Neue Ära oder kurzes Intermezzo: Ist Baumgart wirklich der Richtige für Union?
Berlin - Fünf Trainer in eineinhalb Jahren! Das klingt ja fast schon nach Hertha BSC, die gerade zu Windhorst-Zeiten gerne am Trainerstuhl rüttelten, tatsächlich aber handelt es sich um den kultigen Nachbarn 1. FC Union Berlin. Einst ein Vorzeigeklub tauschen die Eisernen in kurzer Zeit zum wiederholten Male den Trainer aus.
Auf Erfolgscoach Urs Fischer (57) folgte Nenad Bjelica (52). Ein Fehlgriff. Interimstrainer Marco Grote (52) übernahm zum zweiten Mal, schaffte in letzter Sekunde den Klassenerhalt. Jetzt folgt auf Wunschlösung Bo Svensson (45) Wunschlösung Steffen Baumgart (52).
Auf den ersten Blick ist es die perfekte Wahl. Es kommt zusammen, was zusammen gehört. Von 2002 bis 2004 ging Baumgart für Union auf Torejagd, wurde Kapitän und Fanliebling.
Auch 20 Jahre danach ist der gebürtige Rostocker dem Verein noch immer sehr verbunden. Seine Frau hat einst den Fanshop geleitet, der Wohnsitz ist auch heute noch in Köpenick. Zudem hatte Horst Heldt (54) Baumgart schon nach Köln geholt, wo er den Effzeh nach Europa führte.
Dennoch gibt es bei all der Euphorie auch Fragezeichen: Welchen Fußball wird Union in Zukunft spielen? Hat Union für seine Art von Fußball überhaupt die passenden Spieler? Auch unabhängig davon wird es Veränderungen geben müssen - vor allem im Sturm.
Steffen Baumgart steht für Offensive, Union für Defensive
Der Baumgart-Fußball lässt sich mit einem Wort beschreiben: Attacke!
Er steht für eine offensive Herangehensweise. Auf intensives Pressing folgt schnelles Umschalten. Nach vorne soll es gehen, notfalls auch zulasten der Defensive. Gerade in Köln jagte dann eine Flanke nach der nächsten in den Straftraum.
Die Eisernen wiederum sind nicht gerade für Offensiv-Spektakel bekannt. Prunkstück ist klar die Defensive. Die führte Union bis in die Champions League.
Auch der Kader ist komplett auf ein System mit Dreierkette ausgelegt, Baumgart aber favorisierte in der Vergangenheit meist eine Viererkette. Passt er sich den Gegebenheiten an oder hält er an seiner Grundidee fest?
Immerhin: In Hamburg setzte der 52-Jährige auch in dieser Saison auf drei Innenverteidiger. Geholfen hat es ihm am Ende jedoch nicht.
Was die verunsicherte Mannschaft, die sich nach der Packung in Bremen von den Ultras eine Standpauke anhören musste, jetzt allerdings braucht, ist ein Motivator und Menschenfänger. Da gibt es mit Baumgart kaum einen besseren. Fußballerische Fragezeichen hin oder her.
Titelfoto: Silas Schueller/DeFodi Images/dpa