaß? Weil wir mit Rönnow (Dänemark), Schäfer (Ungarn) und Juranovic (Kroatien) erstmals erstmals drei Spieler bei einem großen Turnier dabei haben. Kral (Tschechien), Leite (Portugal), Trimmel (Österreich) und Gosens (Deutschland) haben es (teilweise knapp) nicht in ihre Länder-Kader geschafft. Dann wären es sogar sieben Spieler gewesen. Das zeigt aber auch, Union hat sich in dieser abgelaufenen Saison unter Wert verkauft. Die Qualität an Einzelspielern ist vorhanden. Nur als Mannschaft haben sie nicht funktioniert.

Mit Laidouni (Tunesien), Volland (Deutschland), Roussilon (Guadeloupe), Aaronson (USA) und Bedia (Elfenbeinküste) gehören ja noch weitere Nationalspieler oder wie im Fall Bedia – zum Kader gehörende Spieler - dazu. Auch Knoche saß schon auf der deutschen Auswechselbank (allerdings ohne Einsatz) und Vogt gehörte längere Zeit zu den Blickfeld-Spielern. 14 Nationalspieler oder solche, die knapp daran kratz(t)en und wir spielen so eine vermaledeite Saison.

Zurück zur Europameisterschaft in Deutschland. Yep da sah ich schon an den Supermarktkassen ein paar Jungs – so um die zehn, elf Jahre alt – die sich mit Fahnen und anderen Deutschland-Utensilien ausstatteten. Gott sei Dank, Deutschland ist doch noch nicht verloren. Da kommen neue Generationen nach, die sich für unsere Nationalmannschaft interessieren. Jetzt muss das deutsche Team nur noch liefern. Dann haben wir endlich mal wieder Spaß … nach 2006 und 2014. Es wäre dem deutschen Team zuzutrauen. Gerade Wirtz und Musiala darf man viel zutrauen. Und sie haben noch etliche Reserven in ihren jungen Jahren.

Und weitere Dinge sind auch positiv und erwähnenswert. Zum einen die Rückholung von Kroos gibt der deutschen Mannschaft enorme Sicherheit. Nicht nur fußballerisch, sondern auch mental. Und Andrich als Security-Mann neben Kroos gehört auch zu den positiven Überraschungen. Ebenso wichtig war es auch, dass Nagelsmann mit Tah und Rüdiger endlich mal wieder ein Pärchen für die Innenverteidigung gefunden hat, die die alte Tradition an erstklassigen "deutschen Vorstopper" fortführen. Beide sind robust, sicher und aufmerksam.

Schottland heißt unser Gegner heute um 21 Uhr. Ja ja … die Schotten sind unangenehm, sie haben einen Taktik-Fuchs als Trainer. Sie langen hart zu, ihre Fans sind das Nonplusultra. Das haben wir überall alles schon lesen können. Interessiert mich das? Nein! Als Heimmannschaft mit den klar besseren Spielern müssen wir Schottland schlagen. Und mit dieser breiten Brust haben wir den Platz zu betreten. Ich erwarte keine Harakiri-Offensive der deutschen Mannschaft, aber ein offensiv gut organisiertes Spiel. Gebt den Deutschen wieder Spaß, sie haben es verdient! Eisern.

Titelfoto: Matthias Koch/dpa

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