Spätes Tempel-Beben in Jena: FCC wird Vizemeister und schubst Erfurt auf Platz drei
Jena/Altglienicke/Erfurt - Der FC Carl Zeiss Jena hat dank eines späten Treffers das prestigeträchtige Fern-Duell mit dem FC Rot-Weiß Erfurt in der Fußball-Regionalliga Nordost für sich entschieden. Der FCC spielte daheim gegen die zweite Mannschaft von Hertha BSC 1:1-Unentschieden. Erfurt hingegen unterlag am letzten Spieltag der Saison 22/23 mit 0:1 bei der VSG Altglienicke.
Es lief bereits die 90. Spielminute, als Jenas in Bau befindlicher Fußball-Tempel erstmals richtig bebte. Nach einem Freistoß aus dem Halbfeld beförderte Ken Gipson (27) den Ball per Kopf in die Mitte. Die Kugel prallte auf das heilige Grün im Paradies, stieg nochmal schön hoch und Maurice Hehne (26) kam zum Flugkopfball - 1:1! Wenige Augenblicke später pfiff Schiedsrichter Christopher Gaunitz (35) ab.
In Altglienicke wurde hingegen noch gespielt. Und da war sie dann plötzlich: die Riesenchance. Der eingewechselte Caniggia Elva (26) lupfte den Ball über VSG-Schlussmann Lino Kasten (22) - aber auch über den als Kasten bezeichneten Teil mit dem Netz. Am Ende blieb es beim 1:0 für die VSG, die ihre Saison auf Platz fünf beendet. Erfurt hingegen verabschiedete sich punkt- und torlos aus der Saison.
Was dem Team von Trainer Fabian Gerber (43) am Ende im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark fehlte, war die Durchschlagskraft.
Die packte am letzten Spieltag hingegen die VSG Altglienicke nochmal aus. In der 26. Minute war es Tolcay Cigerci (28), der das 1:0 erzielte. Nach einem Einwurf tief in Erfurts eigener Hälfte kam der Ball zu Cigerci, der kurz vor dem Sechzehner auf Tugay Uzan (29) spielte. Der machte es dann bei schönem Frühsommer-Wetter brasilianisch.
Sambamäßig per Hacke steckte er die Kugel durch. Cigerci kam im Sechzehner an den Ball und haute ihn halbhoch in die kurze Ecke. Keine glückliche Figur gab hingegen Rot-Weiß-Schlussmann Lukas Schellenberg (22) bei dieser Aktion ab.
Krauß mit starkem Comeback - Ribéry lässt grüßen
Nicht ganz glücklich in ihren Aktionen waren in Durchgang eins auch die Kicker des FCC. 0:0, lautete der Pausenstand. Aufseiten von Carl Zeiss war es zu diesem Zeitpunkt im Grunde genommen wie bei Rot-Weiß: Am Ende fehlte die letzte Klarheit.
In der zweiten Hälfte machte das Team von Trainer René Klingbeil (42) da weiter, wo es in den ersten 45 Minuten aufgehört hatte - tonangebend. Was aber fehlte, war das Tor.
Das fiel dann ausgerechnet auf der Gegenseite. Herthas Mustafa Abdullatif (19) bekam den Ball durchgesteckt, und blieb am Ende vor FCC-Keeper Kevin Kunz (31) eiskalt, schob zur 1:0-Führung für die jungen Herthaner ein (67.).
Die waren im Übrigen mit fünf A-Jugendlichen angereist. Tags zuvor Stand ein Großteil etatmäßiger U23-Akteure beim vorerst letzten Bundesliga-Kick gegen den VfL Wolfsburg im Aufgebot.
Jena schüttelte die Schockstarre aber eigentlich ganz gut ab und drängte in der Folge auf den Ausgleich. Auffällig in den Reihen des FCC war in Durchgang zwei, insbesondere Maximilian Krauß (26). Auf der linken Seite machte der nach einer Verletzungspause eingewechselte Außenspieler ordentlich Betrieb - so wie in der 72. Minute: Wie einst Franck Ribéry (40) lief er mit ganz enger Ballführung auf den Gegenspieler zu, der sich in Rückwärtsbewegung befand.
Dann ein kurzer, schneller Antritt und vorbei war er. Seine anschließend scharf vors Tor gebrachte Hereingebe wurde von Hertha-Schlussmann Tim Goller (18) noch entscheidend abgelenkt - Gefahr bereinigt.
Meuselwitz mit klarem Heimerfolg
Am Ende aber belohnten sich die Kicker von den Kernbergen für ihre Mühen und sprangen dank des Punktgewinns und der gleichzeitigen Niederlage von Rot-Weiß Erfurt auf Platz zwei. Und nicht nur das: Der FC Carl Zeiss Jena sicherte sich auch den Titel "Beste Rückrundenmannschaft". Hier steht der FCC sogar vor Energie Cottbus, die sich bereits in der vergangenen Woche zum Meister krönten.
Wie das Spiel verlaufen wäre, wenn auch noch Herthas Nader El-Jindaoui (26) den Freistoß in der 54. Minute statt an den Pfosten ins Tor gesetzt hätte, ist am Ende reine Spekulation und interessiert in Jena ganz sicher keinen mehr.
Erfurt hingegen musste am Ende mit Platz drei Vorlieb nehmen. Im Saisonendspurt ging den Rot-Weißen irgendwie die Puste aus. Aber alles in allem war es eine bärenstarke Saison, wenn man bedenkt, dass Erfurt erst aufgestiegen war.
Und aus neutraler Thüringer Sicht bleibt mit Stolz festzuhalten: Zwei Teams aus dem Freistaat unter den Top-Drei! Der andere Thüringen-Vertreter im Bunde, ZFC Meuselwitz, feierte zum Abschluss einen 4:0-Heimerfolg (1:0) über den Greifswalder FC - und landete am Ende auf Platz 15 in der Tabelle.
Titelfoto: Bodo Schackow/dpa/Montage