Von wegen Spitzenduell: Wollen Würzburg und Haching überhaupt aufsteigen?
Unterhaching - Als die Regionalliga Bayern Ende November in die Winterpause ging, war überall von einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der SpVgg Unterhaching und den Würzburger Kickers zu hören. Knapp vier Monate später hat sich vor dem Gipfeltreffen am Samstag (Anstoß 16 Uhr) der Wind komplett gedreht.
Normalerweise macht sich bei Fans angesichts eines Spitzenspiels im Fußball tagelange Vorfreude breit. Dem ist vor dem Duell zwischen der SpVgg Unterhaching und den Würzburger Kickers, beide vor kurzem noch in der 3. Liga unterwegs, nicht so.
Doch der Reihe nach: Als Ende November nach dem 23. von 38 Spieltagen die Winterpause eingeläutet wurde, schien sowohl in der Münchner Gemeinde als auch Unterfranken eitel Sonnenschein.
Beide Teams hatten eine beeindruckende Hinrunde hingelegt und nach sportlich turbulenten Jahren - Abstiegen inklusive - endlich wieder Fahrt aufgenommen. Und die Fans zurückgeholt. Corona-Umstände und der Gang in die nicht-professionelle Regionalliga Bayern hatten den Anhängern spürbar zugesetzt.
Überhaupt ließen 57 (Haching) respektive 54 Punkte (Würzburg) und mehr als 15 Zähler Vorsprung auf den nächsten Verfolger nur einen Schluss zu: Es wird ein Zweikampf um den Titel.
Der ist es zwar Mitte März immer noch, aber die Vorzeichen sind andere. Bei beiden Teams stottert der Motor nach der langen Winterpause, aus drei Partien wurden nur drei (Haching) beziehungsweise zwei Zähler (Würzburg) geholt.
Und plötzlich kommen auf widrigen Untergründen Probleme zutage, die es auch schon Ende 2022 gab, die aber im Erfolgslauf gerne übersehen wurden.
Beide Topteams der Regionalliga Bayern befinden sich vor dem Spitzenspiel in einem sportlichen Loch
Hört man sich bei der SpVgg um, kritisieren Fans nicht erst seit gestern die Kaderpolitik, die im kompletten Widerspruch zum ausgerufenen Hachinger Weg der Jugendförderung steht. Zum Beispiel laufen jede Partie fünf bis sieben Spieler über 30 Jahren auf.
Hinzu kommt die spielerische Magerkost, auch der Athletik der mit Abstand ältesten Stammelf der Liga geschuldet. In der Hinrunde konnte dies durch hervorragende Standards, hohe Bälle und Last-Minute-Tore kompensiert werden, während in 2023 erst zwei magere Treffer erzielt wurden.
Bei den Kickers macht sich dagegen der Vorwurf des Schönwetterfußballs breit. In der Tat dominierte in der Hinrunde kein anderes Team wie die Würzburger die Liga mit schnellem, direktem Angriffsfußball.
In 2023 fanden die Ballvirtuosen auf den tiefen, unebenen Böden noch nicht zu ihrem Spiel. Außerdem machte der verletzungsbedingte Ausfall von vier Stammkräften die Lage nicht leichter. Dem nachverpflichteten Keeper Eric Verstappen (28) merkt man an, dass sein letztes Pflichtspiel fast zwei Jahre zurücklag.
Und so droht am Samstag im Sportpark Unterhaching nicht nur sportlich ein überschaubares Spiel, das der Bayrische Rundfunk ab 16 Uhr live im TV übertragen wird.
Die SpVgg Unterhaching und die Würzburger Kickers standen im Winter vor der Insolvenz
Denn da wären noch finanzielle Sorgen. Ja, die Lizenzunterlagen für die 3. Liga sollen beide Klubs eingereicht haben. Ob man einen der beiden tatsächlich nächste Spielzeit eine Liga höher sieht, steht aktuell in den Sternen.
Bereits im Februar machte sich rund um den Unterhachinger Sportpark Alarmstimmung breit, als bekannt wurde, dass sich die SpVgg gegenüber einigen ihrer Angestellten mit den Monatsgehältern für Dezember und Januar im Verzug befinde.
Gleiches gilt nun für die Februar-Löhne, in der kommenden Woche bezahlt werden sollen, sagte Präsident Manfred Schwabl (56) gegenüber dem kicker.
Man will sich gar nicht ausmalen, ob die SpVgg noch existieren würde, wenn die Hachinger nicht im Sommer 2022 gut 6 Millionen Euro Einnahmen aus dem Weiterverkauf vom früheren Jugendspieler Karim Adeyemi (21) erhalten hätten.
Ähnlich sieht es am Würzburger Dallenberg aus. Nur ein Gesellschafterwechsel konnte im Januar die Unterfranken vor einer Insolvenz bewahren. Der bisherige Investor Flyeralarm hatte resigniert und seine Anteile an die Akon Gruppe verkauft.
Der nun eingeleitete Sparkurs soll aber zunächst nur das Nachwuchsleistungszentrum betreffen, das ab Sommer nicht fortgeführt wird. Wie es mit den Spielern, die auch in der Regionalliga als Profis firmieren, ab Sommer weitergeht, ist ungewiss.
Konkurrenten wie der FC Schweinfurt gehen bereits den umgekehrten Weg und stellen von Profitum auf Amateurbedingungen um.
Der Bayern-Meister trifft auf den Meister der Regionalliga Nordost in den Aufstiegsspielen zur 3. Liga
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Egal wer es wird, Anfang Juni steigen die Aufstiegsspiele zur 3. Liga. Das Nordost-Team genießt zunächst Heimrecht, während das Rückspiel in Bayern stattfindet.
Der Termin ist indes noch flexibel, sollte sich entweder der Bayern oder Nordost-Vertreter für das Landespokalfinale qualifizieren, verschieben sich die Ansetzungen ein paar Tage nach hinten.
Doch bis es so weit ist, gilt es für Unterhaching und Würzburg noch einige Fragen zu beantworten. Zum Beispiel die, ob unter den aktuellen Voraussetzungen eine Drittliga-Rückkehr überhaupt sinnvoll wäre.
Titelfoto: Bildmontage: Imago / foto2press