Kommentar zum Heidenheimer Aufstieg: Provinz-Klub betritt die ganz große Fußball-Bühne
Heidenheim - Die Fußball-Bundesliga ist um eine Attraktion reicher! Mit dem 1. FC Heidenheim mischt in der kommenden Saison ein Underdog im Fußball-Oberhaus mit, der im Grunde nichts zu verlieren hat. Dennoch wird man mehr als nur Mentalität brauchen, um die Liga zu halten.
Grenzenloser Jubel auf der Schwäbischen Alb: Als nach einer schier endlosen Nachspielzeit nach dem 34. Spieltag in Regensburg (2:3) endlich der Abpfiff ertönt, brechen bei den Spielern und Verantwortlichen des 1. FC Heidenheim alle Dämme.
Bundesliga! Bundesliga! Heidenheim ist dabei! Ein Spiel, das an Dramatik kaum zu überbieten war, legt den Grundstein für alles, was nun kommt: Bayern München, Borussia Dortmund und ganz viel Spitzenfußball. Das beschauliche Heidenheim an der Brenz zählt gerade einmal knapp 50.000 Einwohner.
Zur besseren Einordnung: In einige Bundesligastadien der Republik passen mehr Menschen! Ein Grund mehr, sich für die bescheidenen Heidenheimer mitzufreuen.
Doch nach der Euphorie, die nun völlig zurecht rund um die Schwäbische Alb herrscht, werden die Heidenheimer Profis von der harten Bundesliga-Realität eingeholt werden.
Damit das große Abenteuer nicht zu einem schmerzhaften Intermezzo gerät, müssen viele Rädchen ineinander greifen.
Heidenheim wird in jedem Spiel der Außenseiter sein
Gewiss kommen mit Vereinen wie dem VfL Bochum oder dem FC Augsburg auch Gegner in die heimische Voith-Arena, mit denen man sich qualitativ sicherlich messen kann.
Klar ist aber auch, dass die Creme de la Creme der Liga sowie jene, die sich als gesichertes Mittelmaß betrachten, dem Kader der Württemberger um Klassen voraus sein werden. Genau dieses Wissen wird dafür sorgen, dass die gewohnte Heidenheimer Mentalität über Sieg und Niederlage entscheidet.
Doch sollten sie nicht den Fehler machen, sich auf ihre Beißer-Qualitäten zu verlassen, denn dieser Irrglaube ist im Fußball schon des Öfteren nach hinten losgegangen.
Ein mutiges, forsch nach vorn spielendes Heidenheim wollen Fans und Trainer sehen. Mit Jan-Niklas Beste (24) und Tim Kleindienst (27) besitzen die Schwaben starke Offensivleute, die auch in der 1. Bundesliga ihre Klasse unter Beweis stellen können.
Mannschaftliche Geschlossenheit als Schlüssel zum Erfolg des FCH
Wenn es den Heidenheimern gelingt, ihre körperlichen Stärken mit taktischer Disziplin und Konsequenz im Torabschluss zu vereinen, dann liegt der Klassenerhalt ohne Frage im realistischen Bereich.
Das Umfeld könnte ebenso zum entscheidenden Faktor werden. In Heidenheim wird Kontinuität groß geschrieben. Trainer-Ikone Frank Schmidt (49) hält seit unglaublichen 16 Jahren das Zepter in der Hand.
Während große Traditionsvereine wie Schalke oder Hertha BSC mit Hektik und Planlosigkeit eine bittere Pille nach der nächsten schlucken müssen, wird Heidenheim das Abenteuer Bundesliga ohne den ganz großen Druck angehen und genießen können.
Zudem wird man insgeheim darauf hoffen, dass die großen Gegner, die ganz andere Stadien gewohnt sind, im Unterbewusstsein dann doch die Zügel etwas schleifen lassen, wenn es heißt: Nächste Ausfahrt Heidenheim ...
Titelfoto: Tom Weller/dpa